Montag, 13. Februar 2012

Ein blaues Auge für die Bauern





HANS GMEINER Salzburg (SN). Bei der Grünen Woche in Berlin war Landwirtschaftminister Niki Berlakovich angesichts der immer neuen Forderungen an die Landwirtschaft noch fuchsteufelswild. „Die Bauern sind doch keine Goldesel“, schimpfte er erbost. Zwei Wochen später und zwei Tage nach Verabschiedung des Sparpakets hat er sich beruhigt. Zumindest die Ausgleichszahlungen für Umweltprogramme und die Bergbauernförderung werden nicht angetastet. Dass die Bauern dennoch ganz ordentlich zur Kasse gebeten werden, sieht er nun so: „Auch die Bauern tragen die Verantwortung für Österreich solidarisch mit und leisten in dieser schwierigen Zeit ihren Budgetbeitrag.“

Der Beitrag der Bauern zum 27-Milliarden-Euro-Sparpaket liegt bei einer Summe jenseits von zwei Milliarden Euro. Größter Posten ist die sogenannte Umwidmungsabgabe. Für Gewinne aus Umwidmungen von Grün- in Bauland wird künftig ein Steuersatz von 25 Prozent fällig. Schlagend wird die neue Abgabe nicht wie ursprünglich von der SPÖ verlangt bereits bei der Umwidmung, sondern erst beim tatsächlichen Verkauf. Die Umwidmungsabgabe soll bis zu 500 Millionen Euro jährlich in die Staatskassen spülen. Offen ist, in welchem Umfang die Einnahmen – wie von Bauernbundpräsident Jakob Auer verlangt – tatsächlich den Gemeinden zugute kommen.

Die Reaktionen in der Bauernschaft auf die neue Abgabe sind geteilt. Kritiker sprechen von einer De-facto-Abwertung der Grundstücke per Gesetz um 25 Prozent. Es sei den es gelingt den Bauern die Steuer in den Grundstückspreisen unterzubringen. Dann würde sich freilich Grund und Boden entsprechend verteuert. In manchen Bundesländern, wie etwa in Oberösterreich, haben die Bauern Sorge, dass sie doppelt zum Handkuss kommen könnten. Dort ist es in den vergangenen Jahren in vielen Gemeinden üblich geworden, dass die Bürgermeister als Gegenleistung für die Umwidmung den Landwirten Gratisgrund für die Gemeinde abverlangen. Dass es kein Nebeneinander von Umwidmungsabgabe und Grundabtreten in den Gemeinden geben kann, ist für die Bauern klar. Ob das wirklich durchsetzbar ist, ist freilich alles andere als fix. Kein Wunder ist, dass ein deutlicher Anstieg des Interesses der Bauern bemerkbar ist, noch vor Inkrafttreten der Umwidmungsabgabe bereits geplante Grundstücktransaktionen so rasch als möglich unter Dach und Fach zu bringen.

Während die Umwidmungsabgabe nur einen Teil der Bauern treffen wird, trifft die Streichung der Steuerrückvergütung für Agrardiesel alle Landwirte. Für das Budget bringt das 200 Mill. Euro, jeden Bauern kostet das im Schnitt rund 270 Euro pro Jahr.

Dass die Mineralölsteuervergütung auch für die ÖBB, die Wiener Linien und den Schiffsverkehr fällt, sieht man in der Landwirtschaft mit Befriedigung. Das ändert freilich nichts dran, dass die heimischen Bauern nun gegenüber ihren Kollegen in den meisten anderen EU-Ländern mit einem deutlichen Wettbewerbsnachteil zu kämpfen haben. Dort ist die Steuervergütung bei „Agrardiesel“ üblich.

Alle Bauern treffen auch die geplanten Einsparungen im Sozialbereich: Die Abgabe für Land- und Forstbetriebe wird angehoben, die letzte Stufe der Erhöhung des Beitragssatzes zur Pensionsversicherung – bereits in Loipersdorf beschlossen – von 2014 auf 2012 vorgezogen. Auch das faktische Pensionsantrittsalter soll von 57 auf 60 Jahre erhöht werden.

Noch unklar ist, wie sehr die Bauern direkt von der geplanten fünfprozentigen Bindung der Ermessensausgaben getroffen werden. Sie soll 50 Mill. Euro bringen.

Für Unmut sorgt das Strukturreformpaket in der Agrarverwaltung, mit dem durch Fusionen von Dienststellen bis zum Jahr 2016 rund 100 Mill. Euro eingespart werden sollen. Vor allem die Bundesanstalten, die zusammengelegt werden sollen, sind bereits auf den Barrikaden.


Salzburger Nachrichten - Wirtschaft / 13.02.2012

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