Donnerstag, 25. Juli 2013

Billige Seelen



Mitunter staunt man darüber, was die Post ins Haus bringt. Diesfalls war es ein Flugblatt der hiesigen Jungen Generation der Sozialdemokratischen Partei Österreichs. Aus den Erlösen eines so genannten "Quietschentenrennens" habe man den Ankauf von Spielgeräten für die Spielplätze der hiesigen Gemeinde unterstützt, "um aufzuzeigen, wie wichtig uns die Jugend in unserer Gemeinde ist". Und es soll offenbar nicht das letzte Mal gewesen sein. "Der SJ-Bezirksvorsitzende bekräftigte, auch für die Zukunft ganz besonderen Wert auf die Jugend zu legen." Das steht ihm als Chef einer Jugendorganisation zweifelsfrei auch gut an.

So weit, so gut. Denn viel bemerkenswerter war ohnehin die Rückseite des Flugblattes. Auf einer ganzen Seite wirbt da die Druckerei, die das Flugblatt gedruckt hat. Wäre auch nicht ungewöhnlich, wenn es nicht eine Online-Druckerei aus Deutschland wäre und wenn nicht der Auftraggeber die Sozialistische Jugend wäre.

"Drucksachen einfach online bestellen", wird da geworben. Und: "Unser Online-Shop ist übersichtlich, völlig unkompliziert und 24 Stunden geöffnet."

Dort drucken zu lassen sollte der Organisation, die so gerne forsch mehr Geld für den Schutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen im Land einfordert und Unternehmer gerne als Abzocker geißelt, peinlich sein.

Was mögen sich da die Beschäftigten der Druckerei im Nachbarort denken? Was deren Chef? Tagtäglich müssen sie mit dem leben, was just die Vertreter der Sozialistischen Jugend und ihre Freunde in Arbeiterkammer und Gewerkschaft in diesem Land in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten durchgesetzt haben. Mit einem abgeschotteten Arbeitsmarkt, mit rigiden Arbeitszeitregeln und Sicherheitsvorschriften, mit hohen Überstunden-und Nachtzuschlägen - von den Gebühren, Steuern und Abgaben und all dem anderen, was Arbeit in diesem Land so teuer macht, gar nicht zu reden. "Unkompliziert und 24 Stunden geöffnet" hat man in Österreich längst unmöglich gemacht. Auch für die, die es möchten.

Die tun sich schwer mit der billigen Konkurrenz im Internet, die mit all dem nicht zu kämpfen hat. Da geht ihnen schnell die Luft aus, da wissen sie, dass sie den Kürzeren ziehen, wenn sie ein Angebot legen müssen. Ein paar Cent oder Euro mehr, die sie verlangen müssen, um all das bezahlen zu können, was ihnen hierzulande abverlangt wird - und sie sind weg vom Fenster.

Nicht nur die Druckereien. Das gilt auch für alle anderen Branchen. Für manche mehr, für manche weniger. Hierzulande ist es Sport und Kultur geworden, für ein paar Cent auf oder ab die Seele zu verkaufen. Da lassen nicht nur gestandene Sozialisten schon bei Petitessen wie Flugblattbestellungen Druckereien über die Klinge springen und ihre Grundsätze Grundsätze sein. Was kümmern uns die forschen Parolen aus unserer letzten Aussendung? Da straft die Hausfrau wegen ein paar Cent auf oder ab den örtlichen Fleischhauer oder den Nahversorger ab und kauft im zwanzig Kilometer entfernten Einkaufszentrum. Da pressen die Handelsketten den Lieferanten ein paar Cent ab, obwohl es weder ihnen noch den Konsumenten wirklich drauf ankommt. Da bestellt man im Internet, weil es um einen Deut billiger ist. Und da straft man den Gewerbetreibenden in der Nachbarschaft mit Missachtung, wenn man etwas woanders auch nur ein bisschen günstiger kriegt. "Ein Schnäppchen, sie wissen, da musste man zuschlagen."

"Geiz ist geil" hat vor Jahren eine Handelskette kurz und bündig die neue "Religion" formuliert. Von dem, was dabei drauf und verloren geht, redet niemand. Nicht einmal dann, wenn man dabei den eigenen Arbeitsplatz unterm Hintern verliert. Noch einmal billig, noch einmal günstig und noch einmal ein Schnäppchen, scheint vielen allemal mehr wert zu sein. Nachdenken gilt nicht. Nicht nur für die Sozialistische Jugend der hiesigen Gemeinde.

Dabei wäre gerade das so dringend nötig. Wie heißt es doch auf der Homepage der unglückseligen SJ "Es liegt an uns! Von selbst werden weder überfüllte Schulklassen noch Arbeitslosigkeit und schlechte Arbeitsbedingungen verschwinden."

Da ist den Jung-Roten nur recht zu geben. Fragt sich nur, warum sie sich nicht dran halten. Zumal, wenn sie "für die Zukunft ganz besonderen Wert auf die Jugend legen". Wenn man gleich wegen ein paar Cent ins Ausland rennt, wird just die wohl in diesem Land keine große Zukunft haben.

Da quietscht selbst die Ente.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 25. Juli 2013

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