Freitag, 3. April 2009

Österreichs Qualität verschwindet im "S-Budget"-Loch - ist das "Clever"?




Da ist nichts zu lesen von den Vorzügen heimischer Produktion, selten von gentechnikfreier Fütterung, kaum etwas von der Besonderheit österreichischer Herkunft und schon gar nicht gibt es Bilder oder Ähnliches, die eine positive Beziehung zwischen Konsument und Produkt aufbauen könnten. "Clever-Vollmilch" steht auf dem Milchpackerl im Billa-Regal, "S-Budget" oder Ähnliches auf denen bei der Konkurrenz. Und damit basta. Beim Käse ist es nicht anders, beim Topfen nicht, beim Jo -ghurt, bei Gemüse. Und bei Wurst und Fleisch erst recht.

In Zeiten der Krisen boomen die so genannten Handelsmarken. Da zählt nicht mehr das Haus, aus dem das Produkt kommt, nicht mehr, wie es produziert wurde, nicht mehr, wer dahintersteht - da zählt nur mehr der Preis. Hauptsache um zehn, 20, ja 30 Prozent billiger.

Die traditionellen österreichischen Lebensmittelmarken stehen massiv unter Druck. Sie zählen seit Monaten zu den Verlierern, während die zumeist anonymen Eigenmarken der Handelsketten immer stärker zulegen. Die Dimensionen, die dieser Trend erreicht hat, sind in manchen Produktgruppen gewaltig. Bei Sauerrahm etwa liegt der Anteil bei mehr als 55 Prozent, bei Topfen sind es 38 Prozent und bei Trinkmilch 33. Insgesamt werden laut AMA Marketing mittlerweile 22,2 Prozent aller Milchprodukte in Österreich über Eigenmarken verkauft.

Denn im Klartext heißt das: Für jedes fünfte Molkereiprodukt spielen die Marken- und Qualitätspolitik, die Herkunft und die Produktionsweise und all die anderen Dinge, die als Geheimnis und Zukunfts chance der heimischen Landwirtschaft gelten, keine Rolle mehr. Tendenz stark steigend. Und in anderen Produktgruppen ist es kaum anders.

Österreichs Landwirtschaft ist dabei, die Position, die sie sich in den vergangenen 20 Jahren auf dem Markt und bei den Konsumenten mit geschickter Werbung, viel Engagement und zahlreichen Aktionen aufgebaut hat, wieder zu verlieren. Denn Eigenmarken machen nicht nur Druck auf das Preisgefüge, sie machen die heimischen Ag rarprodukte auch beliebig austauschbar. Da muss ja dann Milch, Fleisch oder Gemüse nicht mehr unbedingt aus der Steiermark oder aus Tirol kommen, sondern kann auch aus dem bayrischen Wald, aus Sachsen oder gar aus Tschechien stammen - weil die Ware dort gerade billiger zu kriegen ist. Und keiner merkt's.

Der Trend zu Eigenmarken stellt die ganze Markenpolitik der heimischen Landwirtschaft, die ganze Qualitätsstrategie der vergangenen Jahre auf den Prüfstand. Und die schneidet dabei nicht wirklich gut ab, wenn gleich beim ersten Wind die Absätze einbrechen und das, worauf man so lange gebaut hat, mit einem Mal bei den Konsumenten nichts mehr wert ist. Bei meiner Ehr'.

Wie richtig liegt man noch, wenn bei immer mehr Produkten nur mehr der Preis zählt? Was bedeutet das für die Ausrichtung der heimischen Landwirtschaft, für die Bauern wirklich? Zuweilen kann man sich des Eindrucks nicht erweh ren, dass diese Entwicklung auf die leichte Schulter genommen wird, obwohl man den Anpassungsbedarf spürt. Man weiß, dass Regionalität das neue Zugpferd ist, dass die Konsumenten für ihr Geld einen Zusatznutzen haben wollen. Man braucht aber auch eine Strategie für die Billig-Linien, will man auf dem heimischen Markt Anteile halten.

Man sollte darauf reagieren. Schleunigst und effizient. Anderes kann sich die Landwirtschaft nicht leisten.

Blick ins Land" Nr. 04/09 vom 03.04.2009

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