Freitag, 9. September 2011

Bunkerstimmung auf den heimischen Bauernhöfen





HANS GMEINER Ried (SN). Zunächst wollte Bundespräsident Heinz Fischer der Einladung der Schweinebauern, deren Stand auf der Rieder Messe zu besuchen, nicht recht nachkommen. Dann stand er doch vor einem eigens aufgebauten Zuchtsauenstand in dem 14 aufgeweckte Ferkel an den Zitzen ihrer Muttersau nuckelten, und das Staatsoberhaupt ließ sich die Sicht der Bauern zum in der Öffentlichkeit seit Monaten so umstrittenen Thema Zuchtsauenhaltung erklären. Damit war er mittendrin in dem, was Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich Donnerstag als „heißen Herbst“ ankündigte.

„Ich erwarte vom Bundespräsidenten Unterstützung für eine Branche, die in Not ist“, rief der Minister, ganz Volkstribun, Hunderten Schweinebauern in einer Diskussionsveranstaltung zu. Sie alle standen in eigens angefertigten T-Shirts vor ihm. „Ich will mein Schnitzel aus Österreich“ war darauf auf der Vorderseite zu lesen. Und auf dem Rücken stand in großen Lettern „BM Stöger will Ferkeltod“.

Ein Vorschlag von Gesundheitsminister Alois Stöger zur Änderung der Zuchtschweinehaltung, die von der Volksanwaltschaft verlangt wurde, bringt das Bauernblut in Wallung. Die Landwirte verstehen nicht, dass in Österreich die Standards strenger als in den übrigen EU-Ländern sein sollen und fürchten um die Wettbewerbsfähigkeit. „Es geht um alles“, sagt Walter Lederhilger, Chef der Schweinebauern. „30, wenn nicht 40 Prozent“ der Schweinezüchter verschwänden. Die Versorgung und damit das heimische Schnitzel seien gefährdet.

Die Haltung der Zuchtschweine ist derzeit nicht der einzige Aufreger unter den Bauern. Die Diskussion um Vermögensbesteuerung, Einheitswerte und EU-Agrarreform tun ein Übriges, um auf den Höfen Bunkerstimmung entstehen zu lassen. Viele Bauern fühlen sich zu wenig geschätzt.

Veranstaltungen wie die Messe in Ried kommen da wie gerufen, das Wir-Gefühl zu stärken, sich Mut zuzureden und gegenseitig recht zu geben. Die Politiker wissen das zu bedienen. „Die Tierschützer wollen überhaupt kein Fleisch, die wollen, dass wir Salatblätter essen“, sagt da der Landwirtschaftsminister. Ähnlich äußert sich Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch: „Was ich derzeit auf der politischen Ebene erlebe, haben die Bauern nicht verdient.“

Damit mag Grillitsch recht haben, aber außerhalb des Bierzelts schaut die Welt anders aus. Während Berlakovich in Ried verkündete, Stöger sei bereit, die Verhandlungen mit den Bauern über die Zuchtsauenhaltung fortzusetzen, kam aus dem Gesundheitsministerium heftige Klage über die Sturheit der Bauernvertreter.

Was alles wie kommen wird, wird sich weisen. Zumindest im Bierzelt demonstrieren die heimischen Agrarpolitiker Stärke und Erfahrung. „In der Politik bin ich kein heuriger Hase“, sagte Berlakovich. Die nächsten Monate geben ihm eine Fülle von Gelegenheiten, das zu beweisen.


Salzburger Nachrichten Wirtschaft 09.09.2011

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