Donnerstag, 2. Januar 2014

Zwischen Weihrauch und Speed


 

Ein neuer Landwirtschaftsminister kam übers Land. Der Schwur auf das heilige Herz Jesu Christi, die forsche Ankündigung einzig vor dem Herrgott Angst zu haben, die nicht enden wollende Betonung des Tirolerischen und seiner Werte und die Interpretation des Wortes Schützenhilfe für die Bauern in dessen ureigenster Bedeutung - als Hilfe unter Beiziehung der Schützen.

Um Andrä Rupprechter, den neuen Landwirtschaftsminister gab es in den vergangenen Wochen kein Herumkommen. Ein Mann in allen Gassen und Schlagzeilen, ein Mann, der Staunen machte und verstörte, mitunter ein Mann zum Fremdschämen. Ein Minister wie auf Droge, einer zwischen Weihrauch und Speed. Zuweilen wie fremdgesteuert und abgehoben und von einem Selbstbewusstsein, das im vermeintlichen Streben nach Sympathie keine Plattheit ausließ und sei sie auch noch so peinlich - vom ungefragten Bekenntnis Rosenkranz zu beten und gerne in Kirchen Einkehr zu halten, bis zu einem koketten "Ich bin ein Grüner der ersten Stunde und war Aubesetzer". Selbst die Mutter zu verkaufen, hatte er keine Scheu: "Sie beichtete, weil sie Kreisky wählte", ließ er die Gazetten wissen.

Das Staunen wurde langsam zu Entsetzen. "Wahnsinn, ich habe die Nase derartig voll von Politikern wie Rupprechter. Hauptmerkmale nach Eigendefinition: katholisch, Tiroler", twitterte einer von denen, denen das schon nach ein paar Tagen zuviel wurde.

"Der Kdolsky der neuen Regierung", ätzten Kommentatoren. "Der Herz-Jesu-Schrittmacher", hieß es. Ratlosigkeit machte sich breit. "Warum macht der Mann das?", begann man selbst in Kreisen zu rätseln, die Rupprechter lange kennen.  Dort hatte man anderes von ihm erwartet. "Schwur hin oder her - Rupprechter ist als echter Fachmann mit langer EU-Erfahrung die beste Neuerung dieser Regierung", wurde da ebenfalls auf Twitter formuliert.

Das freilich muss Rupprechter erst beweisen. Die Aussagen zur Agrarpolitik und zum Regierungsprogramm waren bisher mager. Der Protestbrief an die ungarische Regierung wegen der drohenden Enteignung österreichischer Grundbesitzer, seine erste Amtshandlung im eigentlichen Sinn, steht eher im Geruch eine Gefälligkeit für eine kleine Lobby zu sein. Und dass die flugs einberufene Almen-Task-Force mehr ist als ein neuer Namen für die Soko-Alm, muss sich auch erst zeigen. 

Dass Rupprechter mehr und neues kann, zeigte allenfalls sein Plan, künftig den jeweiligen Vorsitzenden der Agrarlandesräte nach Brüssel mitzunehmen. Nicht umsonst machte er wohl in Brüssel eine staunenswerte Karriere. Er hat zweifelsfrei das Zeug zu einem guten Landwirtschaftsminister und ist für die neue Aufgabe bestens prädestiniert. Daher haben Österreichs Bauern ein Recht darauf, von seinem Können, seinem Wissen und seinen Beziehungen zu profitieren. Seine Gott- und Tirolgefälligkeit hingegen wird ihnen wenig weiterhelfen. Vor allem dann nicht, wenn sie, wie in den vergangenen Wochen, als nichts, denn als eitle Selbstgefälligkeit daherkommt.

Die haben dann nämlich nicht nur jene Leute im heimischen Agrar-Apparat zu fürchten, mit denen Rupprechter noch alte Rechnungen offen hat. Sie waren seinerzeit erleichtert, als der nicht überall beliebte Sektionschef das ihm zu eng gewordene Österreich in Richtung Brüssel verließ und sind nun alles andere als froh, dass er als mächtiger Landwirtschaftminister wiederkehrt. Zu fürchten hätten diese Selbstgefälligkeit wohl auch die Bauern und mit ihnen die österreichische Landwirtschaft, könnte sie doch im Handumdrehen die politische Durchsetzungskraft des Ministers torpedieren.

Gmeiner meint - Blick ins Land, 2. Jänner 2014

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