Donnerstag, 26. Januar 2012

Im Renten-Klima Österreichs wird die Luft dünn ...





In kaum einem europäischen Land, Deutschland ausgenommen, fühlen sich so wenige Menschen jung wie in Österreich. Das Ergebnis dieser kürzlich veröffentlichten EU-Studie ist kaum anzuzweifeln, zumal es perfekt dazu passt, dass in kaum einem Land das durchschnittliche Pensionsantrittsalter so niedrig liegt wie hierzulande. Erst in der vergangenen Woche entließ das Wiener Rathaus 53 Beamte in den vorzeitigen Ruhestand. Deren Durchschnittsalter: "52,62 Jahre“, wie die Kronenzeitung penibel errechnet hat. Sehr niedrig, aber durchaus nicht wirklich eine Besonderheit in einem Land, in dem ein Pensionierungs-freundliches Klima wie kaum sonstwo herrscht.

Bei den ÖBB gilt als Erfolg, dass das Pensionsantrittsalter im Schnitt bei knapp 55 Jahren liegt, in der Landwirtschaft wird vielerorts schief angeschaut, wer nicht mit 57 in Rente geht und in vielen Büros und Produktionshallen nutzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne die Gelegenheit, sich oft schon weit vor dem offiziellen Zeitpunkt aus dem Berufsleben zurückzuziehen. Immer, und auch das gehört zum österreichischen Renten-Klima, gut beraten von den Sozial- und Pensionsversicherungen selbst, von ihren Interessenvertretungen, den Betriebsräten und von ihren Parteien.

So ist Österreich offenbar. Lange zu arbeiten, bis zum gesetzlichen Pensionsalter gar, gilt immer weniger Menschen als erstrebenswert. Eine gute Pension, und die möglichst früh, gilt hierzulande vielen als Lebensziel. Schon Jugendliche sorgen sich um ihre Pensionen - zuweilen eher als um einen guten Job oder um die Verwirklichung ihrer Ideen.

Wer tatsächlich bis zum gesetzlichen Pensionsalter arbeiten will, braucht in Österreich hingegen zuweilen einen ordentlichen Dickschädel und in jedem Fall eine dicke Haut. Denn er oder sie werden eher für verrückt gehalten, als dass ihnen Anerkennung und Wertschätzung entgegengebracht würde. Gefördert und unterstützt werden diese Menschen kaum. Viel eher müssen ältere Menschen oft die Erfahrung machen, dass ihre Arbeitgeber froh sind, wenn sie gehen, dass sie gar nicht mehr erwünscht sind. Und nicht selten wird ihnen vorgehalten, dass sie damit nichts anderes als Probleme machen und unnötigerweise einen Arbeitsplatz besetzen. Ganz abgesehen von den hohen Personalkosten, die ihnen vorgehalten werden.

Da nimmt es nicht Wunder, dass es dem Land so oft am nötigen Schwung fehlt, dass alles so gerne beim Alten gelassen wird, Reformfreude ein Fremdwort und politische Veränderungen eine Qual sind. Es ist wohl das, was wir als österreichische Mentalität kennen und hinnehmen gelernt haben.

Und da nimmt es nicht Wunder, dass sich die Politik äußerst hart tut, das tatsächliche Pensionsalter anzuheben, um die Budgetlast etwas zu mildern.

Denn nicht zuletzt wegen der explodierenden Zahl der Pensionierungen und der Pensionisten ist dort Feuer am Dach. Auch die letzten Zweifler müssen anerkennen, dass sich angesichts der demografischen Entwicklung das Ganze nicht mehr ausgehen kann. Dass die Einzahler zu wenige werden, die Pensionisten zu rasch zu viele und die Pensionen zu hoch. Mit einer Anhebung des Pensionsantrittsalter will man die Probleme in den Griff kriegen. Auf die österreichische Tour freilich. Nicht die gesetzlichen Altersgrenzen sind dabei das Ziel. Zwei Jahre gelten als genug. Statt mit 58 sollen Frau und Herr Österreicher hinkünftig im Schnitt mit 60 in Pension gehen.

Diesem bescheidenen Ziel ist freilich nicht unbedingt mit Häme zu begegnen. Denn das Thema hat auch eine andere Seite. Von den Folgen für den Arbeitsmarkt wird derzeit wenig geredet. Zu wenig. Denn mit einer Anhebung des Pensionsalters steigt auch der Bedarf an Arbeitsplätzen. Nicht zuletzt wegen des niedrigen Pensionierungs-Alters kann sich Österreich regelmäßig im internationalen Vergleich sehr geringer Arbeitslosenraten, insbesondere auch bei der Jugend, brüsten. Die abzusichern ist sicherlich schwieriger, wenn die Menschen länger arbeiten müssen. Dabei ist die Jugendbeschäftigung nur eine Herausforderung. Die andere ist es, für die Menschen die länger arbeiten, auch die nötigen Arbeitsplätze zu schaffen. Und das ist vielleicht noch schwieriger.

Der Verantwortung, beim Pensionsantrittsalter zu handeln, entbindet das die Politik freilich nicht. Alleine deswegen, weil sonst dem Land im Renten-Klima bald die Luft ausgehen könnte.

Meine Meinung, Raiffeisenzeitung, 26. Jänner 2011

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