Freitag, 6. Juni 2008

Die heimlichen Profiteure scheuen das Licht





Noch machen die Verantwortlichen ein großes Geheimnis darum, aber alles ist bereit: Noch vor dem Sommer sollen die Agrarförderungen jedes einzelnen Bauern im Internet veröffentlicht werden.

Per Mausklick kann man dann auf kurzem Weg erfahren, wie viel die AMA dem Nachbarn überweist, wie viel der Schwägerin oder dem Kammerpräsidenten. Auch wenn man wissen will, wie viel der Fleischer für das neue Schlachthaus bekommen hat, wie viel die Agrana oder wie viel Red Bull - Namen eingeben, und man ist im Bild.

Die Transparenz ist nicht grundsätzlich schlecht, zumal versprochen ist, dass immer auch erklärt wird, wofür das Geld überwiesen wird. Wer von öffentlichen Töpfen Geld nimmt, muss auch dazu stehen.

Ärgerlich für die Landwirtschaft ist bloß: Die Bauern und die Unternehmen, die Mittel aus der Ländlichen Entwicklung oder Exportförderung beziehen, sind die Einzigen, die zu so einem Förderungs-Strip gezwungen werden. Keine andere Branche steht im Wirtschaftsleben so nackt da wie die Landwirtschaft.

Landwirtschaftsminister Pröll sagt: "Noch am Tag der Veröffentlichung der Zahlen werden wir die Diskussion über die anderen Transferzahlungen im öffentlichen Bereich eröffnen." Er denkt dabei in erster Linie an Beamte und andere, die direkt von öffentlichen Geldern leben.

Dabei würde ein Schuss Transparenz auch Wirtschaftssparten gut stehen, die indirekt vom Einsatz von öffentlichen Geldern profitieren. Wie etwa die Handelskonzerne, die Branchen wie die aus öffentlichen Töpfen nicht gerade schmal subventionierte Landwirtschaft nach Belieben diktieren und von ihren Lieferanten gerne gläserne Kalkulationen verlangen. Es ist ja nicht so, dass sie aus reiner Nächstenliebe heimische Produkte in den Regalen haben. Verdienen tun sie nicht zuletzt auch damit, dass sie diese Produkte dank des Agrarsystems günstig in der Hand haben können.

Das erzeugt Verantwortung, die in den Chefetagen der Handelsriesen freilich auf eigene Weise interpretiert wird. In Prospekten lobt man sich als Partner der Landwirtschaft, am Verhandlungstisch geht es aber, wie jüngst ein hochrangiger Milchmanager maulte, seit Wochen wieder "regelrecht wild" zu - ganz so, als ob die Devise lautete: Hinter uns die Sintflut, die öffentliche Hand wird die Bauerneinkommen schon richten.

Das kann nicht sein. Schon gar nicht, wenn so viel öffentliches Geld im Spiel ist. Das verlangt Verantwortung und mehr Transparenz. Auf der einen Seite die Landwirtschaft, die mit offenen Karten spielen muss, auf der anderen Seite Konzerne, die vom System profitieren, aber mit verdeckten Karten gegen die Landwirtschaft spielen? Fair ist das nicht.

Von Transparenz will man im Handel freilich nichts hören. Es gibt kaum Unternehmen, die sich der Öffentlichkeit gegenüber so verschlossen geben wie Rewe, Spar und Hofer. Die Veröffentlichung von Bilanzen ist ihnen ein Gräuel. Die Höhen der Handelsspannen sind tabu. Allenfalls Umsatzzahlen sind zu erfahren. Hofer hält selbst die unter Verschluss.

Wenn das zu akzeptieren ist, ist freilich zu fragen: Wie versteht man wirklich die Partnerschaft mit der Landwirtschaft? Und nicht nur das. Es drängen sich auch andere Fragen auf: Was trägt man selbst zu dem System bei, von dem man indirekt so stark profitiert? Wie viel Steuern zahlt man? Und in welchem Land zahlt man sie eigentlich?

Blick ins Land" Nr. 06/08 vom 06.06.2008
 
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