Freitag, 2. Mai 2014

An der falschen Adresse




Mit der Forderung, dass der heimische Lebensmittelhandel in die Agrarförderung einbezogen werden und Prämien zahlen soll, waren dem publicitybewussten Landwirtschaftsminister die Schlagzeilen gewiss. So etwas kommt immer gut. Bei den Medien und bei den Bauern. Mehr aber auch nicht. Für den Handel war es ein Leichtes sich abzuputzen. Die Reaktionen waren vorhersehbar. Prämien zahle man ohnehin über die Preise kam es prompt aus den Vorstandesetagen der Handelskonzerne. Und damit hatte es sich.

Der Handel ist in der Tat, und das weiß auch der Minister, nicht die richtige Adresse für solche Forderungen, es sei denn, man versteht Politik ausschließlich als Drängen ins Scheinwerferlicht, und nicht als ernsthafte und verantwortungsvolle Arbeit für den Wirtschaftszweig und die dort arbeitenden Menschen.

Weil wir das nicht unterstellen wollen, verwundert es, dass die Gelegenheit nicht genutzt wurde mit einer Forderung an die Öffentlichkeit zu treten, die mehr Substanz hat. Die Forderung, die Fremdenverkehrswirtschaft stärker als bisher in die Förderung der Landwirtschaft einzubeziehen wäre etwa eine solche. Schließlich sind es die Bauern, die, wie es in Sonntagsreden so gerne heißt, die Bühne für die Fremdenverkehrswirtschaft gestalten und den Tisch decken. Und das ohne bislang von den Nutznießern in Hotellerie und Gastronomie und all den anderen Einrichtungen, die zur Fremdenverkehrswirtschaft gezählt werden, viel zu bekommen.

Das Gegenteil ist eher der Fall. Ziemlich unverfroren benutzt man dort die Landwirtschaft und ihre Leistungen, um Image zu machen. Und viel zu oft hat man dabei die Unverfrorenheit, den Gästen nicht einmal heimische Produkte aufzutischen, sondern ihnen unter den Kitschbildern von Almwiesen und Kühen und in verkitschten Zirbenstuben, die bäuerliche Welt darstellen sollen, importierte Industrieware auf den Tisch zu stellen - vom der importierten Kaffeesahne zum Frühstückskaffee bis zum Steak aus den Kühllagern der internationalen Fleischindustrie beim Abendessen.

Freilich, es gibt nicht wenige Bauern, die selbst vom Fremdenverkehr und seinen Einrichtungen profitieren. Der überwiegende Großteil der Bauern aber hat wenig davon, dass die Touristen wegen der schönen und von ihnen gepflegten Landschaft gerne nach Österreich kommen. Und das nicht nur in den Fremdenverkehrsgebieten, sondern im ganzen Land zu dessen Ruf sie mit ihrer Arbeit beitragen.

Die Fremdenverkehrswirtschaft ist der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Dass das so ist, ist ohne Landwirtschaft undenkbar. Darum sollte darüber geredet werden, wie und was dieser Wirtschaftszweig für die Entwicklung und Erhaltung der Landwirtschaft beitragen kann.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Ansätze dazu. Über Ankündigungen kamen sie freilich nie hinaus. Immer wieder verschwanden Forderungen und Vorschläge sehr schnell in den Schubladen. Auf politischer Ebene scheinen die Verbindungen zwischen Tourismus und Landwirtschaft dünn zu sein. Ausbaufähig sind sie jedenfalls. Bunte Plakate, üppige Prospekte und wortreiche Beteuerungen, wie sehr man einander schätze und für wie wichtig man einander halte, sind zu wenig. Es sollten Taten folgen und Nägel mit Köpfen gemacht werden. Und vielleicht sollten Prämien fließen. Gerade für den Landwirtschaftminister, der sich so gerne auf seine Tiroler Wurzeln beruft, könnte das eine lohnende Aufgabe sein.

Ganz abgesehen davon, dass sie ganz sicher auch Schlagzeilen bringen würde.  

Gmeiner meint - Bick ins Land, 1. Mai 2014

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