Donnerstag, 28. Juni 2012

Kroatien: Mit wenig Schwung nach Europa




In einem Jahr wird Kroatien EU-Mitglied. Im Land auf dem Balkan aber herrscht alles andere als Aufbruchstimmung.

HANS GMEINER Zagreb (SN). Ein Jahr vor dem EU-Beitritt am 1. Juli 2013 steckt Kroatien in einer tiefen Krise. „Das Land hat vier Jahre Stagnation und Rezession hinter sich und steuert in Richtung Depression“, sagt Roman Rauch, der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Zagreb. „Die Impulse fehlen, die Investitionen fallen.“ Die Wirtschaftszahlen des Landes, das 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Tourismus erwirtschaftet, sind miserabel. Die Industrieproduktion sank im Vorjahr um ein Prozent, die Investitionstätigkeit ging um 7,2 Prozent zurück. Heuer werden rund 27.000 Firmenpleiten erwartet, jeder vierte Kroate ist arbeitslos, das Kreditrating des Landes liegt nur eine Stufe über dem sogenannten Ramschniveau.

„Nun kommt Gott sei Dank der EU-Beitritt“, sagt Rauch. Was ausländischen Investoren Sicherheit gibt, könnte aber für viele Sparten der kroatischen Wirtschaft ein Schockerlebnis werden, befürchtet er. „Weite Bereiche der Wirtschaft sind auf den Beitritt nicht vorbereitet.“ Man habe keinen Begriff davon, was der dann offene Markt für die kroatischen Unternehmen bedeute. „Innerhalb von zwei Stunden können täglich frische Semmeln von Graz nach Zagreb geliefert werden“, nennt er ein Beispiel dafür, wie es für viele kroatische Betriebe eng werden könnte.

Schon bisher sei es nicht gelungen, die von der EU im Vorfeld des Beitritts angebotenen Hilfen zu nutzen. „Es ist noch nicht heraus, was Kroatien will.“ Von den angebotenen 1,8 Mrd. Euro seien derzeit nur 20 Prozent ausgeschöpft. „Das Land hat seine strukturellen Probleme nie aufgearbeitet“, sagt Rauch. Sanierungsvorhaben der Regierung und Privatisierungspläne seien bisher kaum vorangekommen.

Für Österreichs Unternehmen sieht Rauch nicht schwarz. „Alles was die EU finanziert, bietet Chancen“, sagt er. „Alles andere aber bleibt bis auf wenige Ausnahmen schwierig.“ Vor allem für Branchen und Unternehmen, die Bildung, Umwelt, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz zum Thema haben, sind die Aussichten in Kroatien nach Einschätzung des Handelsdelegierten intakt. „Drei Viertel der Häuser in diesem Land sind gegen Kälte nicht gedämmt“, nennt Rauch ein Beispiel für Marktchancen. Schwierig hingegen sei das Baugeschäft, das im Vorjahr um fast zehn Prozent gefallen sei. „Der Autobahnbau ist ausgereizt.“

Obwohl Slowenien zwischen Österreich und Kroatien liegt, gilt das Land an der Save als „erweiterten Heimmarkt“. Das Exportvolumen erreichte im Vorjahr rund 1,133 Mrd, Euro. Dem stehen Importe in der Höhe von 630 Mill. Euro gegenüber.

Mit mehr als sechs Mrd. Euro ist Österreich wichtigster Auslandsinvestor in Kroatien. Derzeit verfügen 700 heimische Unternehmen dort über eigene Niederlassungen. Trotz des politischen Engagements Österreichs für einen EU-Beitritt Kroatiens haben sie es nicht leicht. Administrative Probleme und Korruption gehören zum täglichen Brot.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 28. Juni 2012

Die Böcke lieben ihre Rolle als Gärtner





Die Arbeiterkammer drückte jüngst wieder kräftig auf die Tube. In den Medien wurden die hohen Lebensmittelkosten beklagt und der Österreich-Zuschlag angeprangert. Im jüngsten TV-Spot legte man dann noch nach. "Es läuft etwas schief in diesem Land“, tönt es mit schauderndem Tremolo in der Stimme zu den in dunklen Farben gehaltenen Bildern. "Hohe Preise machen vielen von uns das Leben kaum leistbar.“ Ganz Österreich an der Armutsgrenze sozusagen. Und alles Gauner, die dafür verantwortlich sind.

Mit Verlaub - da macht sich der Bock zum Gärtner. Und als solcher treibt der längst nicht nur den Bauern, sondern auch den Lebensmittelverarbeitern, dem Gewerbe, der Industrie und dem Handel, die sich als Preistreiber hinstellen lassen müssen, die Zornesröte ins Gesicht - zumal dann, wenn sie an ihren Kalkulationen arbeiten. Exemplarisch dafür sei einem großen Bäckereibetrieb, der Getreide direkt einkauft und selbst vermahlen lässt, über die Schultern geschaut. Da zeigt sich, dass dort alleine die letzte Anhebung der Kollektivertragslöhne um 3,2 Prozent den Betrieb so viel kostete wie der halbe Jahresbedarf an Weizen und Roggen. Kein Wunder: Die Rohstoffkosten machen gerade einmal drei Prozent der Gesamtkosten aus, der Aufwand fürs Personal aber gut und gerne zwischen 40 und 50 Prozent.

Dabei sind in dieser Kalkulation noch gar nicht die oft unnötigen Kosten berücksichtigt, die sehr häufig ihre Wurzeln im Umfeld der sich um die Preise so besorgt gebenden Einrichtungen wie Arbeiterkammer und Gewerkschaft haben. Der Bogen reicht von zuweilen skurrilen wie teuren und sinnlosen Arbeitsschutzauflagen bis hin zu allerlei Kontrollen, die oft nichts anderes sind als Beschäftigungstherapie für Beamte und Aufseher - selbstredend in ihren Rechten gut geschützt und vertreten von eben dieser Arbeiterkammer und Gewerkschaft, die um das leistbare Leben in Österreich fürchten.

Beispiele wie diese gibt es viele. Und es gibt sie in vielen Bereichen. Erst jüngst staunte der Geschäftsführer eines Unternehmens am Ende eines Krankenhausaufenthaltes nicht schlecht über die Auskunft des Arztes auf seine Frage, wie das nun mit dem Krankenstand gehe. "Wenn sie einfacher Arbeiter sind, schreiben wir in Fällen wie dem ihren die Patienten für sechs Wochen krank“, beschied ihm der so offen- wie treuherzig. "Wenn sie Angestellter sind, sind es vier Wochen. Und wenn sie Selbstständiger sind, ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sie in drei Tagen wieder anfangen“.

Die Kalkulation der Bäckerei und die Drei-Klassen-Medizin der anderen Art stehen für vieles, das in der öffentlichen Diskussion nicht vorkommt. Und schon gar nicht in der Neid-Diskussion, die mittlerweile schon seit Jahren die Politik in diesem Land gefangen hält. Zahllos sind die großen und die kleinen und die offenen und die versteckten Privilegien, mit denen man sich hierzulande das Leben einrichtet, auf dass man nicht zu kurz komme - und die das Leben in Österreich teurer machen als in anderen EU-Staaten. Gerade Organisationen wie die Arbeiterkammer oder die Gewerkschaften, die so gerne und vor Selbstüberzeugung strotzend, ganz vorne stehen, wenn es um Gerechtigkeit und Lebenshaltungskosten geht, verstehen sich in Dingen wie diesen ganz besonders gut drauf. So gut, dass es längst oft unerträglich geworden ist.

Anzugreifen getraut sich diese Themen, die sich auf den Märkten in Kosten- und Wettbewerbsnachteilen niederschlagen, freilich niemand. Statt dessen verbiegt sich das Land seit Jahren in einer Gerechtigkeitsdebatte, der über weite Strecken jede Grundlage fehlt und die tiefe Gräben durch das Land zieht. Selbstständigkeit, Geld zu verdienen und zu verwalten - dafür muss man sich heute fast schämen in diesem Land. Unternehmer, Freiberufler, Besserverdiener, Bauern werden in die Nähe von Zockern gebracht, wenn sie nicht gleich überhaupt generell mit Halblichtern aus ihrem Umfeld in einen Topf geworfen werden. Was nicht dem Durchschnitt entspricht, steht unter Generalverdacht.

Das ist bitter. Für die Betroffenen und für das Land. Die Stimmung ist dabei, sich aufzuheizen, aufgeschaukelt freilich nicht nur von der einen, in diesem Fall, roten Seite. Auch die andere Seite tut in ihrer Unfähigkeit, mit den Vorhaltungen umzugehen, das ihre dazu. Das freilich ist auch als Zeichen der Schwäche und vielleicht auch des schlechten Gewissens zu sehen. Es darf aber kein Grund sein, nicht ernsthaft Bemühungen zu ergreifen, um die Dinge wieder ins Lot zu bringen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 28. Juni 2012

Mittwoch, 27. Juni 2012

Zuchtrinder sind ein österreichischer Exportschlager




Öffnung des türkischen Markts beschert den Rinderzüchtern Exportrekorde – Österreich bei Zuchttieren in Europa Nummer eins

HANS GMEINER Salzburg (SN). AT 81 6910316 steht auf den Ohrmarken der Fleckviehkuh, die im Freilaufstall in der kroatischen Vojvodina, einem der fruchtbarsten Agrargebiete Europas, Silagefutter kaut. Sie stammt aus Österreich und ist ein Erfolgsprodukt der heimischen Landwirtschaft. „Wir sind in Europa bei Zuchtrindern Exportland Nummer eins“, sagt Anton Wagner, Obmann der Arbeitsgemeinschaft der heimischen Rinderzüchter (ZAR). So wie in Kroatien gilt Österreich auch in der Türkei und in vielen anderen Ländern als die erste Adresse, wenn es darum geht, gesunde und leistungsstarke Viehbestände aufzubauen. „Wir haben den höchsten Veterinärstatus und ein zuverlässiges Datensystem, das macht uns gerade in der Zucht einzigartig“, sagt Wagner. „Wir können derzeit gar nicht genug Zuchttiere haben.“ Inzwischen tauchen sogar Vertreter ausländischer Agrarbetriebe immer öfter persönlich bei österreichischen Versteigerungen auf, um vor Ort einzukaufen.

Nach einem Durchhänger auf den internationalen Märkten im Jahr 2010 brummt das Geschäft mit den Zuchtrinderexporten jetzt wieder. Im Vorjahr legten die Ausfuhren um 30 Prozent zu und erreichten mit 34.700 Stück und mehr als 60 Mill. Euro neue Rekordwerte. Mehr als die Hälfte der Tiere gingen in die Türkei, die im Herbst 2010 den Markt öffnete. Dahinter folgten Italien, Algerien, Russland, Marokko und Kroatien. Heuer geht es auf diesem Niveau weiter. „Wir wollen das Volumen halten“, sagt Wagner, „die Preise passen, sie liegen so hoch wie schon lang nicht mehr.“

Österreichs Rinderbauern haben das Exportgeschäft selbst aufgebaut. Während Bauern in anderen Ländern über Händler arbeiten, vermarkten die heimischen Rinderzuchtverbände unter dem Schirm der ZAR. „Wir haben gemeinsame Anlagen und Platz genug, auch große Exportpartien mit Tieren verschiedener Bauern zusammenzustellen“, sagt Wagner. „Diese Struktur ermöglicht es auch einem kleinen Bergbauern, zu gleichen Kosten zu exportieren wie ein Großbetrieb.“ Insgesamt wurden in den vergangenen zehn Jahren nicht weniger als 200.000 Tiere in 50 Länder verkauft.

Die Rinderwirtschaft ist mit der dazugehörigen Milchwirtschaft eine der wichtigsten Produktionssparten der heimischen Landwirtschaft. „72.000 Rinderbetriebe schaffen 81.000 Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und erhalten und pflegen 1,55 Mill. Hektar Grünland“, sagt ZAR-Obmann Wagner, dessen Organisation 26.000 Bauern vertritt. Die Diskussion um die EU-Agrarreform, bei der vor allem Stiermäster zu den großen Verlierern werden könnten, beobachtet er mit Argusaugen. „Wir müssen die Bauern unterstützen“ sagt er. Vor übereilten Schnitten warnt er. „Sonst gibt es bald zu wenige Tiere, die Österreichs Grünflächen abfressen.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft 27. Juni 2012

Donnerstag, 21. Juni 2012

Die Griechen in uns ...






Es waren bange Tage und es sind bange Tage. Was von Griechenland kommt, geht trotz des Wahlergebnisses, das alle aufatmen ließ, ans europäische Geld und belastet die wirtschaftliche Zukunft. Was vom Umweltgipfel in Rio kommt, geht an die Lebensgrundlagen schlechthin.

Die Lage in Griechenland und die Situation der Menschen dort und die Datenreihen, Charts und Bilder aus Rio haben eines gemeinsam: sie sind Mahnmale für von Interessen und Gier getragene Politik, für das Versagen nationaler und internationaler Strukturen und für das Scheitern nicht nur der gewählten Politik, sondern auch derer, die sich ungefragt und oft mit viel Geld zu Volksvertretern und Anwälten von Interessen aufplustern. Im Kern sind sie aber vor allem Mahnmale für das Unverständnis und die Bequemlichkeit der Menschen, für unser aller Unverständnis und Bequemlichkeit - Folgen einer immer kostspieliger werdenden Leichtigkeit des Seins, die zur Last für kommende Generationen wird.

Es ist ja nicht so, dass wir nicht wissen, was wir tun. Wir wissen, dass man nicht über die Verhältnisse leben kann, wir wissen, dass sich das mit den Pensionen nie ausgehen wird, wenn wir nicht länger arbeiten werden, genauso wie wir wissen, dass es den Staatshaushalt zerreißt, wenn wir uns nicht von unserem Anspruchsverhalten, das sich mit allem und jedem an den Staat wendet, trennen. Wir wissen um die Endlichkeit der Ölvorräte und um die Luftverschmutzung und fahren dennoch um keinen Kilometer weniger. Und wir wissen, dass unser Energieverbrauch noch zu den größten Problemen führen wird.

Genau so, wie wohl auch die Griechen nicht ernsthaft geglaubt haben, sie lebten im Himmel, wo es ohne das Bezahlen von Steuern geht und wo der Staat und sein unfassbar großes Beamtenheer die Dinge schon richten werden.

Die Griechen haben gewusst, das das nicht geht. Und wir wissen das auch. Man weiß es überall. Aber man tut es dennoch. Man will darüber lieber nicht nachdenken und hofft, dass man schon durchkommen wird, dass all das, vor dem die Bedenkenträger allerorten warnen, einen persönlich nicht treffen wird.

Auch wir sind Griechen. Vor allem ganz besonders viele von denen, die da jetzt so alles wissend und von oben herab auch bei uns auf die Griechen zeigen, verhalten sich im Grunde um keinen Deut anders. Durchschlüpfen, ausnutzen, abzocken als Lebensmotto. Und möglichst keine Anstrengung dabei.

Da lauscht man allemal lieber den Schalmeientönen von Politikern und Finanzexperten, die einfache Lösungen in Aussicht stellen und glauben machen, dass alles so weitergehen könne wie bisher. Und weil es in Sachen Umwelt im Kleinen auch um keinen Deut anders läuft als in der Finanzwelt, klammert man sich lieber an Einschätzungen von Technokraten, die Ozonlöcher in der Atmosphäre, miserable Luftwerte oder zerberstende Atommeiler als Betriebsunfälle verniedlichen.

Hauptsache, man muss nichts verändern, Hauptsache, es kann alles beim Alten bleiben, Hauptsache man muss nichts hergeben. Bisher sind wir ja gut gefahren damit - die Luft ist immer noch halbwegs gut, das Wasser auch und Geld ist auch immer noch da. Warum also verändern?

Wir sind dabei, uns an die Krisenszenarien zu gewöhnen, die uns da in immer deftigeren Farben und immer öfter vor Augen geführt werden, und verlieren dabei die Fähigkeit, Dinge richtig einzuschätzen. Möglicherweise liegt genau darin das Problem. Im Übereifer haben die Mahner und Warner das Maß verloren und erreichen die Menschen nicht mehr. Und mit jeder Katastrophenprophezeiung, die nicht eingetroffen ist, ist auch ein Stück ihrer Glaubwürdigkeit verschwunden.

Die Muster, mit denen die Mahner und Warner scheitern, ähneln denen, die für das Scheitern der Politik, die sie kritisieren, verantwortlich sind. Da wie dort wird überzeichnet, um gehört zu werden. Da wie dort will man seine Standpunkte durchsetzen, ohne den anderen zu hören oder gar ernst zu nehmen. Da wie dort wird die Zeit kürzer und der Druck höher, wenn es darum geht, meßbare Erfolge vorzuweisen.

Nachhaltigkeit ist der Begriff für das Handeln, das da wie dort abgeht. Er hat seinen Platz verloren in all den Krisengewittern, die in den vergangenen Jahrzehnten um die Welt fegten. Die Ergebnisse sind wenig befriedigend und die Folgen oft so erschütternd wie dieses: 15 Monate nach Fukushima nimmt Japan in dieser Woche wieder drei Atomkraftwerke in Betrieb.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 21. Juni 2012

Mittwoch, 20. Juni 2012

Mit „Hausverstand“ hält sich Billa auf der Erfolgsspur





WIEN (SN-gm). Vor fünf Jahren, auf dem Höhepunkt der Preisschlachten im Lebensmittelhandel, lancierte Billa in der Werbung den „Hausverstand“. Man wollte damit den Wert der Lebensmittel in den Mittelpunkt rücken, dem Preisdruck entgegenwirken und zum Umdenken mahnen. Heute muss man zugeben, dass das Konzept nicht nach Wunsch aufgegangen ist. „Wir haben geglaubt, alle anderen passen sich an, aber das hat niemanden interessiert“, sagt Billa-Chef Volker Hornsteiner.

Unverändert geblieben ist all die Jahre lediglich das Gesicht zur Kampagne. Statt mit wertvoller Ernährung und gesunden Lebensmitteln verknüpft Billa heute den „Hausverstand“ in der Werbung vor allem mit Themen wie „Clever-Produkte zum Diskontpreis“, mit der Eigenmarke Billa oder der „Billa-Bestpreisgarantie“. In diese investiert man sogar rund sechs Millionen Euro, um auf elektronischem Weg Preissenkungen bei der Konkurrenz im Handumdrehen auch in den eigenen Läden umzusetzen.

Auch wenn diese Themen der ursprünglichen Idee teilweise zuwiderlaufen, geschäftlich ging für Billa das Konzept auch in der angepassten Form auf. Seit 2007 legte der Marktanteil um 1,2 Prozent zu. Heuer wuchs der Umsatz in den ersten Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,5 Prozent.

Auf Hochtouren läuft die Modernisierung des Filialnetzes, das seit Jahren bei rund 1000 Geschäften stagniert. Jährlich investiert die Rewe-Tochter bis zu 90 Mill. Euro in Um- und Neubauten. Allein heuer sind 42 Umbauten und 41 Neueröffnungen geplant. Bis 2015 soll das gesamte Netz erneuert sein.

Vorsichtig gibt man sich beim Ausbau der speziellen Billa-Märkte, wie der Billa-Box für Snacks oder dem feinen Billa Corso. In Salzburg soll eine Box kommen, in Linz und in Klagenfurt Billa-Corso. Von derzeit 400 auf 1000 Produkte soll die Eigenmarke Billa, die es bisher nur bei Lebensmitteln gibt, ausgebaut werden. „In der zweiten Jahreshälfte kommen wir mit Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln und Tiernahrung“, kündigt Hornsteiner an.

Laut dem Fachmagazin „Key-Account“ hat Rewe (Billa, Merkur, Adeg) im Vorjahr den Marktanteil im Lebensmittelhandel um 0,3 Prozent auf 34,9 Prozent ausgebaut. Spar legte um 0,4 auf 29,6 Prozent zu. Hofer hingegen verlor bereits das dritte Jahr hintereinander und hält nur mehr 19,1 Prozent.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 20. Juni 2012

Donnerstag, 14. Juni 2012

Ohne Erbarmen gegen gemeinsame Ziele





Dass sich in Österreichs Bildungspolitik nichts bewegen mag, wird mit dem hohen Maß an Ideologisierung, das diesem Thema eigen ist, in Zusammenhang gebracht. Seit Jahrzehnten tobt die Schlacht um die Gesamtschule, seit Jahrzehnten wird jeder Vorstoß in Sachen Schul-und Bildungspolitik entweder von der einen oder von der anderen Seite blockiert, jüngst kippte die zentrale Matura. Dabei geht es längst nicht mehr um die Sache, sondern darum, herumwabernde Fragmente längst überkommener Ideologien oder was dafür gehalten wird, zu verteidigen. Das freilich tut der Verbissenheit, mit der die Dinge verfolgt werden, keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil.

Schule und Bildung sind nicht der einzige Bereich, in dem uralte ideologische Kämpfe aus längst vergangenen Zeiten ausgetragen werden. Die Gräben werden nachgerade hingebungsvoll von Leuten gepflegt, die man gerne Ewig-Gestrige nennen möchte, wäre dieser Terminus nicht schon einschlägig besetzt.

Rot gegen schwarz, grün gegen blau, links gegen rechts. Da kennt man kein Erbarmen. Auch wenn die Probleme, die zu lösen sind, ganz andere Kategorien verlangen würden und die meisten Leute dieser Schwarzweißmalerei, die oft so trotzig daherkommt, längst überdrüssig sind.

Und da ist nicht nur die hohe Politik gemeint, die Tag für Tag aus Radio, Fernsehen und Zeitungen quillt. Diese Scharmützel, die oben alles lähmen und blockieren und alle ärgern, werden auch in kleinsten Gemeinden geführt. Zuweilen mit noch größerer Bissigkeit und Verbissenheit, ganz so als ginge es wie weiland zwischen den USA und Russland um die Vorherrschaft auf der Welt. Selbst in den Gemeindestuben der kleinsten Dörfer befetzt man sich lieber bis aufs Blut, als gemeinsame Sache zu machen und das Dorf respektive die Gemeinde, in der man zusammen lebt, nach vorne zu bringen. Bevor man den gemeinsamen Weg sucht, macht man es sich allzuoft allemal lieber gegenseitig so schwer wie es nur irgend geht. Bis zur Lächerlichkeit.

Dass die Ergebnisse solcher Umgangsformen dann zuweilen genau dem entsprechen, ist nur logisch - sie sind lächerlich. Ganze Dorfzentren etwa wurden schon geopfert, weil es Bürgermeister, die sich ideologisch besonders stramm fühlen, nicht ertrugen, in der Nähe einer Kirche zu residieren. Da musste es schon ein paar hundert Meter weiter ein neues Gemeindezentrum sein, um ein Signal zu setzen. Oder, wenn es sich gar nicht verhindern ließ, dann, wie etwa in einer oberösterreichischen Kleinstadt, zumindest in einem Rathaus, das die Kirche völlig zudeckt.

Beispiele wie diese gibt es viel zu viele in diesem Land. Und sie werden von allen am politischen Prozess Beteiligten geliefert. Nicht wenig sind die Projekte, die deswegen den Bach hintergingen, und nicht wenig die Orte, deren Zusammenhalt und Vorankommen an solchen "ideologischen“ Bedürfnisbefriedigungen von politischen Gruppen und deren Repräsentanten zugrunde ging.

"Ideologisch“ ist dabei ganz bewusst in Anführungszeichen gesetzt, wird doch Ideologie, oder besser, das was man darunter versteht, von vielen oft nur als Freibrief dafür verstanden, dem politischen Konkurrenten eins auszuwischen. Viel zu oft nimmt man lieber in Kauf nichts zusammenzubringen und die Bürger zu enttäuschen, als zusammenzuarbeiten.

Genau das vermiest den Österreicherinnen und Österreichern die Politik, das öffentliche Leben und das persönliche Engagement. Das empfinden viele nur mehr als Zumutung. Warum diese Kultur des gegenseitigen Schlechtmachens, dieses Pflegen der ideologischen Gräben nicht zu überwinden ist, ist die Frage.

Unterschiedliche Weltanschauungen sind Teil der Kultur, des Lebens, der Zivilisation. Zu letzterer gehört freilich auch der geordnete Umgang damit. Und der sollte von gegenseitiger Wertschätzung getragen sein und nicht von Bosheit und Geringschätzung.

Hierzulande überwiegt Letzteres. Das ist nicht der richtige Weg. Denn die Durchsetzung von Ideologien und ideologischen Standpunkten ohne Wenn und Aber und ohne Abstriche hat den Menschen noch nie gut getan. Gute Ergebnis kamen nur dann zustande, wenn es zu einem entsprechenden Ausgleich kam. Das gilt in Washington und in Moskau genauso wie in Wien und in Brüssel. Und viel öfter als man glaubt, gilt es auch im niederösterreichischen Grammatneusiedel, im salzburgischen Wald im Pinzgau oder im oberösterreichischen Oftering.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 14. Juni 2012

Montag, 11. Juni 2012

Die falschen Tränen der Krokodile






Dicke Krokodilstränen kullern allerorten. 20 Prozent weniger Bauern seit 1999, mehr als 25 Prozent weniger seit dem EU-Beitritt. Vor allem die ganz kleinen Betriebe, die mit weniger als fünf Hektar hörten auf. Überall große Aufregung und hohle Phrasen.

Dabei kann das gar nicht anders sein. Die Verhältnisse auf den internationalen Agrarmärkten lassen keine Chance, die niedrigen Preise nicht und Handel und Konsumenten, die für Lebensmittel nichts zahlen wollen, schon gar nicht. Von den Traumvorstellungen, man in der Stadt von der Landwirtschaft hat, können die Bauern nicht leben. 

Vor diesem Hintergrund verläuft der Strukturwandel in der heimischen Landwirtschaft viel zu langsam. Das freilich will in Österreich niemand zur Kenntnis nehmen. Wie zum Trotz singt man - in allen politische Parteien, sei ausdrücklich angemerkt - das hohe Lied des Strukturerhaltes und macht den Bauern Hoffnungen.

Aber warum eigentlich das? Warum stellt man den Erhalt der Struktur in den Mittelpunkt allen agrarpolitischen Strebens und warum nicht die Konkurrenzfähigkeit?

Bisher jedenfalls verlor man auf allen Seiten. Die Mittel, die auf der einen Seite nichts halfen, um den Strukturwandel auszuhalten, fehlten auf der anderen Seite, um eine konkurrenzfähige Landwirtschaft aufzubauen. Die Folgen: Die Bauern geben dennoch zu tausenden auf und Österreichs Landwirtschaft zählt im europäischen Vergleich immer noch zu den Hinterbänklern. Scheitern auf der ganzen Linie also. Kein Wunder, wenn da Zyniker all die Milliarden, die seit Jahren in die heimische Landwirtschaft fließen, "aktive Sterbehilfe" nennen.

Der Handlungsbedarf ist groß. Ein österreichischer Agrarpolitiker aber, der das auch nur in Diskussion bringen will, unterschreibt damit automatisch sein politisches Todesurteil. Immer noch. Das darf nicht mehr sein. Denn das nicht zu diskutieren schadet der heimischen Landwirtschaft längst viel mehr, als es ihr hilft.

Die heimische Landwirtschaft braucht starke Betriebe, sie muss eigene Kraft gewinnen und sie muss sich von allzu vielen allzu romantischen Vorstellungen und Hoffnungen lösen. Dazu gehört auch, sich davon zu lösen, dem Erhalt der bäuerlichen Strukturen alles und jedes unterzuordnen. Strukturwandel per Se als schlecht zu sehen ist falsch. Denn der Strukturwandel gibt auch Chancen. Ein Bauer der aufhört, weil er sich nicht mehr mit seinen paar Hektar und wenigen Tieren herumfretten mag, ermöglicht einem anderen besser mit den Herausforderungen zurecht zu kommen. Diesen Wandel aber unterstützend zu begleiten, zu fördern gar, ist absolut tabu.

Es gilt sich dennoch sich von dieser Geisel, die das Ringen um den Erhalt der agrarischen Strukturen zweifellos ist, endlich zu lösen und das Thema offen zu diskutieren. Freilich ist bei all dem Maß und Ziel zu bewahren. Aber die österreichische Landwirtschaft und die Regionen, denen wegen des grassierenden Bauernsterbens Entvölkerung und wirtschaftliche und landschaftliche Verkarstung droht, brauchen andere Antworten als die bisherigen, denen ein hohes Maß an Bequemlichkeit und Realitätsverweigerung eigen ist.

Und auch die kleinen Bauern brauchen andere Antworten. Denn schon jetzt sind die Förderungen oft größer als das Einkommen, das nach einem Jahr bleibt und es für sie mithin wirtschaftlicher gewesen wäre die Arme in den Schoss zu legen und dem Herrgott einen guten Tag sein zu lassen.

Geld allein reicht jedenfalls längst nicht mehr um ihnen wirksam zu helfen.  Und die Krokodilstränen schon gar nicht.

Gmeiner meint - Blick ins Land 8. Juni 2012

Mittwoch, 6. Juni 2012

Wir Super-Österreicher wir ...





Das Bild erregte Mitleid. Da schiebt der eine Popo-Wackler den anderen Popo-Wackler im Rollstuhl aus der Song-Contest-Arena im fernen Baku. Nix war‘s mit den großen Hoffnungen und Erwartungen, den europäischen Musikmarkt aufzurollen. Zerstoben und zerfetzt. Trotz aller großen Töne und obwohl das ganze Land darob in Aufregung geriet. Allerletzter Platz in der Qualifikation. Acht Punkte, so wenig wie sonst niemand. Dabei hat man sich für so gut gehalten.

Das Bild ist symptomatisch für Österreich, das sich so gerne als Weltmeister sieht. Dass doch die Hausmeister herrschen, muss man dann zähneknirschend zur Kenntnis nehmen. Nicht nur in Baku und nicht nur bei Sing-Wettbewerben zeigt sich, dass Österreich im internationalen Vergleich zusehends an Boden verliert, längst Opfer geworden der eigenen Selbstüberschätzung, die zuweilen skurrile Ausmaße annimmt. Längst hat man darüber in vielen Bereichen jedes Gefühl für die Realitäten und ihre Anforderungen und den Blick fürs Wesentliche verloren.

Im ständigen Streben, das Ego unbeschadet der Veränderungen in der Welt hochzuhalten, hat sich ein ganzes Land verstiegen. Da erbaut man sich an den Erfolgen von Skispringern und Skifahrern und pumpt das Selbstbewusstsein damit auf, da eine Weltmacht zu sein, und vergisst über der Begeisterung, dass diese Sportarten nur in ein paar Ländern der Welt bekannt sind. Da werden ein paar Mühlviertler Burschen zu Stars hochgejazzt, weil sie sich gegen eine Person, die sich Conchita Wurst nennt, durchsetzten. Und da heftet man sich an die Fersen von Schauspielern und Musikern, die - wie etwa der darüber alle andere als erbaute Oscar-Preisträger Christoph Waltz - in ihrem Leben irgendeinen Österreich-Konnex hatten und erklärt sie zu "unseren“.

Was bleibt auch übrig. "Wir saufen ab im Mittelmaß“ stand dieser Tage in einer Tageszeitung zu lesen. Treffender kann man es nicht formulieren. Österreich kann es nicht anders. Da wurde doch in der Vorwoche glatt mit großer Attitüde gefeiert, dass die Linzer Uni in einem Ranking unter den "Jung-Universitäten“ weltweit Vierzigsterirgendetwas geworden ist. Ganz abgesehen davon, dass ein derartiger Rang nichts ist, worauf man stolz sein sollte, sondern als Tritt in den Hintern begriffen werden soll - welche Bedeutung, bitte, haben "Jung-Universitäten“?

Österreich ist voll von solchen Einschätzungen, mit denen man sich zufrieden gibt und mit dem viele ihr Tun rechtfertigen. Die Folgen davon zeigen dann andere Rankings. Und die verwundern nicht. In Sachen internationaler Wettbewerbsfähigkeit etwa ist Österreich im Vorjahr wieder ein Stück zurückgefallen. Das bescheinigte uns das Schweizer Managementinstitut IMD in seinem in der Vorwoche veröffentlichen "World Competitiveness Yearbook“. Nach Rang 14 im Jahr 2010 ging es über Rang 18 in 2011 rasant hinunter auf Rang 21 im Vorjahr. Das angeschlagene Irland, nur um die Dinge einordnen zu können, wurde mit Rang zwanzig vor Österreich gereiht. Die Effizienz der Verwaltung drückt das Land nach unten. Und in Sachen Steuerpolitik findet sich unsere kleine Alpenrepublik gar erst auf Rang 56 und zählt damit zu den letzten fünf. Der Grund dafür: Der Staat nimmt sich die Freiheit, mehr als die Hälfte dessen, was Herr und Frau Österreicher erwirtschaften, selbst wieder auszugeben. Dennoch, und das ist bezeichnend für die grassierende Betriebsblindheit in unserem Land, glauben viele weiter an der Steuerschraube drehen zu müssen.

Und, als ob das nicht genug wäre, wird auch vor einer drohenden Abwanderung der Forschungs- und Entwicklungszentren gewarnt. Diese Einschätzung passt just zum Aufschrei des Rates für Forschung und Technologieentwicklung. In der Performance des Innovationssystems liege Österreich im Vergleich relativ weit hinter den führenden Innovationsländern, heißt es da. Aus dem seinerzeitigen Aufholprozess sei längst ein Rückfallprozess geworden, will man sich kein Blatt mehr vor den Mund nehmen.

Viel zu wenige tun das in diesem Land. Mittelmäßigkeit ist das oberste Ziel, Durchschnitt ist zur Kultur geworden, Selbstüberschätzung zur Droge fürs Ego. Ganz oben genauso wie ganz unten. In der hohen Politik wie an der Supermarktkassa. Wer sich bewegt, verliert. Wer etwas will, wird vernadert.

Auch wenn sich viele darin suhlen - das Land leidet zunehmend daran. Und groß ist die Gefahr, nur mehr als Passagier in einem Rollstuhl durch die internationale politische und wirtschaftliche Arena geschoben zu werden - so ähnlich wie die beiden Popowackler, die meinten, sie seien die Größten.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 6. Juni 2012

Freitag, 1. Juni 2012

Allerorten falsche Ziele




Jeder fünfte Bauer sperrte in den vergangenen elf Jahren zu. Jeden Tag zwölf Bauernhöfe, jeden Tag ein kleines Dorf. Wundern darf man sich nicht. Der Druck auf den Märkten ist groß. Es geht um möglichst niedrige Preise bei möglichst hoher Qualität. Die Konsumenten wollen, angestiftet vom Handel und Konsumentenschützern, nicht viel zahlen. Ist es woanders billiger, greifen sie dort zu. Dazu die Auflagen und Kontrollen. Mit ein paar Hektar und ein paar Tieren geht das nicht.

Vor diesem Hintergrund läuft der Strukturwandel in der heimischen Landwirtschaft trotz des von den Bauern als sehr hoch empfundenen Tempos noch viel zu langsam. Österreichs Landwirtschaft zählt nach wie vor in Sachen Konkurrrenzfähigkeit zu den Nachzüglern in Europa.

Das offensiv zu diskutieren, gar mit eigenen Vorschlägen, das zu ändern, auf den politischen Plan zu treten, wagt niemand. Alle, die in der Landwirtschaft etwas zu sagen haben, haben sich der Erhaltung dieser Struktur verschrieben. Dabei erweisen sich die Möglichkeiten und Mittel, das zu tun, zunehmend als begrenzt und zu kostspielig.

Wenn, wie schon jetzt oft, die Förderungen höher sind als das Einkommen, das am Ende des Jahres einem Bauern unter dem Strich bleibt, muss man fragen, wie man vor allem kleinen Bauern wirklich helfen kann, ohne sie zu Landschaftsbeamten zu machen.

Die Antwort darauf steht aus. Genauso wie die Antwort darauf, wohin man mit den Bauern will.

Salzburger Nachrichten, Kommentar - Wirtschaft 1. Juni 2012

Jeder fünfte Bauer sperrte zu





Österreichs Landwirtschaft befindet sich in tief greifender Veränderung.

Wien (SN-gm). Die jüngste Agrarstrukturerhebung der Statistik Austria macht amtlich, wovor die Agrarier seit Jahren zu warnen versuchen. Viele Bauern kommen mit den niedrigen und unsicheren Preisen für ihre Produkte, den wachsenden Kosten, dem Marktdruck und den immer neuen Produktionsauflagen und bürokratischen Vorschriften nicht mehr zurande. Weil sich aller Voraussicht nach daran so rasch nichts Grundlegendes ändern wird, sperrte zwischen 1999 und 2010 jeder fünfte Bauer in Österreich Stall- und Hoftür für immer zu.

„Vor allem Betriebe mit weniger als fünf Hektar gaben in den vergangenen zehn Jahren auf“, sagt Konrad Pesendorfer, Generaldirektor der Statistik Austria. „Mit 47 Prozent gab es in dieser Größenkategorie den stärksten Rückgang.“

Im Vergleich der Bundesländer weist das Burgenland mit 39 Prozent das größte Minus auf. Dahinter folgen Wien und Niederösterreich mit minus 23,8 Prozent und die Steiermark. Deutlich geringer war der Rückgang in den westlichen Bundesländern. Am geringsten war er in Salzburg. Dort sank die Zahl der Bauern in den vergangenen zehn Jahren nur um neun Prozent auf knapp 9800. Pesendorfer bringt das mit dem hohen Anteil an Biobauern zusammen. „Mit 40 Prozent liegt der Anteil der Biobauern in Salzburg weit über dem Schnitt.“

Insgesamt ging die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe zwischen 1999 und 2010 in Österreich um 20,3 Prozent auf 173.300 zurück. Gegenüber 1995, dem Jahr des EU-Beitritts, beträgt der Rückgang sogar 27,5 Prozent. „Seit 2003 hat sich der Rückgang allerdings verlangsamt“, sagt Pesendorfer.

Im Zuge dieser Entwicklung gingen in den vergangenen 15 Jahren in der Land- und Forstwirtschaft 29 Prozent der Arbeitsplätze verloren. Heute sind die Bauernhöfe Arbeitsplatz für knapp 421.000 Menschen.

Diese Entwicklung hat weitreichende Auswirkungen auf die Struktur der Landwirtschaft in Österreich. Die Flächen, die ein Landwirtschaftsbetrieb bewirtschaftet, wurden genauso größer wie die Tierbestände. Im Durchschnitt bewirtschaftet ein Bauer heute samt Wald 42,4 Hektar. 1999 waren es 32,5. Auf Acker- und Grünland entfallen davon 18,8 Hektar (15,3). Mit plus 38 Prozent gab es die stärksten Zuwächse in der Kategorie zwischen 50 und 100 Hektar (auf 11.700 Betriebe) und 100 bis 200 Hektar (plus 39 Prozent auf 5100 Betriebe). Dabei gewann die Zupacht stark an Bedeutung. Wurden in der Agrarstrukturerhebung 1999 noch 811.000 Hektar als Zupachtfläche angegeben, so waren es elf Jahre später mit 1,04 Mill. Hektar um 25 Prozent mehr.

Besonders heftig war der Strukturwandel bei den Tierhaltern. Die Zahl der Schweinehalter ging binnen elf Jahren von 106.900 auf 38.000 zurück, die Zahl der Rinderhalter von 115.000 auf 72.000. Im Gegenzug erhöhten sich die durchschnittlichen Tierbestände bei Schweinen von 35 auf 85 und bei Rindern von 18 auf 27 Stück.

Von den Größenordnungen in den großen EU-Agrarländern sind die heimischen Bauern dennoch nach wie vor weit entfernt. In Deutschland, Frankreich und Tschechien sind Flächen und Tierbestände, die von den Bauern bewirtschaftet werden, um ein Vielfaches größer.

Salzburger Nachrichten Wirtschaft, 1. Juni 2012
 
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