Donnerstag, 27. Oktober 2011

Die "Insel der Seligen“ im Rutschen





Österreich rutscht ab. Nicht nur auf zwei Brettln und im Winter. Auch in internationalen Vergleichen. Bei Pisa und in den Uni-Rankings sowieso. Neuerdings geht es auch in den Wirtschafts-Rankings bergab. Im Frühjahr etwa reihte die Schweizer Agentur IMD im World Competitiveness Yearbook die Alpenrepublik nur mehr auf Rang 18 von insgesamt 59 bewerteten Ländern. Drei Jahre zuvor sah man das Land noch auf Rang elf.

Erst dieser Tage bescheinigte die Weltbank, dass hierzulande das Geschäftsklima schon deutlich besser war. Wurde Österreich im Doing Business Report, der die Bedingungen zum Geschäftemachen rund um den Erdball vergleicht, im Vorjahr noch auf Rang 28 gereiht, so gab es heuer nur mehr Rang 32 - hinter 13 EU-Staaten (darunter auch Länder wie Estland, Lettland und Litauen sowie Portugal), aber auch Ländern wie Mazedonien.

Besonders schlecht wird in Österreich von den Weltbank-Experten das Umfeld für Unternehmensgründungen gesehen. Da wurde unser Land gar nur auf Rang 134 gereiht. Zu lange der Weg dorthin, zu hoch die Kosten, wird kritisiert.

Diese Zahlen spiegeln wider, was jeder in diesem Land spürt, der in der Wirtschaft etwas machen will - Österreich ist kein Wirtschaftsland, kein Land der Unternehmer und kein Land des Unternehmergeistes. Das alles gilt nicht viel und das Ansehen dafür hält sich zumeist in engen Grenzen. Wirtschaft zu betreiben, Geschäfte zu machen ist hierzulande allenfalls gelitten, aber zuweilen zu wenig geschätzt.

Man ist nicht wirklich willkommen.

So gern man anderen die Schuld gibt, einen guten Teil davon hat die Wirtschaft, respektive deren Vertretung, die Wirtschaftskammer, selbst zu tragen. Allzu lange war man allzu stolz auf die besonders hohen Hürden, die man jenen hinstellte, die Unternehmer werden wollten. Bürokratie ohne Ende, Auflagen, Prüfungen, Konzessionen und viel, viel Zeit und Geld brauchte es, um da drüber zu kommen, respektive drüber kommen zu dürfen.

Unternehmer werden zu können war in diesem Land allzu lange eine Gnade. Und, trotz fraglos vieler Verbesserungen und Vereinfachungen, ist es das heute noch.

Sicherheit, zumal die eigene Sicherheit, ist das, was zählt. Nur keine Konkurrenz, nur keine Ungewissheit, alles am besten in eingefahrenen Bahnen, klein und übersichtlich. Nur ja keine Änderungen und schon ja keine neue Konkurrenz.

Damit spiegelt die Wirtschaft selbst das Klima wieder, das in diesem Land herrscht - seit Generationen. Der sichere Job gilt allzu vielen immer noch als das erstrebenswerteste Ziel und die frühe und - in diesem Land selbstredend - möglichst hohe Pension. Und die Zeit dazwischen idealerweise in einer pragmatisierten und damit unkündbaren Stellung.

Die Politik hierzulande bedient diese Grundstimmung. Leider. Kaum je hat man versucht, das Land aus dieser Trägheit zu lösen, zumeist tut man alles um diese Grundhaltung weiter zu festigen. Zeiten, wie wir sie jetzt erleben, in denen die Währung und die Finanzwelt in Diskussion stehen und die Wirtschaft damit auch, wo sich Sorgen breit machen, sind dafür prädestiniert. Themen wie Vermögensbesteuerung und Reichensteuer sind nicht dazu angetan, das Fortkommen des Landes zu fördern, sondern eher dazu, es endgültig in ein wirtschaftsfeindliches Klima zu kippen.

Wo doch das Gegenteil sehr viel eher gefragt wäre. Davon aber sind wir weit entfernt. Nicht zu Unrecht machen sich Leute wie der Industriellenpräsident Veit Sorger oder voestalpine-Chef Wolfgang Eder Sorgen um den Wirtschaftstandort Österreich. Während der eine über Steuerlast und Bürokratie klagt, sieht der andere unter den immer höher geschraubten Umweltvorschriften die Felle für sein Unternehmen davon schwimmen und geht so weit zu sagen, dass er das Entwicklungspotenzial seines Unternehmens "nicht in Österreich“ sehe.

Einsame Rufer, so scheint es. Den aktuellen Zeitgeist haben sie nicht im Rücken. Der macht sich lieber über Rankings lustig und ergeht sich darin, sie in Zweifel zu ziehen. Ganz unbeeindruckt - wie auf der Insel der Seligen.

"Wir sind ja eh super“, sagt man sich da lieber - und merkt nicht, dass die Musik immer lauter wo anders spielt.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 27. Oktober 2011

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
UA-12584698-1