Montag, 19. Juli 2010

Fischlers Gütesiegel „gut so!“ kämpft




1,1 Mill. Euro für 32 Bauern, acht Verarbeiter und 50 Produkte. Das ist die magere Bilanz des Fischler-Siegels „gut so!“.

HANS GMEINER Salzburg (SN). „Wir sind mit unserem Lebensmittelsiegel ,gut so!‘ gut unterwegs.“ Katja Brunner versucht, Optimismus zu verbreiten. Als Verantwortliche für die Öffentlichkeitsarbeit der Lebensmittelmarke, die neue Ethikstandards setzen will, ist das ihr Job. Leicht dürfte der nicht sein.

Im Lebensmittelhandel belächelt man das Projekt, das mit dem Anspruch antrat, neue Ethikstandards zu setzen, als Flop, die Agrarpolitik hat es fallen gelassen. Die Bilanz der vor zwei Jahren von Ex-EU-Kommissar Franz Fischler entwickelten Marke fällt trotz des enormen finanziellen Aufwands bis jetzt mager aus.

Nicht mehr als 32 Bauern, vorwiegend aus Westösterreich, beliefern gerade einmal acht Verarbeiter. 25 Milch- und Molkereiprodukte und 25 Getreideprodukte und neuerdings Spargel tragen derzeit das grün-weiße „gut so!“-Siegel. Der Umsatz erreichte im Vorjahr 1,3 Mill. Euro.

Die Agrarier, die in den vergangenen beiden Jahren mehr als 800.000 Euro aus Mitteln der Ländlichen Entwicklung über Länder und Landwirtschaftsministerium in die Fischler-Marke gebuttert haben, haben die Reißleine gezogen und sich aus dem Projekt verabschiedet. Heuer greift das Wirtschaftsministerium für „gut so!“ in den Topf für Ländliche Entwicklung und stellt 300.000 Euro zur Verfügung.

„Das ist einiges an Geld“, räumt Hermann Hagspiel, Geschäftsführer von fairea, der Tochtergesellschaft des Ökosozialen Forums, das „gut so!“ lanciert, im SN-Gespräch ein. Er hält es, aller Kritik zum Trotz, für gut investiert. „Der Aufbau einer Marke, die Entwicklung von Kriterien und Kontroll- und Rückverfolgungssystemen, die EDV – das alles kostet Geld.“

Von seinen Zielen will er sich nicht abbringen lassen. Heuer soll sich der Umsatz auf 2,6 Mill. Euro verdoppeln, die Zahl der „gut so!“-Produkte auf mehr als 100 wachsen. Neben Milch- und Getreideprodukten sowie Gemüse soll es bald auch Eier, Fleisch und Obst von „gut so!“ geben.

Aus den Plänen, große Lebensmittelproduzenten zu gewinnen, ist bisher nichts geworden. Das erweist sich auch bei den Handelsketten als Hemmschuh, weil man nicht die erforderlichen Mengen liefern kann. So liegen etwa die Kooperationen mit Tirolmilch und der Handelskette MPreis derzeit auf Eis. Nun kristallisieren sich Feinkosthändler und Direktvermarkter-Läden als wichtigste Absatzschienen für die hochwertigen Spezialitäten von Sennereien, Meierhöfen und Bergbauern heraus. Auszeichnungen wie kürzlich das „Kasermandl in Gold“ bei einer Käseprämierung für einen „gut so!“-Bergkäse der Vorarlberger Sennerei Schnifis kommen da gerade recht. In Wien etwa vertreibt eine Fleischereikette „gut so!“-Produkte als Extraangebot, im Herbst soll es die Produkte auch übers Internet geben.

Auch an der Verbreiterung der Produzentenbasis wird gearbeitet. Hagspiel ist vom Marken-Konzept nach wie vor überzeugt. „Wir bieten regionalen Herstellern und Bauern eine Chance im Wettbewerb mit der Industrie“.


Salzburger Nachrichten Wirtschaft / 14.07.2010

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