Freitag, 10. April 2009

Mit „Maximum Power gegen Ungräser" in „Goldene Ähra"





In der Landwirtschaft kann man nichts verdienen, aber an der Landwirtschaft. Sagen die Bauern. Dieser Satz mag nicht immer zutreffen, steht doch vielen Branchen rund um die Landwirtschaft selbst das Wasser bis zum Hals.
Vielen, aber offenbar nicht allen. Die Pflanzenschutzmittelindustrie scheint nicht dazu zu zählen.
Kiloweise und ohne große Rücksicht auf Kosten wird den Bauern in den Wochen vor Beginn der Arbeit auf den Feldern Prospektmaterial angedient. Zuweilen mit dürftigem Informationsgehalt, aber oft bis zu 80, 90 Seiten dick. Schweres Papier, Hochglanz und aufwändig illustriert.
Da schwingen sich Stabhochspringer an Gerstenhalmen in die Höhe, wollen Bilder von Wildkatzen signalisieren, dass die „unschlagbare Komplettlösung" dennoch „Sanft zum Getreide" ist, und wird schon einmal ein Maiskolben mit Trägerraketen und Flügeln zu einem Spaceshuttle umgebaut. Dazu Tabellen, Pfeile, Zeichnungen - kurzum alles was ein moderner Grafikcomputer heute so hergibt.
Es geht offenbar um viel. Mancher Texter will den Grafikern nicht nachstehen und zieht ebenfalls alle Register - oder was er dafür hält. „Die Goldene Ähra hat begonnen." Von den Bauern fordern sie: „Beherrschen sie das Feld" - völlig losgelöst, völlig frei von Hemmungen. Als fühle man sich, so zwischen Landwirt und Pflanzenschutzmittelhersteller, unter sich. Da hält es der Wolf nicht für nötig, Kreide zu fressen, ist von Verantwortung wenig zu spüren.
Woran der Landwirt gewohnt sein mag, darüber staunt der Beobachter. Zumal einer, der an das Gute und Ökologische in der heimischen Landwirtschaft glaubt, von dem er immer hört.
Der tut sich schwer. „Maximum Power gegen Ungräser" wird da versprochen, „Viele Schädlinge - eine sichere Lösung" oder gleich ein „Allesreiniger" gegen Unkräuter in Mais. „Husar", „Puma", „Karate", „Zorro", „Boxer" heißen die Mittel, die das können.
Nur ein Werbespruch hat sich offenbar verirrt: „Messerscharf gegen Unkräuter." Und das in einem Prospekt eines Chemie-Multis. Ausgerechnet. Messer? Keine Chemie?
Ein Fauxpas, der freilich wohl nicht ins Gewicht fällt. Denn das Geschäft von Firmen wie Bayer, Syngenta, BASF, Kwizda und wie sie alle heißen, brummt auch im kleinen Österreich. Die Umsätze wachsen kräftig. 92 Millionen Euro setzt die Branche laut „Grünem Bericht" 2008 des Landwirtschaftsministeriums im Jahr um. Das waren um 25 Prozent mehr als drei Jahre zuvor.
Weil die verkaufte Menge in diesem Zeitraum nur um 300 Tonnen auf 8800 Tonnen stieg, liegt die Vermutung nahe, dass die Bauern doch recht haben: In der Landwirtschaft kann man nichts verdienen, aber an der Landwirtschaft.

Von Hans Gmeiner am 10. Apr 2009 in Wirtschaft

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1