Donnerstag, 13. Juni 2013

Österreich verändert sein Agrar-Gesicht




Weizen wird zum Beispiel zu Stärke für die Papierindustrie verarbeitet, aus Mais wird Zitronensäure

HANS GMEINER Pischelsdorf (SN). Der Nahrungsmittelkonzern Agrana hat mit seinem Standort Pischelsdorf bei Tulln samt Bioethanolanlage bisher nicht nur Freude gehabt. „Das wird in Zukunft anders“, zeigt sich Agrana-Chef Johann Marihart zuversichtlich. „Mit der neuen Weizenstärkeanlage wird das ein sehr produktiver Standort.“ Die Anlage, die gestern, Mittwoch, eröffnet wurde, verarbeitet 250.000 Tonnen Weizen zu Weizenstärke für die Papier- und Chemieindustrie, zu Weizengluten für Backwaren und Tierfutter und zu Weizenkleie für Rinderfutter. Etwas mehr als ein Viertel der Verarbeitungsmenge fällt als Rohstoffersatz für Bioethanol an. „Durch die enge Integration der Weizenstärkeanlage und der Bioethanolfabrik wird das eingesetzte Getreide zu 100 Prozent verwertet“, sagt Marihart.

Anlagen wie jene der Agrana in Pischelsdorf oder der Jungbunzlauer AG an der Grenze zu Tschechien, in der Mais zu Zitronensäure verarbeitet wird, machten Österreich in den vergangenen Jahren zur mitteleuropäischen Drehscheibe für die Verarbeitung von Agrarprodukten und brachten viele neue Arbeitsplätze.

Aus Österreich allein können die Anlagen längst nicht mit Rohstoffen bedient werden. „Bei uns kommen 50 Prozent aus Österreich, der Rest aus Tschechien, der Slowakei und aus Ungarn“, sagt Marihart, dessen Agrana insgesamt rund eine Million Tonnen Mais und Getreide verarbeitet. „Wir verwerten einen Teil der Überschüsse dieser Regionen.“

Vom Exportland, das die Überschüsse auf dem Weltmarkt unterbringen musste, wurde Österreich dadurch zum Getreideimportland. Die Selbstversorgungsrate sank auf weniger als 90 Prozent.

Auch bei Fleisch spielt Österreich nach dem Aufbau riesiger Verarbeitungskapazitäten eine zentrale Rolle in Mitteleuropa. Auf der einen Seite vervielfachten sich deshalb die Importe von Lebendtieren, auf der anderen Seite explodierten die Fleischexporte.

Den heimischen Bauern bringt diese neue Rolle Österreichs eine gewisse Absatzsicherheit, nicht aber mehr Geld. Die Preise, die sie erhalten, orientieren sich an den internationalen Märkten.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 13. Juni 2013

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