Donnerstag, 20. März 2014

Ziel unerfüllter Wünsche



Neos in allen Ecken und aus allen Richtungen. Nach dem Wahlerfolg in Salzburg gilt die pinke Partei, die es schon im Herbst auf Anhieb in den Nationalrat schaffte, endgültig als Shooting-Star der heimischen Politszene. Die Zeitungen gehen über vor Analysen, Umfragen weisen den Polit-Neulingen aus dem schwarz-liberalen Umfeld ausgezeichnete Werte aus. Von einer mit abschätzigem Lächeln bewerteten Parteiinitiative sind die Neos rasch zu einem respektierten Player in der heimischen Innenpolitik geworden. Alles scheint in ihre Richtung zu laufen, nichts scheint sie stoppen zu können.

Für immer mehr Menschen vor allem aus dem konservativ-liberalen Lager sind die Neos Zielhafen ihrer oft jahre- und jahrzehntelang unerfüllten Wünsche an die Politik. Man traut ihnen zu, was man anderen Parteien, namentlich der Volkspartei, die sie jahrelang frustrierte und von der sie sich entfremdeten, nicht mehr zutrauen. Offenheit, Dialog, Wertschätzung, Verständnis für Umstände und Positionen, die sich nicht in das schwarz-weiß von miefigen Parteiprogrammen pressen lassen. Da fühlt man sich Leuten, wie dem hemdsärmeligen und zuweilen schrulligen Matthias Strolz allemal näher, als den so steifen wie glatten Krawattentypen etablierter Parteien, die als Gralshüter oft überholter Traditionen vorgeben, die Familien, die Bildung, die Wirtschaft und vieles retten zu können - was von immer mehr freilich als abseits der Wirklichkeit und der tatsächlichen Bedürfnisse in den Familien, in den Schulen und in den Unternehmen empfunden wird.

Strolz und seine Neos brauchen nichts zu tun, als diesen suchenden, verärgerten und enttäuschten Leuten Heimat zu bieten. Und genau das tun sie. Sehr erfolgreich.

Sie tun freilich um keinen Deut mehr. Nach fast zwei Jahren auf dem politischen Parkett sind die Neos immer noch damit beschäftigt, sich zu organisieren und aufzustellen. Von politischer Arbeit, von politischem Einfluss gar ist freilich weit und breit nichts zu sehen.

Die Neos können sich das leisten. Es wird von ihnen nichts anderes erwartet. Auch nicht von denen, die sich mitunter lautstark, kritisch und nörgelnd von ihrem bisherigen politischen Umfeld verabschiedeten. Bei den Neos legen sie andere Maßstäbe an. Und das macht es leicht, auf Wolke sieben zu schweben und dort gleich in der Politik mitzureden.

Wie lange das funktioniert, wird sich weisen. Weil die ÖVP derzeit nach allen Seiten ausrinnt, ist wohl davon auszugehen, dass es noch länger funktionieren wird. Ohne viel zu tun und ohne viel Arbeit. Denn um den Erfolg braucht man sich nicht selbst zu kümmern, für den sorgen andere.

Der Erfolg der Neos ist bezeichnend für den politischen Zustand des Landes. Die Leute sehnen sich nach etwas anderem, immer dringlicher. Man hat die Hilflosigkeit an der Staatsspitze satt, die Starrheit und die Ideenlosigkeit. Man kann mit den Parteiprogrammen nichts mehr anfangen und man will es auch nicht mehr. Die Ideologien, die dort festgeschrieben und hochgehalten werden, werden immer öfter als untauglich für Alltag und Leben und die gesellschaftlichen Strukturen am Beginn des 21. Jahrhunderts empfunden. Als nichts, denn als teurer und schwerfälliger Ballast, der der Zukunft entgegen steht.

Frank Stronach verstand es, diesen Missmut zu nutzen, eher er sich selbst mit hanebüchenen politische Anschauungen und bizarren Auftritten in der Öffentlichkeit abmontierte. Strache und seine FPÖ verstehen sich darauf. Und auch die Neos.

Fehler sind den Pinken bisher nicht unterlaufen. Nur böse Zungen fragen, wie denn auch? Sie stehen nirgendwo in einer Verantwortung, sie haben sich für nichts zu rechtfertigen und sie müssen für nichts gerade stehen. Die Nagelprobe steht ihnen noch bevor. Wann sie kommen wird ist ungewiss, dass sie kommen wird indes nicht.

Erst dann wird sich zeigen, was die junge Partei taugt, wie sich die vielen Querköpfe und Querdenker, die sich dort versammeln, auf einen gemeinsamen Nenner verständigen können und wie es ihnen gelingt, ihre Ideen auch umzusetzen. Und es wird sich zeigen, was all die, die jetzt Sympathie für die neue Partei zeigen, davon wirklich halten. Ob sie sich und ihre Vorstellungen wiederfinden werden, ob sie sich geschätzt und vertreten fühlen und ob sie Strolz und seinen Leuten glauben, was sie versprechen.

Diese Nagelprobe könnte freilich sehr bald kommen -wenn sich der Zulauf tatsächlich so entwickelt, wie Umfragen vorhersagen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 20. März 2014

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