Samstag, 21. Februar 2009

Bio im Edelstahldesign statt in Jute





HANS GMEINER Nürnberg (SN). Bio ist Big Business. Das wird kaum wo so deutlich wie auf der Biofach, der größten Biomesse der Welt, die noch bis morgen, Sonntag, in Nürnberg stattfindet. Da ist nichts mehr vom „Müsli-Touch der frühen Jahre“, wie ein langjähriger Beobachter der Szene formuliert. Statt Jute und Holz überall Glas und Edelstahl, durchdesignte Stände und Hochglanzprospekte. „Vor zehn Jahren musste sich rechtfertigen, wer mit Anzug und Krawatte ankam“, sagt ein Vertreter des Veranstalters. Heute sieht man kaum anderes, schon gar nicht Latzhosen und Selbstgestricktes, die mancher immer noch mit Bio verbindet.
Biolebensmittel sind längst ein weltumspannendes Milliardengeschäft. Auf mindestens 40 Mrd. US-Dollar wird der Markt inzwischen geschätzt. Manche Institute reden sogar von mehr als 50 Mrd. US-Dollar. Leute wie Peter Augendopler, der mit seinen Backaldrin-Backmischungen in fast allen Erdteilen präsent ist, wundert das nicht. „Ich staune immer wieder, wo wir überall nach Bio gefragt werden.“
Es gibt inzwischen bei Lebensmitteln nichts mehr, was es nicht auch in Bioqualität gibt. Die Romantik handgemachter Produkte ist dabei unter die Räder gekommen. In Kunststoff eingeschweißte Würste und Fleischstücke gehören mittlerweile ebenso zum Standard wie Tiefkühlware und Fertigmahlzeiten. USA sind größter Biomarkt Mit Abstand größter Markt für Bioprodukte sind die USA. Nach Schätzungen des Branchenverbandes Organic Trade Association erreichte der Umsatz mit Biolebensmitteln dort fast 24 Mrd. US-Dollar. Größter Markt in Europa ist demnach Deutschland, wo allein mit Biolebensmitteln knapp sechs Mrd. Euro umgesetzt werden. Dahinter folgen Großbritannien und Frankreich.
Die größten Zuwachsraten gibt es in Schweden und Dänemark. Auch in den neuen EU-Staaten wie Tschechien, wo Bio lange keine Rolle spielte, wächst die Nachfrage rasant. Dort rechnet man damit, dass sich der Bioabsatz bis 2010 auf 260 Mill. Euro verfünffacht. „Spüren nichts von Krise“ Von der Wirtschaftskrise lässt sich die Branche die Goldgräberstimmung nicht vermiesen. Man ist überzeugt davon, dass der Trend anhält. „Kurzfristig mag das Geschäft nachlassen, langfristig sicher nicht“, sind die Aussteller in Nürnberg durch die Bank überzeugt.
Derzeit klagen allenfalls die kleinen Spezialbioläden über Rückgänge, die Hersteller hingegen nicht. „Wir spüren nichts von einer Krise“, sagt etwa Manfred Huber von der Mühlviertler Sonnberg Biofleisch. „Wir haben uns gefürchtet, aber dann sahen wir die Ergebnisse von Jänner und auch Februar.“ Nun sieht er keinen Grund, von seinem Ziel, auch heuer den Umsatz wie schon in den vergangenen Jahren um zehn bis 15 Prozent zu steigern, abzugehen.
Dabei spielt das Exportgeschäft eine immer wichtigere Rolle. Sonnberg macht bereits jetzt 35 Prozent des Sieben-Mill.-Euro-Umsatzes im Ausland. Die Exportquoten können aber, wie bei der Schaf- und Ziegenmolkerei Leeb aus Schlierbach, auch schon einmal mehr als 80 Prozent erreichen. „Vor allem die Handelsketten erweisen sich dabei mit ihren Auslandsniederlassungen als Türöffner“, sagt Oberösterreichs Agrarlandesrat Josef Stockinger.
Als Türöffner versteht sich auch die Biofach. Nicht nur in Europa, sondern weltweit. Der Terminkalender allein beweist, welche Bedeutung biologische Landwirtschaft mittlerweile weltweit hat. Ende April steht die Biofach India in Mumbai auf dem Programm, dann folgen die Fachmessen in Schanghai, Boston, Tokio und São Paulo – wohl in Anzug und Krawatte.
Wirtschaft / 21.02.2009 / Print

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