Donnerstag, 2. Februar 2012

Wird Bio konventioneller als konventionell?





Es war recht dick aufgetragen. Anmaßend fast und selbstgefällig. Bei den Biotagen der Bio Austria gaben sich die Biobauern äußerst selbstbewusst und überzeugt davon, das Richtige zu tun und die Guten zu sein. Mitunter bis weit jenseits der Schmerzgrenze und zuweilen am Rand der Lächerlichkeit. Über das Tagungsmotto "Agrarkultur 2100" machte sich sogar der als Referent engagierte deutsche Grüne und Agrarexperte Benedikt Haerlin lustig. "So weit nach vorn hat noch niemand geblickt".

Dabei droht der Erfolg, den der Biolandbau in Österreich zweifellos hat, schon jetzt, 88 Jahre davor, seine Kinder zu fressen. Denn es rumpelt wieder einmal kräftig in der Biokiste. Rund um das Buch "Der Bio-Schmäh" entbrennt gerade wieder einmal eine heftige Auseinandersetzung zwischen den Fundis und den Realos der Bio-Szene. In Niederösterreich droht die Bio Austria als Folge der Biogetreide-Pleite auseinanderzufliegen, die Mitglieder laufen davon, die Kassen sind leer. Die jüngsten Unregelmäßigkeiten bei Getreideimporten sind noch nicht vergessen. Der Strukturwandel macht Sorgen. Im Umgang mit den Märkten tut man sich schwer. Und aus dem Handel wird der Druck immer größer.

Bio ist, so betrachtet, ziemlich konventionell. Auch dann, wenn es um die Sicherung der Förderungen im Zuge der Agrarreform geht. Da steht man ganz vorne. Viele in der Biolandwirtschaft fühlen sich die einzig wirklich Berechtigten, auch in Zukunft noch Geld zu fordern. Dabei hängt die selbsternannte Speerspitze der Landwirtschaft schon jetzt so intensiv am Tropf öffentlicher Förderungen, wie sonst niemand in der Landwirtschaft. Und das trotz der ohnehin relativ höheren Preise und besseren Einkommen.

Bei so viel konventionellem Verhalten, so vielen konventionellen Problemen und so vielen konventionellen Wünschen und Forderungen der Biolandwirtschaft tut sich die konventionelle Landwirtschaft ja fast schon schwer mitzuhalten.

Die dort sind, auch wenn längst manch Kammerpräsident Biobauer ist, ganz bestimmt keine Waserln, wie es so schön heißt. Aber man hat zumindest über weite Strecken akzeptiert, dass Bio-Landwirtschaft kein Teufelszeug und keine Scharlatanerie ist. Das dauerte zwar Jahrzehnte und macht zuweilen immer noch große Probleme. Aber das Bemühen ist erkennbar. Auch wenn es noch oft zu wünschen übrig lässt, zumal dann, wenn man glaubt unter sich zu sein.

Diesen Mühen freilich scheinen sich viele in der heimischen Biolandwirtschaft erst gar nicht unterziehen zu wollen. Das verwundert angesichts der offenen Lebenseinstellung, die man sich dort gerne zu Gute hält. Allzu viele verlieren in ihrem Eifer für ihre Sache das Maß. Bosheit, Häme, Abschätzigkeit - in manchen Kreisen der Biobauern wird das geradezu zur Kultur erhoben. Was sie einst der konventionellen Landwirtschaft vorwarfen, müssen sich viele aus der Biolandwirtschaft nun selbst vorhalten lassen.

Gut ist diese Polarisierung nicht. Vor allem dient sie nicht der Sache. Der Sache, die da heißt: Landwirtschaft. Denn die steht ohnehin unter Druck. Die Gräben, die durchaus von beiden Seiten gepflegt und zuweilen vergrößert werden, machen es für die Landwirtschaft und für die Bauern, die davon - nach welchem Konzept auch immer - leben, nicht leichter.

Das sollte sich ändern. Denn dass da innerhalb der Landwirtschaft zwei Kulturen gegeneinander und zuweilen unversöhnlich wuchern, ist nicht verständlich. Für Außenstehende nicht, aber auch für immer mehr Bauern nicht.

Gmeiner meint - Blick ins Land 3. Februar 2012

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