Samstag, 19. November 2011

Die Faymänner und das Vertrauen





Jetzt also soll es ernst werden - wir müssen sparen. Jedenfalls, wenn es nach der aktuellen Schlagzeilenlage geht. Dunkle Wolken allerorten. Die Konjunkturaussichten sind trüb, die Prognosen für den Arbeitsmarkt schlecht. Österreichs Triple A auf den internationalen Finanzmärkten gerät im Sog Italiens in Diskussion. Analysten und andere Experten, auch aus dem eigenen Land, fordern von Österreich ein klares Signal, dass man es mit der Sanierung des Staatshaushaltes ernst meint. Die Finanzministerin spricht von einem Sparpaket. "Schuldenbremse“ ist das Wort der Stunde, zusätzlich werden Einsparungen gefordert.

Das alles müsste für Österreich eigentlich keine allzu schwere Übung sein, zumal der Karren noch nicht so verfahren ist, dass nichts mehr ginge.

Müsste - wenn da nicht die Geisteshaltung wäre, die in den vergangenen Tagen exemplarisch von zwei in diesem Staat nicht ganz unwesentlichen Politikern von zwei nicht ganz unwesentlichen Parteien an den Tag gelegt wurde. Ungeniert und voller Selbstgerechtigkeit. Der Beamtengewerkschafter Neugebauer gab bei den Gehaltsverhandlungen für seine Klientel - wieder einmal - den Elefanten im Porzellanladen. Und auch an Bundeskanzler Faymann scheinen die Zeichen der Zeit spurlos vorbeizugehen, zumal dann, wenn man dafür billigen Applaus von den eigenen Gewerkschaftern abholen kann. "Die Gürtel-enger-schnall-Fraktion hat noch immer die Mehrheit. Auch Anhänger von Lohndumping müssen wir zurückdrängen“, tönt es dann - Applaus.

Das "Ich hab doch nichts zu verschenken“ einer heimischen Rennfahrerlegende, der die ganze Nation zu Füßen liegt, fügt sich da nahtlos drein und wird für Gesellschaftsgruppen, die jahrzehntelang durch zuweilen maß- und oft auch rücksichtslose Klientelpolitik verwöhnt wurden, zur persönlichen und politischen Maxime - bedient und gefördert von Politikern, die oft weniger den Leuten helfen, als ihre Sessel sichern wollten und wollen.

In einer Gesellschaft, in der Solidarität und Vertrauen ohnehin nicht mehr viel zählen und in der Verantwortung eine Tugend aus längst vergangenen Zeiten ist, sind all diese Lösungen, wie sie nun gefordert sind, nicht förderlich. Kein Wunder, dass sich die Positionen verhärten und die Töne rauer werden.

Dabei ist es ja durchaus nicht so, dass nicht große Gruppen der Bevölkerung aus allen Gesellschaftsschichten zu einer Sanierung der öffentlichen Haushalte beitragen könnten, ohne dass sie auf allzuviel verzichten müssten.

Das Problem ist viel eher, dass sie nicht das Vertrauen haben, dass die Politik aus ihrem Verzicht auf Ansprüche oder aus ihren höheren Steuerzahlungen etwas Vernünftiges macht.

Als gelernter Österreicher weiß man, dass Misstrauen angebracht ist. Allzuoft wurden Erwartungen und Hoffnungen, die geweckt wurden, enttäuscht. Allzuoft hat man erfahren müssen, dass mit den aus neuen oder höheren Steuern lukrierten Geldern nichts gemacht wurde, allzuoft fühlten sich die, die bereit waren, auf etwas zu verzichten, als die Draufzahler, und allzuoft mussten viele, die in die Pflicht genommen wurden, durch die Finger schauen, während sich andere die Taschen stopften und Prämien, Zuschüsse und was das staatliche Füllhorn noch alles hergibt, regelrecht abzockten.

Da sind, auch wenn das so modern ist, nicht die Politiker gemeint, da ist durchaus die gesamte Gesellschaft angesprochen.

Es wundert nicht, dass niemand etwas zur Lösung der Probleme mit den öffentlichen Haushalten beitragen will. Dass alle versuchen, zumindest das zu halten, was sie haben. Das 15. Gehalt, das zweite Auto, die schicke Mode, den Extra-Urlaub zwischendurch und den Anspruch auf eine ordentliche Pension - nicht zuletzt deshalb, weil sich in der Politik und in den Interessensvertretungen immer jemand findet, der diese Haltung unterstützt.

Denn alles andere ist schließlich ungleich schwieriger.

So ist die Krise in erster Linie wohl eine Vertrauenskrise. Ganz oben in der Weltpolitik und im internationalen Finanzwesen, aber auch ganz unten in den Familien, Unternehmungen und in den öffentlichen Einrichtungen.

Genau das freilich macht die Bewältigung der Krise so schwierig und es den Faymännern und Neugebauers aller Parteien und nicht nur dieses Landes so leicht.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 17. November 2011

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