Donnerstag, 18. Juni 2009

Kunstkäse erregt die Gemüter





Kunstkäse ist auch für heimische Molkereien ein Thema. Alpenmilch-Haupteigentümer Meggle zählt zu den großen Erzeugern.

HANS GMEINER Salzburg (SN). „Pizza-Mix“ oder „Gastromix“ steht auf den Verpackungen. Drinnen befindet sich etwas, das ausschaut wie geriebener Edamer oder Mozzarella, aber damit nichts zu tun hat. Es handelt sich um Kunstkäse, der aus pflanzlichen Fetten, Stärke, Geschmacksverstärkern und Aromen zusammengemixt wird. Seit Wochen sorgen diese Produkte, die vor allem in der Gastronomie eingesetzt werden, für Schlagzeilen. Die Bauern sind darob regelrecht aus dem Häuschen. Sie halten „Analogkäse“ wie die Produkte von Lebensmitteltechnologen genannt werden, für einen der wichtigsten Gründe für die derzeitigen Probleme auf dem Milchmarkt.
Nun stellt sich heraus, dass auch den heimischen Molkereien die Erzeugung von Kunstkäse nicht fremd ist. „Wer Schmelzkäse machen kann, kann grundsätzlich auch Kunstkäse erzeugen“, weiß man in der Milchwirtschaft.
In Vorarlberg geriet unlängst Alma mit einem Pizzakäse in die Schlagzeilen, der alles enthielt, nur keine Milch. Alma gehört zwar seit dem Vorjahr der Privatkäserei Rupp, doch schon Jahre davor stieg die damals noch rein bäuerliche Genossenschaft in die Produktion von Kunstkäse ein.
Auch bei der Salzburger Alpenmilch ist das Thema auf dem Tisch, obwohl sie selbst keinen Analogkäse erzeugt. Aber der Alpenmilch-Haupteigentümer Meggle, ein bayerischer Milchkonzern, zählt im deutschen Sprachraum mit einer jährlichen Produktion von 6000 bis 10.000 Tonnen Kunstkäse zu den großen Spielern auf dem Markt. „In intensiver Zusammenarbeit mit unseren Kunden werden Compounds zur Herstellung von Käsesubstituten entwickelt“, heißt es auf der Meggle-Hompage. „Verschiedenste Käsesorten, ob schnittfähig, streichfähig oder Pizzakäse können somit günstiger als Naturkäse hergestellt werden.“ Meggle-Sprecher Heinz Brüller findet nichts Besonderes dabei. „Wir stehen dazu“, sagt er im Gespräch mit den SN. „Das ist wegen der Haltbarkeit, den Backeigenschaften und der Qualität eine optimale Geschichte.“ Meggle deklariere die Produkte richtig, hält Brüller fest. „Ob das auch die Weiterverarbeiter tun, da bin ich mir nicht so sicher.“
Die negativen Schlagzeilen rund um Analogkäse sind für den Meggle-Sprecher nicht nachvollziehbar. „Bei Kunstkäse geht es vor allem darum, Milchfett durch Pflanzenfett zu ersetzen.“ Das sei ein ganz normaler Vorgang, sagt er. „Bei Margarine kommt ja auch niemand darauf, sie Analogbutter zu nennen.“
Brüller zeigt sich angesichts des Wirbels verwundert. „Mit unseren Mengen tun wir den Bauern nicht weh“, sagt er. „In den USA gibt es diese Produkte seit 20 Jahren.“
Die Aufregung in der Bauernschaft hält Brüller daher für überzogen und trifft sich dabei mit Einschätzungen aus der heimischen Milchwirtschaft. „Man sucht einen Strohhalm“, heißt es dort. „Die 10.000 Tonnen Analogkäse, die angeblich in Österreich verkauft werden, sind zwar viel, aber bei einer Gesamtmenge von 150.000 Tonnen Käse nicht kriegsentscheidend.“
Schon gar nicht bei den derzeitigen Preisen. Die bringen nämlich Analogkäse noch mehr unter Druck als echten Käse. Der Preisvorteil, der bei hohen Milchpreisen 40 Prozent und mehr ausmachte, ist derzeit so gut wie weggeschmolzen. Das bestätigt Meggle-Sprecher Brüller: „Der Absatz geht derzeit eher zurück“.
Wirtschaft / 18.06.2009 18.06.2009 / Print

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