Freitag, 1. April 2011

Von „Machtdemonstrationen“ und „Ohnmachtsdemonstrationen“





Seit Wochen tobt die Schlacht um die heimische Schweinezucht. Resolutionen allerorten, Dauerfeuer in den Agrarmedien, Demonstrationen und Versammlungen. Die Bauern und ihre Vertreter empören sich wortreich darüber, dass die Kastenstände in der Schweinezucht verboten werden sollen. Von Ferkelmord ist die Rede, von sündteuren Investitionen und vom drohenden Ende der heimischen Schweinezucht.

Dass ausgerechnet der SP-Volksanwalt Kostelka und der SP-Minister Stöger das durchsetzen wollen, ist nichts anderes, als Öl im von Tierschützern entfachten Feuer.

Die Agrarpolitiker in Bauernbund, Kammern und Ministerium und die Vertreter der Schweinebauern wirken hilflos. Der Herr Bauernbundpräsident tobt. Der Herr Landwirtschaftsminister kündigt Widerstand an. Auch die Bauernkammerpräsidenten zeigen sich empört. Und erst recht die Vertreter der Schweinezüchter. Alle zusammen tun so, als ob sie nichts tun könnten.

Machtlos und am Nasenring vorgeführt von „Roten“? Nicht mehr als Mundwerksburschen allesamt?

Der Beobachter reibt sich verwundert die Augen.

Viele Bauern auch.

Haben sie nicht den Bauernbund gewählt, dass er ihre Interessen in entsprechender Stärke und mit dem nötigen Geschick vertreten kann. Haben sie nicht bei der der ÖVP ihr Wahlkreuzerl gemacht, weil dort versprochen wird, die Bauern zu vertreten? Wurde ihnen nicht immer erklärt, wie wichtig eine Regierungsbeteiligung der ÖVP ist, weil sie sich dann für die Bauern besonders einsetzen kann? Und hat es nicht immer von den „Schwarzen“ geheißen, wählt uns, damit wir das Landwirtschaftsministerium und den Landwirtschaftsminister haben?

Und jetzt das. Jetzt müssen die Bauern hören, dass der Stöger nicht mit den Agrarpolitikern, ja nicht einmal mit seinem Regierungskollegen Berlakovich redet. Dass ein „roter“ Minister in einem Kernbereichbereich der Landwirtschaft entscheiden kann. Dass man machtlos ist und ausgeliefert.

Jetzt müssen sich die Bauern, zumal die Jungbauern, mit Transparenten hinstellen und um das Verständnis einer Regierung betteln, die sie selbst ermöglicht haben. Weil die Vertreter, die sie gewählt haben, so schwach sind? Oder vielleicht doch nur - ein böser Verdacht, der aus der Erfahrung keimt -, weil sie benutzt werden, um wieder einmal zu zeigen, welch Segen der gegen „dunkle Mächte“ kämpfende Bauernbund, die Kammern und der Minister für die Bauernschaft sind?

„Machtdemonstrationen“ nennen das die Veranstalter gerne. „Ohnmachtsdemonstrationen“ sind das mit Verlaub – jede für sich ein Armutszeugnis. Zumal die Bauern alle Fakten auf ihrer Seite haben. Die Benachteiligung der heimischen Schweinezüchter im internationalen Wettbewerb sind genauso untragbar wie die zusätzlichen Investitionskosten. Und dass die Rechtsicherheit und das Vertrauen in die Gesetzgebung mit Füssen getreten wird, ist der eigentliche Skandal.

Die Bauernvertreter haben vor diesem Hintergrund die Verpflichtung, Stögers Pläne abzubiegen. Wann sonst, wenn nicht in einem Fall wie diesem?

Freilich, das Thema ist heikel. Vor allem lässt sich damit nicht in der großen Öffentlichkeit punkten.

Man muss andere Wege finden. Dass man die kennt, hat man erst vor Weihnachten beweisen, als man mit der Anhebung der Pauschalierungsgrenzen alle politischen Gegner düpierte.

Als gelernter Österreicher weiß man, dass nicht so heiß gegessen wird, wie gekocht wird. Wenn doch, dann muss man sich freilich Sorgen machen – um die Bauern und um ihre Vertretung.

Blick ins Land - April 2011

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