Sonntag, 12. Juni 2011

Frauen an die Macht






Die heimischen Agrarier gleichen einer Riege alter Kämpen. Viele in der Tat wegen ihres Alters und der oft überlangen Amtszeiten, praktisch ausnahmslos alle aber wegen ihres altbackenen Stils, den sie auf dem politischen Parkett an den Tag legen.

Man weiß, was sie sagen, man schämt sich oft, wie sie es sagen, und man ärgert sich zuweilen über das, was sie sagen. Sie finden kaum mehr Gehör, ihr Auftreten ist auch ihrer bäuerlichen Klientel zuweilen nachgerade peinlich und vor allem die Zielgruppen außerhalb der Bauernschaft, über deren Bedeutung für die Zukunft der heimischen Landwirtschaft sie so gerne reden, erreichen sie kaum mehr. Aber sie sitzen fest auf ihren Sesseln.

Dennoch ist nicht alle Hoffnung fahren zu lassen. Denn wie immer, wenn nichts mehr zu gehen scheint und die Männer vor sich und in sich selbst erstarren, sind es die Frauen, die neue Perspektiven suchen und auch bringen.

Das gilt auch für die Agrarpolitik. Bisher zumeist in den Bäuerinnen-Organisationen von Bundesebene abwärts bis hin in die Gemeinden straff organisiert, war es die Rolle der Frauen, Trachten tragend das freundlich traditionsorientierte Bild der Bauernschaft, in der die Welt noch in Ordnung ist, aufrechtzuerhalten - in Schach gehalten von Bauernvertretern, die ihnen zumeist allenfalls lediglich eine Statistenrolle in der Politik zugestanden. Das scheint nun anders zu werden. Und das ist gut so. Seit geraumer Zeit macht sich eine neue Generation Frauen daran, richtig Agrarpolitik zu machen und sich nicht mehr auf die Rolle als freundliches Beiwerk zu beschränken.

In Brüssel etwa macht die Europa-Abgeordnete Elisabeth Köstinger einen äußerst respektablen Job. Ehrgeizig und zielstrebig baut sie mit großem Engagement an Netzwerken, die den österreichischen Bauern auch im europäischen Gefüge Gewicht verleihen. Innerhalb von nur zwei Jahren mauserte sie sich zu einer der kompetentesten AgrarpolitikerInnen, die Österreich hat.

In Niederösterreich bringt Klaudia Tanner, die bereits eine Karriere außerhalb der Landwirtschaft hinter sich hat, als Direktorin nicht nur in den Bauernbund frischen Wind, sondern auch einen neuen Stil in die Agrarpolitik. Im Landwirtschaftsministerium sitzt mit Edith Klauser eine Sektionschefin an den Schalthebeln, die längst in der Männerdomäne Agrarpolitik Fuß gefasst hat und für Österreich an der künftigen EU-Agrarpolitik in Brüssel mitfeilt.

Zur neuen Generation gehören aber auch, selbst wenn sie nicht so im Vordergrund stehen, Frauen wie Erna Feldhofer, die vor gut einem halben Jahr die Führung der einst reinen Männerpartie IG-Milch übernahm.

Sie allesamt bringen frischen Wind in die muffige und sich zuweilen in Selbstmitleid ergehende heimische Agrarpolitik mit ihren erstarrten Fronten. Das braucht die Landwirtschaft. Und das tut den Bauern gut. Die Argumentationsstrukturen und Präsentationsmuster haben sich in den vergangenen Jahren festgefahren. Die Frauen bringen einen anderen Zugang zu den Themen und sie gehen anders damit um. Sie formulieren anders, sie schätzen Chancen und Möglichkeiten anders ein -und sie haben vor allem einen anderen Zugang zur Öffentlichkeit. Was sie sagen, hat zumeist eine wesentlich höhere Glaubwürdigkeit, als wenn ihre altbekannten männlichen Kollegen lospoltern oder sich in Worthülsen verlieren.

Darum sollten ihnen keine Steine in den Weg gelegt werden. Denn in Zeiten, in denen für die Landwirtschaft so viel auf dem Spiel steht, ist das von unschätzbarem Wert.

Gmeiner meint - Blick ins Land, 14. Juni 2011

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