Donnerstag, 23. Januar 2014

Gesellschaft: Pflanzenschutz als politischer Spielball


Der Streit um die Bienen im Vorjahr war bisheriger Kulminationspunkt der Auseinandersetzungen, die die Landwirtschaft immer öfter mit der Gesellschaft zuführen hat.
Es war nicht zum ersten Mal, und es war nicht wirklich überraschend.

Die NGO, der Handel, die Medien, aber auch Interessenvertretungen, wie die AK übernahmen in den vergangenen Jahren das Ruder, erzeugen Stimmungen und prägen stark das Bild von der Landwirtschaft. Sie bestimmen inzwischen über weite Strecken, was die Landwirtschaft zu machen hat und was nicht, und was gut ist und was nicht. Ihr Bewusstsein nährt sich nicht aus Verantwortung für die Bauern oder die konventionelle Landwirtschaft, sondern aus anderen Quellen. Wirtschaftliche Interessen, politische Interessen, Umweltinteressen, Träumereien auch.
Im Verein mit Handel, Medien und politischer Organisationen ist es gelungen, das Vertrauen und die Sympathie der Bevölkerung zu gewinnen.
Die Landwirtschaft nahm diese Entwicklung viel zu lange zu wenig ernst und hatte viel zu oft keine Antworten auf Fragen die immer drängender gestellt wurden. Dabei hat man Glaubwürdigkeit eingebüßt und den Kontakt zu wichtigen Teilen dessen, was die öffentliche Meinung bestimmt, verloren.
Im Stich gelassen wurde die Landwirtschaft aber auch von den Wirtschaftszweigen, die von ihr leben. Jede Öffentlichkeitsarbeit und argumentative Unterstützung der Landwirtschaft wurde nachgerade verweigert. Namentlich die Pflanzenschutzmittel- aber auch die Düngemittelerzeuger, also die Chemieindustrie, und auch die Saatgutwirtschaft ließen in den vergangenen Jahren die Landwirtschaft im Regen stehen und erwiesen sich als alles andere als der Partner, der zu sein sie sich sonst so gerne loben.
Dabei hat sich die Situation in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten grundlegend verändert. Als gesünderes Essen gilt, zumindest in unseren Breiten, längst nicht mehr chemie-behandeltes Essen, bei dem alle Unsicherheiten ausgeschaltet sind. Als gesünderes Essen gilt das ohne Chemie erzeugte.
Es ist nie gelungen - und man hat es auch viel zu wenig versucht und längst aufgeben - die Vorteile eines chemischen Schutzes etwa im Hinblick auch die Ernährungssicherheit aber auch die Versorgungssicherheit bewusst zu machen.
Zum Vertrauensverlust trug wohl auch bei, dass es in der landwirtschaftlichen Produktion erwiesenermaßen Strategien gibt, die ohne Chemie auskommen und trotzdem sehr viel zu leisten vermögen, die preislich in vielen Bereich konkurrenzfähig sind, aber den Vorteil bieten, ohne Chemie erzeugt worden zu sein.
Da hat sich sehr viel getan, das wird von den Menschen geschätzt.
Darauf muss die Landwirtschaft - von der Politik, über die Bauern bis hin zur Industrie - reagieren.
Landwirtschaft muss sich um eine neue Argumentation bemühen, zumal die konventionelle Landwirtschaft. Da geschieht seit Jahrzehnten nichts. Die Argumente sind dünn, und sie müssen vertieft werden. Es braucht einen Argumentationskatalog, es braucht Selbstbewusstsein und es braucht Fakten aber auch Geschichten.
Für die Landwirtschaft, respektive für die konventionelle Landwirtschaft geht es darum, das Vertrauen der Konsumenten und damit der Gesellschaft zurückzugewinnen. Man muss die richtige Sprache finden. Und man muss das Herz und den Bauch der Konsumenten, der Gesellschaft treffen. Davon hängt die Zukunft ab, davon hängt vor allem der Spielraum ab, den man in Zukunft hat und den man für den Erhalt der Konkurrenzfähigkeit braucht.
Das alles gelingt derzeit den NGO, dem Handel und den anderen Organisationen wesentlich besser.
Von der PSM-Industrie ist einzufordern, dass sie das, was die gerne als Partnerschaft mit der Landwirtschaft beweihräuchert, auch tatsächlich lebt, dass sie sich ordentliche Argumente zurecht legt, dass sie vom hohen Ross heruntersteigt und glaubhafte Fakten liefern.
Die Bauern haben ein Recht da rauf - für wie hartnäckig, unfair und ahnungslos man die Gegenseite auch halten mag.
Und natürlich sind auch an Gesellschaft, Medien, NGO und Handel Forderungen zu stellen. Es ist eine Grenze erreicht, ab der auch jene, die diese Klima maßgeblich beeinflussen, zur Verantwortung zu ziehen sind, und wo Sachlichkeit einzufordern ist.
Die Zeit dafür ist kurz, der Druck ist groß. Und die Anforderungen auch. Denn die nächste Probe steht offenbar unmittelbar vor der Tür - die Diskussion um Glyphosate.
 
Kurzfassung des Vortrags bei der Wintertagung des Ökosozialen Forums - Ackerbautag Hollabrunn, 21. Jänner 2014 

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