Freitag, 2. Dezember 2011

Biosprit kämpft um Zukunft





HANS GMEINER Wien (SN). In Deutschland sorgte die Beimischung von zehn Prozent Bioethanol im Superbenzin (E10) zu Beginn dieses Jahres für große Aufregung. In Österreich, wo seit Jahren bereits fünf Prozent beigemischt werden, ist frühestens im Herbst 2012 eine Anhebung auf zehn Prozent geplant. Dennoch gehen schon jetzt die Wogen hoch. Der Autofahrerclub ARBÖ, Umweltorganisationen und Künstler machen dagegen Stimmung und treffen damit offenbar den Nerv der Bevölkerung. Hubert von Goiserns „Brenna tuats guat“ hielt lang die Spitze der Charts. Nun versuchen die Protagonisten der heimischen Biosprit-Erzeugung, Dinge zurechtzurücken.
„Wir produzieren zwei Hauptprodukte, eines für den Tank und eines für den Trog“, sagt Johann Marihart, Chef der Agrana. In Pischelsdorf erzeugt das Unternehmen aus rund 500.000 Tonnen Getreide und Mais nicht nur 190.000 Tonnen Bioethanol, sondern auch 170.000 Tonnen Eiweißfuttermittel. Damit wird die Spritproduktion flächenmäßig zu einem Nullsummenspiel. Denn würde die entsprechende Eiweißmenge aus Soja erzeugt, würde das allein ungefähr so viel Fläche beanspruchen wie die Produktion in Pischelsdorf. Dort aber hat man den Vorteil, die Äcker für die Eiweiß- und für die Biospritproduktion gleichzeitig zu nutzen und Importsoja zu sparen.
Rückenwind für Biosprit kommt auch von Technikern. „Ethanol ist ein etabliertes Beimischungsprodukt“, sagt Bernhard Geringer von der TU Wien. Heutige Neufahrzeuge seien für eine Beimischung von zumindest 15 Prozent Ethanol ausgelegt. In Deutschland seien 93 Prozent des gesamten Fahrzeugbestands und 99 Prozent der Fahrzeuge von deutschen Herstellern für E10 freigegeben.
Auch beim ÖAMTC sieht man keine Probleme, verlangt aber eine Haftung der Hersteller im Fall der Freigabe. Zudem dürfe Benzin insgesamt nicht teurer werden, fordert Max Lang, Cheftechniker der Autofahrerorganisation.
Das freilich verlangt Wohlwollen des Finanzministeriums. Weil das noch genauso offen ist wie die Unterschriften der Verkehrsministerin und ihrer Kollegen im Gesundheits- und Wirtschaftsressort unter die Beimischungsverordnung des Umweltministers, beginnt man sich mit einem Plan B anzufreunden. Statt einer verpflichtenden Einführung im Herbst 2012 kann man sich eine freiwillige Übergangsphase bis 2014 vorstellen.

Salzburger Nachrichten Wirtschaft 02.12.2011

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