Samstag, 28. September 2013

Der Affe braucht Futter


 
Es war schrill, es war aufregend, es war aufgeregt. Und es war typisch. Die Bienen und alles, was rund um deren Fortkommen Anfang des Sommers abging, setzte einer Entwicklung, die sich seit Jahren stetig via Politik und Medien aufschaukelte, einen neuen Höhepunkt, der freilich wohl nur vorläufig sein wird. Der Wahnsinn, das ist unschwer vorauszusehen, wird weitergehen. In immer neue Höhen, in immer neuen Volten und mit immer weitreichenden Folgen. Und mit immer mehr Opfern.

Der Grund dafür ist kein anderer, als der, den man von den Zoos dieser Welt kennt - der Affe braucht Futter. Die Zeitungen, zumal die Krawallblätter vom Boulevard, brauchen Stoff, die Politiker, zumal solche, die in der Politik wenig zu sagen, brauchen Schlagzeilen und die NGO, die solche Spektakel gerne befeuern, brauchen Erfolge, um zu Geld zu kommen. Immer schneller, immer öfter.

Das Tempo, in dem sich heute Informationen verbreiten, die Kanäle, die zur Verfügung stehen und der Umgang damit wirken, wenn das Umfeld nur passt, wie Brandbeschleuniger. Zeit und Raum für Sachlichkeit, Abwägung und Rücksichtnahme bleiben keine mehr. Immer schneller können Stimmungen erzeugt werden, die einem Tsunami gleich alles und jedes wegfegen, das sich ihnen entgegenstellt oder das ihnen entgegen gehalten wird.

Ein ganzes Land wird im Nu zur Bühne für Wichtigtuer, für Scharlatane, für Gambler und für Zündler. Da redet der unbeleckte Morgenradio-Moderator mit und der Wetterfrosch vom Fernsehen, da wird die Jetti-Tant als Expertin vors Mikro geholt und rottet man sich via Facebook und Twitter zusammen, schafft sich so seine eigenen Bühnen und stellt im Handumdrehen zigtausende Unterschriften auf.

Schlimm genug.

Schlimmer aber ist, dass sich die, die es in der Hand hätten und deren Aufgabe es auch wäre, kraft ihrer Autorität den ganzen Furor einzubremsen, oft selbst allzu gerne produzieren. Da trägt die Parlamentspräsidentin plötzlich inmitten der Bienen-Diskussionen ein schwarz-gelbes Kostüm, da heizen Politiker in hohen Positionen nach, statt zu versachlichen und da dekoriert der Konsumentenschutz seine Auslagenfenster mit Bienen-Kostümen.

Nicht minder schlimm ist das bräsige, selbstzufriedene und abgehobene Schweigen der Experten in ihren wissenschaftlichen Elfenbeintürmen und die Feigheit der Unternehmen, um deren Produkte es geht, Stellung zu beziehen.

Dieses akkordierte hochjazzen von Themen ist dabei, zu einer Gefahr nicht nur für einzelne Gruppen der Gesellschaft zu werden, sondern auch an den Grundfesten der Demokratie zu rütteln. Zumal dann, wenn die Politik so schwach aufgestellt ist, wie die in Österreich und bei der die Neigung hoch ist, dem Druck der Straße um ein paar billiger Imagepunkte willen nachzugeben.

Dieses aufgeregte Getue, ohne das heute kaum mehr einer auszukommen glaubt, steht jedem Ausgleich und vielen sachlichen und wirksamen Lösungen entgegen. Fakten zählen nicht, und die Interessen und Bedürfnisse Betroffener auch nicht. Da fährt die riesige Selbstgerechtigkeits-Dampfwalze drüber.

Die Landwirtschaft ist besonders häufig betroffen davon. Man sollte aber vor allem darüber nachdenken, warum das ausgerechnet bei diesem Wirtschaftszweig so ist. Bisher verweigert man sich dem sehr viel lieber, als sich damit auseinander zu setzen. Man ergeht sich aufgeregt in Empörung. Genau betrachtet ist die freilich nicht viel anders, als die, über die man sich alteriert. 

Bleibt die Frage, was die besser und anders machen, weil sie die Öffentlichkeit hinter sich haben - die Bauern in vielen Themen aber nicht. 


"Der österreichische Journalist" - Special Agrar
Nr. 08-09/2013 vom 28.09.2013

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