Dienstag, 10. August 2010

Auflagen bremsen Bauern-Elan




Österreicher schätzen heimische Produkte. Doch den Bauern wird es oft schwer gemacht, diese anzubieten.

HANS GMEINER
Salzburg (SN). Das Schnitzel vom Schwein aus einem oberösterreichischen Stall, das Frühstücksei von einem steirischen Huhn, die Milch zum Kaffee von einer Kuh, die im Salzburger Land weidet. Die österreichischen Konsumenten mögen das. Sie schätzen heimische Agrarprodukte. Die Bauern tun ihr Bestes, die Nachfrage zu bedienen. Doch das wird ihnen nicht immer einfach gemacht. Auch wenn die im Vergleich zu anderen EU-Ländern deutlich schärferen Produktions- und Tierhaltungsvorschriften einen Teil der spezifisch österreichischen Qualität ausmachen, werden ihnen dadurch in vielen Bereichen auch die Marktchancen verbaut. Die aufgrund der Struktur und der oft schwierigen Produktionsbedingungen in Österreich ohnehin kostenintensive Agrarproduktion wird dadurch noch kostspieliger. Das schwächt die Wettbewerbsposition. In vielen Bereichen muss man zusehen, wie mit billiger Importware, die zu deutlich niedrigeren Standards erzeugt wird, gute Geschäfte gemacht werden, obwohl man sie auch in Österreich erzeugen könnte.

Vertane Einkommenschancen
Das macht den Bauern angesichts des wachsenden Drucks auf den Märkten zunehmend Sorgen. Denn damit vergibt man sich Einkommenschancen, die angesichts der angespannten Situation dringend nötig wären.
Augenfällig ist die Entwicklung in der Schweineproduktion. „Da wurde Österreich in den vergangenen Jahren von einem Produktionsland zu einem Verarbeitungsland“, sagt Adolf Marksteiner von der Landwirtschaftskammer Österreich. Österreichs Fleischverarbeiter haben sich auf dem internationalen Markt als gesuchte Lieferanten etabliert. Statt der gut fünf Millionen Schweine, die sie noch vor zehn Jahren jährlich schlachteten und verarbeiteten, sind es heute 7,5 Millionen. Die österreichischen Bauern konnten davon aber kaum profitieren. Ihre Produktion blieb über die Jahre bei rund fünf Millionen Schweinen stabil. Der Rest kommt aus dem Ausland. „Strenge Umweltvorschriften für Ställe, Umweltverträglichkeitsprüfungen, teure Tierhaltungsvorschriften und im internationalen Vergleich sehr geringe Bestandsobergrenzen haben den Investitionswillen erheblich gebremst“, sagt Marksteiner. „In einer Branche, in der es auf jeden Cent ankommt, zahlt es sich angesichts dieser Erschwernisse kaum aus, 300.000 bis 500.000 Euro in Stallungen zu investieren“.

Ganz ähnlich ist es bei Geflügel. In dieser traditionellen agrarischen Produktionssparte bringt es Österreich nur auf einen Selbstversorgungsanteil von 75 Prozent. Das hat zum einen damit zu tun, dass es nur mehr sehr wenige Gefügelverarbeiter gibt. Zum anderen hat es aber auch ganz wesentlich damit zu tun, dass heimische Geflügelmäster wesentlich strengere Produktionsauflagen haben. „Während hierzulande in den Hühnerställen die Besatzdichte 15 Hühner pro Quadratmeter Stall nicht übersteigen darf, sind EU-weit 20 erlaubt“, sagt Marksteiner.

Für ihn ist es nicht verwunderlich, dass die Bauern zumeist an ihren angestammten Produktionszweigen, der Milch- oder Getreideproduktion, so lang wie möglich festhalten. „Der Umstieg etwa auf Lamm- oder Geflügelproduktion ist, abgesehen von den Vorschriften, schwierig und zumeist sehr Know-how- und kostenintensiv“, sagt der Kammerexperte. „Da müssen auch die persönlichen Voraussetzungen und die Verarbeitungsmöglichkeiten stimmen.“

„Die Bauern rechnen sehr genau“Der niedrige Selbstversorgungsgrad bei Produkten wie Eiern (77 Prozent), Geflügelfleisch (72 Prozent), Schafen und Ziegen (75 Prozent), Gemüse (60 Prozent) und Obst (65 Prozent) bietet daher eher selten Anreiz, eingefahrene Geleise zu verlassen und neue Einkommensmöglichkeiten zu erschließen. „Auch wenn ihnen oft das Gegenteil vorgeworfen wird, zeigt sich da, dass die Bauern sehr genau rechnen“, sagt Marksteiner. Genau das freilich könnte der Grund sein, dass die schlechte Versorgungsbilanz bei Soja bald wesentlich besser aussieht und die Eiweißfrucht für viele Bauern ein neues Einkommensstandbein wird. Denn die Preise steigen und Vermarkter wie die burgenländische Mona haben mit Produkten wie Sojamilch und Pudding neue Märkte erschlossen.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft 10. August 2010

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