Donnerstag, 25. Juni 2009

„Testballon“ gegen Preiskrise





HANS GMEINER Neusiedl/See (SN). Der Landwirtschaft machen die Preissprünge bei Milch, Fleisch und Getreide seit zwei Jahren große Probleme. Die Getreidepreise zum Beispiel verdoppelten sich vor zwei Jahren innerhalb weniger Monate auf knapp 300 Euro pro Tonne, heuer liegen sie unmittelbar vor der Ernte wieder bei 140 Euro. In den nächsten Wochen, wenn in ganz Europa und in Nordamerika die Felder abgeerntet werden, müssen die österreichischen Bauern mit noch niedrigeren Preisen rechnen. Und das, obwohl in Österreich eine deutlich geringere Ernte als im Vorjahr und weltweit eher steigende Preise vorhergesagt werden.
Der Grund dafür: Vor allem auf dem für Österreich maßgeblichen osteuropäischen Markt liegen noch große Mengen Getreide aus dem Vorjahr in den Silos. Allein in Ungarn sollen es jeweils rund eine Million Tonnen Weizen und Mais sein. Aber auch in Österreich selbst sind die Getreidelager mit gut 700.000 Tonnen viel besser gefüllt als in den vergangenen Jahren. „Ein Teil davon ist bereits verkauft und bezahlt, aber die Aufkäufer haben wegen der Wirtschaftskrise derzeit keine Verwendung dafür“, sagt Ernst Gauhs von der Raiffeisen Ware Austria.
Nun fordern die Bauern für Getreide die Einrichtung eines Krisenlagers, um Marktspitzen ausgleichen zu können. Weil die EU ihre bisherigen Überschusslager sukzessive schließen will, nehmen sie in ihrer Argumentation eine Anleihe bei der NATO. „Dort sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, neben Vorsorgelagern für Öl und Gas auch Getreidekrisenlager zu halten“, sagte am Mittwoch der Präsident der Agrarmarkt Austria und Chef der burgenländischen Bauernkammer, Franz Stefan Hautzinger.
In Österreich sollen 150.000 Tonnen Getreide in ein solches Lager kommen, fordern Hautzinger und Gerhard Wlodkowski von der Landwirtschaftskammer Österreich. „Das wäre ein Puffer, um die Bocksprünge bei den Preisen zu verringern und würde nicht nur den Bauern, sondern auch den Konsumenten Sicherheit geben“, meinten sie. „Damit könnte man zumindest die äußersten Preisspitzen kappen.“
Die Kosten für das eingelagerte Getreide werden mit 15 Mill. Euro beziffert. Dazu kämen jährlich drei Mill. Euro für die Lagerung und allfällige Verwaltungskosten. Die Mittel dafür sollen von der EU kommen. In den nächsten Wochen soll ein detaillierter Vorschlag folgen. Hautzinger: „Noch ist es ein Testballon.“

Wirtschaft / 25.06.2009 / Print

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