Freitag, 31. Januar 2014

Agrarpolitik - eine Altherrenpartie




Mit Andrä Rupprechter ist ein Tiroler Landwirtschaftsminister, mit Hermann Schultes ist bald ein Niederösterreicher Österreichs höchster Bauernkämmerer. Und mit dem kürzlich wiedergewählten Jakob Auer hält ein Oberösterreicher im Bauernbund die Zügel in der Hand. Österreichs Landwirtschaft hat sich binnen weniger Woche eine neue Führung verpasst, regional fein austariert und mit jeder Menge Erfahrung. Gestandene Politiker alle drei, die ihre Meriten verdient haben. Ausgebufft im verhandeln, gestählt in vielen Auseinandersetzungen und vertraut selbst mit den finstersten und undurchsichtigsten Winkeln der Agrarpolitik.

Man kann diese neue Konstellation an der Bauernspitze durchaus begrüßen, zumal in den alles andere als einfachen Zeiten für die Landwirtschaft, und nur alles Gute wünschen. Diese Konstellation kann aber kaum verbergen, dass die heimische Agrarpolitik ganz offensichtlich ein Nachwuchsproblem hat. Der 65-jährige Jakob Auer konnte sich ohne Diskussion, geschweige denn einen Gegenkandidaten, für weitere vier Jahre zum Bauernbund-Präsidenten wählen lassen. Und dass an der Kammerspitze der 60-jährige Schultes dem 65-jährigen Wlodkowski folgt ist auch nicht das, was man einen Generationswechsel nennen könnte.

"Wenn ich in China wäre, wäre ich in meinem Alter in der Jungen ÖVP", sagt Auer gerne, um allfälligen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Österreichs Agrarier klatschen und schmunzeln gerne dazu. Für sie scheint das ganz normal zu sein, handelten sie doch selbst Schultes bis zu seinem 60. Lebensjahr als "Nachwuchshoffnung", ehe sie ihn nun an die Kammerspitze aufrücken ließen.

Dass diese Konstellation so ist, wie sie ist, hat zum einen damit zu tun, dass Bauernfunktionäre ihren Job in der Regel als Lebensjob verstehen, der erst so richtig attraktiv wird, wenn sie daheim übergeben haben und die Enkelkinder die heimatliche Küche in Beschlag genommen haben. Da tut sich "Nachwuchs" - siehe Schultes, seinen oberösterreichischen Kollegen Reisecker (56) und manch anderen Agrarier - der ob des Wartens auf den Aufstieg grau und Großvater geworden ist, einfach schwer. Da braucht es einen langen Atem und viel Geduld, bis man an die Schalthebeln kann, um seine Vorstellungen von Agrarpolitik umzusetzen. Dass den immer weniger aufbringen, nimmt da nicht Wunder.

Diese Konstellation ist aber auch bezeichnend für die jüngere Funktionärskaste der heimischen Agrarpolitik. Sie hat damit zu tun, dass der nachfolgenden Generation der gesunde Zug zur Macht fehlt und oft auch die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Und oft fehlt es auch an den nötigen Ellbogen und am Willen, sich mit Haut und Haaren auf das Wagnis Agrarpolitik einzulassen. Viele von denen, die das Zeug hätten, meiden heute die Agrarpolitik. Und die meisten, die sich darauf einlassen, machen ihre Karrieren viel eher durch Parteigehorsam, brave Parteiarbeit und gefälliges Abstimmungsverhalten, als deswegen, weil sie durch besondere Konzepte oder Forderungen aufgefallen wären. Da ist nur wenig von eigenen Ideen zu spüren, von Sturm und Drang und davon, dass man neue Ideen hat und etwas durchsetzen will. Da scheint alles brav und bieder und ohne Esprit, der die heimische Landwirtschaft voranbringen könnte.

Ein Satz wie "Wir wollen eine Zukunftsdiskussion, die weh tut" wäre aus dieser Funktionärsgeneration längst überfällig. Gekommen ist er aber von Jakob Auer bei der Wiederwahl zum Bauernbundpräsidenten.

Solange das so ist, muss man froh sein, Leute wie Auer oder Schultes zu haben. So lange das so ist, und niemand nachdrängt, sollte man sich aber große Sorgen um die Zukunft der Agrarpolitik machen.
 
Gmeiner-meint - Blick ins Land 2/14 - 31. Jänner 2014 
 
 

Heumilch erobert den Markt



Trotz höherer Preise überdurchschnittliche Zuwächse – Großes Interesse der Bauern

Wien (SN-gm). Während der Großteil der heimischen Milcherzeuger der Freigabe des Markts im kommenden Frühjahr entgegenzittert, zeigen sich die Heumilch-Bauern gelassen. „Mit unserem Premiumprodukt können wir uns aus der Mengenrallye heraushalten“, ist der Straßwalchener Bauer und Obmann der vor zehn Jahren gegründeten Arbeitsgemeinschaft Heumilch, Karl Neuhofer, überzeugt. Er erwartet sogar, dass die Nachfrage weiter wachsen wird. „Wir haben mit Heumilch ein Juwel und betreiben Milchwirtschaft in seiner ursprünglichsten Form“, sagt Neuhofer. Gefüttert wird ganzjährig ausschließlich mit Heu. Als Ergänzung gibt es für die Mineralstoffversorgung lediglich Getreide.

Für die Heumilchbauern macht sich das Konzept bezahlt. Im Vorjahr lag der Zuschlag für konventionell erzeugte Heumilch bei vier Cent pro Kilogramm. Heuer erwartet man einen Anstieg auf fünf Cent. Für die Bioheumilch-Erzeuger gibt es inklusive des üblichen Biomilchzuschlags sogar bis zu 14 Cent zusätzlich pro Kilogramm Milch. Je nach Grundpreis, den die Molkerei zahlt, kann ein Bauer so auf einen Preis pro Kilogramm Milch jenseits der 60-Cent-Marke kommen.

Bisher hat man keine Probleme, die höheren Bauernpreise in den Preisen der Heumilchprodukte unterzubringen. Obwohl sie im Schnitt um zehn bis 15 Prozent teurer sind, wächst der Absatz der insgesamt 500 Heumilchprodukte stärker als der Gesamtmarkt der Milchprodukte. Bei Hartkäse, der wichtigsten Produktionssparte, gab es sogar ein Plus von 17,6 Prozent. Die Hälfte der Produkte, die von insgesamt 60 Verarbeitern erzeugt werden, geht in den Export.

Die 7890 Heumilch-Lieferanten lieferten im Vorjahr rund 425 Millionen Tonnen Milch. Das sind 15 Prozent der gesamten österreichischen Produktion. Bald könnten es mehr sein. „Weil der freie Milchmarkt niedrigere Preise bringen könnte, suchen viele eine Alternative“, sagt Neuhofer. „Zudem fallen mit dem neuen Umweltprogramm die regionalen Beschränkungen für die Erzeugung von Milch ohne Einsatz von Silagefutter.“

Der Geschäftsführer der Arge Heumilch, Andreas Geisler, hat längst die 500-Millionen-Kilogramm-Grenze ins Visier genommen. Heuer macht man die ersten Schritte in diese Richtung. Im Mühlviertel kommen im April 25 neue Lieferanten dazu. Gespräche gibt es auch mit Bauern in der Region um Schlierbach und in der Steiermark. Von Nachahmern wollen sich Neuhofer und Geisler ihre Ziele nicht torpedieren lassen. Bei der EU in Brüssel liegt längst ein Antrag zum Schutz der Bezeichnung Heumilch.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 31. Jänner 2014

Donnerstag, 30. Januar 2014

Biobauern wollen nicht in Nische zurück



Biolandwirtschaft ist in Österreich eine Erfolgsstory. Die Biobauern sehen sie von mehreren Seiten gefährdet.

HANS GMEINER Puchberg/Wels (SN). Österreichs Biobauern fürchten um ihre Entwicklungschancen. Zum einen haben sie Sorge, bei der Umsetzung der EU-Agrarreform in Österreich unter die Räder zu kommen. Zum anderen droht die geplante Neufassung der EU-Bio-Verordnung mit einer Verschärfung der Vorschriften vor allem in der Tierhaltung. „Wir sehen das als Bremse für die Weiterentwicklung an“, sagt Rudi Vierbauch, Obmann von Bio Austria. „Damit würde man Bio wieder in die Nische zurückdrängen.“

Geht es nach den Vorschlägen der EU-Kommission, sollen in Zukunft Ausnahmeregelungen bei Saatgut, in der Fütterung, in der Tierhaltung und beim Tierzukauf beschränkt werden. Mit ihrer Hilfe konnten bisher Engpässe und Notsituationen überwunden werden. „Wir wollen damit das Bio-Profil schärfen“, sagt die Kommission.

Zu den Ausnahmen gehört auch die Möglichkeit, Rinder in Beständen mit maximal 35 Tieren in Anbindehaltung zu halten. Geht es nach der EU-Kommission, soll das in Zukunft nicht mehr möglich sein. Vor allem für die Rinderhaltung im österreichischen Berggebiet hätte das weitreichende Folgen. Weil es die räumlichen und topografischen Möglichkeiten kaum anders zulassen, werden dort noch rund 50 Prozent der Tiere zumindest einen Teil des Jahres in herkömmlichen Anbindeställen gehalten.

Für die Biobauern sind solche Pläne genauso praxisfern und überzogen wie die Verschärfung der Maßnahmen, die in Österreichs Umweltprogramm diskutiert werden. „Da steigen die Bauern eher aus“, befürchtet Vierbauch, dass das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. „Statt uns in eine Nische abzuschieben, wollen wir, dass das neue Umweltprogramm und die EU-Bio-Verordnung so gestaltet werden, dass der Umstieg in Bio auch in Zukunft attraktiv bleibt.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 30. Jänner 2014

Quereinsteiger vor!



Die notorischen Alles-und Besserwisser waren in ihrem Element. Über Eugen Freund, bis zum Jahresende noch ORF-Star und seit Jahresbeginn SPÖ-Spitzenkandidat für die Europawahlen, fegte in den vergangenen Wochen das hinweg, was man neudeutsch Shitstorm nennt. Auf twitter und Facebook wurde kübelweise Häme über ihn ausgeschüttet, zahlreiche ehemalige ORF-Kollegen kühlten ihr Mütchen an ihm.

Nicht zu wissen, wie viel ein Arbeiter verdient, geht für einen sozialdemokratischen Politik-Frischling nicht. Und überhaupt - Quereinsteiger, das geht gar nicht. Schon gar nicht in der Politik. Da brauche es Profis, da brauche es Leute, die den Politbetrieb kennen und welche, die das Geschäft können, tönte es mit einem Mal allerorten.

Es waren nicht selten jene, die das forderten, die sich sonst mit der gleichen Inbrunst und der gleichen selbstbewussten Überzeugung über die Berufspolitiker auslassen. "Die haben ja keine Ahnung vom wirklichen Leben, haben nie gearbeitet und wissen nicht, wie es in der Arbeitswelt zugeht", mokiert man sich ansonsten gerne. "Die können ja die Nöte und Sorgen der Menschen überhaupt nicht kennen." Die Geschicke des Landes zu lenken müsse da klarerweise misslingen, wissen sie immer genau. "Solche weltfremden Leute können gar nicht anders, als das Land in den Abgrund zu führen."

Nun mag Eugen Freund - für ein endgültige Urteil ist es, trotz aller Fettnäpfchen in die er stieg, wohl noch viel zu früh -möglicherweise all diese Einschätzungen und Befürchtungen wirklich erfüllen. Grund dafür, keine Quereinsteiger in die Politik zu holen und sie schlecht zu machen, sollte er dennoch nicht sein.

Ganz im Gegenteil. Es ist zu fordern, viel mehr Quereinsteiger in die Politik zu holen und sie dazu zu bringen, politische Aufgaben zu übernehmen, ihre Erfahrungen einzubringen und sie mitreden zu lassen. Die Politik bräuchte sie ganz dringend. Doch das festgefahrene System, die Kultur, die politischen Parteien eigen ist und ihr Selbstverständnis lassen das nicht zu.

Da ist meist kein Platz für Leute, die sich nicht dem Parteigehorsam fügen, die mit dem eigenen Kopf denken und die mit der selbstbewussten und besserwisserischen Folklore, mit der sich alle Parteien umgeben, nicht zurechtkommen. Wer das nicht von der Pike auf kennt, wer, ohne die Ochsentour gemacht zu haben in die Politik will, schafft das kaum. Nirgendwo ist Politik so schwierig wie im Parteilokal ganz unten, wo einen kaum jemand erwartet und wo es viel eher darum geht, seine politische Eignung durch das Engagement beim Verteilen von Zetteln, Ostereiern oder Weihnachtspunsch unter Beweis zu stellen, als durch Ideen und Konzepte.

Wer das nie gemacht hat oder glaubt, darum herumkommen zu können, der hat kaum eine Chance, akzeptiert zu werden. Und der hat keine Chance, in der Partei, für die er sich engagieren will, Fuß zu fassen.

Für Prominente gilt das in ganz besonderem Maße. Aber auch Quereinsteiger, die sich bloß politisch engagieren wollen, weil sie das für ihre staatsbürgerliche Pflicht halten, stehen schnell vor solchen Problemen und der Frage, warum sie sich das antun sollen.

Die Parteiapparate sind dichte, homogene Strukturen, in die einzudringen fast unmöglich ist. Das zu versuchen verlangt eine gehörige Portion Sendungsbewusstsein. Man klagt zwar gerne darüber, wie schwierig es sei, Menschen für die politische Arbeit zu interessieren, man denkt aber nicht im geringsten daran, die Strukturen durchlässiger zu machen, um solchen Menschen Raum zu leben zu geben. "Mir san mir, und mir san richtig", ist die Devise, die man zum Programm macht - bei den Roten genauso wie den Schwarzen, den Blauen, den Grünen, den Pinken und in welchen Farben sie immer auch schillern. Da ist kaum Platz für eine differenzierte Sicht der Dinge. "Wir sind gut, und die anderen sind schlecht - und aus".

Schade ist das. Denn genau das bräuchte das Land. Mehr Differenzierung, mehr neue Ideen, mehr Engagement. Davon ist freilich nichts zu sehen. Legionen von Interessierten sind schon an diesen Realitäten gescheitert. Einfache Menschen, die meinten, sie wollen sich einbringen und nicht nur nörgeln. Wirtschaftstreibende, Lehrer, Bauern, Angestellte, Arbeiter und natürlich auch Prominente. Eugen Freund wird vielleicht der nächste sein - und im Nationalrat werden wohl weiter viele zu viele Parteibüttel sitzen und mehr als 50 Prozent der Abgeordneten Beamte sein.

Raiffeisenzeitung, 30. Jänner 2014

Donnerstag, 23. Januar 2014

Gesellschaft: Pflanzenschutz als politischer Spielball


Der Streit um die Bienen im Vorjahr war bisheriger Kulminationspunkt der Auseinandersetzungen, die die Landwirtschaft immer öfter mit der Gesellschaft zuführen hat.
Es war nicht zum ersten Mal, und es war nicht wirklich überraschend.

Die NGO, der Handel, die Medien, aber auch Interessenvertretungen, wie die AK übernahmen in den vergangenen Jahren das Ruder, erzeugen Stimmungen und prägen stark das Bild von der Landwirtschaft. Sie bestimmen inzwischen über weite Strecken, was die Landwirtschaft zu machen hat und was nicht, und was gut ist und was nicht. Ihr Bewusstsein nährt sich nicht aus Verantwortung für die Bauern oder die konventionelle Landwirtschaft, sondern aus anderen Quellen. Wirtschaftliche Interessen, politische Interessen, Umweltinteressen, Träumereien auch.
Im Verein mit Handel, Medien und politischer Organisationen ist es gelungen, das Vertrauen und die Sympathie der Bevölkerung zu gewinnen.
Die Landwirtschaft nahm diese Entwicklung viel zu lange zu wenig ernst und hatte viel zu oft keine Antworten auf Fragen die immer drängender gestellt wurden. Dabei hat man Glaubwürdigkeit eingebüßt und den Kontakt zu wichtigen Teilen dessen, was die öffentliche Meinung bestimmt, verloren.
Im Stich gelassen wurde die Landwirtschaft aber auch von den Wirtschaftszweigen, die von ihr leben. Jede Öffentlichkeitsarbeit und argumentative Unterstützung der Landwirtschaft wurde nachgerade verweigert. Namentlich die Pflanzenschutzmittel- aber auch die Düngemittelerzeuger, also die Chemieindustrie, und auch die Saatgutwirtschaft ließen in den vergangenen Jahren die Landwirtschaft im Regen stehen und erwiesen sich als alles andere als der Partner, der zu sein sie sich sonst so gerne loben.
Dabei hat sich die Situation in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten grundlegend verändert. Als gesünderes Essen gilt, zumindest in unseren Breiten, längst nicht mehr chemie-behandeltes Essen, bei dem alle Unsicherheiten ausgeschaltet sind. Als gesünderes Essen gilt das ohne Chemie erzeugte.
Es ist nie gelungen - und man hat es auch viel zu wenig versucht und längst aufgeben - die Vorteile eines chemischen Schutzes etwa im Hinblick auch die Ernährungssicherheit aber auch die Versorgungssicherheit bewusst zu machen.
Zum Vertrauensverlust trug wohl auch bei, dass es in der landwirtschaftlichen Produktion erwiesenermaßen Strategien gibt, die ohne Chemie auskommen und trotzdem sehr viel zu leisten vermögen, die preislich in vielen Bereich konkurrenzfähig sind, aber den Vorteil bieten, ohne Chemie erzeugt worden zu sein.
Da hat sich sehr viel getan, das wird von den Menschen geschätzt.
Darauf muss die Landwirtschaft - von der Politik, über die Bauern bis hin zur Industrie - reagieren.
Landwirtschaft muss sich um eine neue Argumentation bemühen, zumal die konventionelle Landwirtschaft. Da geschieht seit Jahrzehnten nichts. Die Argumente sind dünn, und sie müssen vertieft werden. Es braucht einen Argumentationskatalog, es braucht Selbstbewusstsein und es braucht Fakten aber auch Geschichten.
Für die Landwirtschaft, respektive für die konventionelle Landwirtschaft geht es darum, das Vertrauen der Konsumenten und damit der Gesellschaft zurückzugewinnen. Man muss die richtige Sprache finden. Und man muss das Herz und den Bauch der Konsumenten, der Gesellschaft treffen. Davon hängt die Zukunft ab, davon hängt vor allem der Spielraum ab, den man in Zukunft hat und den man für den Erhalt der Konkurrenzfähigkeit braucht.
Das alles gelingt derzeit den NGO, dem Handel und den anderen Organisationen wesentlich besser.
Von der PSM-Industrie ist einzufordern, dass sie das, was die gerne als Partnerschaft mit der Landwirtschaft beweihräuchert, auch tatsächlich lebt, dass sie sich ordentliche Argumente zurecht legt, dass sie vom hohen Ross heruntersteigt und glaubhafte Fakten liefern.
Die Bauern haben ein Recht da rauf - für wie hartnäckig, unfair und ahnungslos man die Gegenseite auch halten mag.
Und natürlich sind auch an Gesellschaft, Medien, NGO und Handel Forderungen zu stellen. Es ist eine Grenze erreicht, ab der auch jene, die diese Klima maßgeblich beeinflussen, zur Verantwortung zu ziehen sind, und wo Sachlichkeit einzufordern ist.
Die Zeit dafür ist kurz, der Druck ist groß. Und die Anforderungen auch. Denn die nächste Probe steht offenbar unmittelbar vor der Tür - die Diskussion um Glyphosate.
 
Kurzfassung des Vortrags bei der Wintertagung des Ökosozialen Forums - Ackerbautag Hollabrunn, 21. Jänner 2014 

Genug gebangt



Die Zukunft kann man sich schlechtreden. Man muss es aber nicht. Immer mehr Österreicherinnen und Österreicher denken offenbar so. "Die Optimisten sind wieder in der Mehrheit", melden die Zeitungen. Seit vier Jahren sei der Anteil der Menschen in Österreich, die mit Zuversicht in die Zukunft sehen, nicht mehr so hoch gewesen, ermittelte das Linzer Imas-Institut. 48 Prozent gegen 46 Prozent Pessimisten steht es. Das gab es schon lange nicht mehr. Vor allem Junge und höher Gebildete fürchten sich nicht mehr vor der Zukunft, sondern sehen ihr erwartungsvoll entgegen.

Sie sind nicht alleine. Nach Jahren der Krise und Ängste festigt sich der Optimismus nicht nur bei ihnen. Die internationalen Wirtschaftsprognosen überschlagen sich zuweilen, die Prognosen für die Aktienmärkte genauso. Die Zeiger stehen nach oben. Für alle Wirtschaftsregionen dieser Welt gibt es für heuer Wachstumsprognosen, frohlockt man. Eine seltene Konstellation, aber eine die Mut machen kann.

Wenn man diesen Mut denn zulässt respektive zulassen kann. Und vor allem wenn man versteht, diesen aufkeimenden Mut zu nutzen. Und genau das ist in Österreich zuweilen schwierig. Da braucht es einen dicken Schädel, eine große Portion Selbstbewusstsein und eine dicke Haut. Denn, jeder weiß es, hierzulande ist die Unterstützung für Zuversicht rasch enden wollend. Man weiß immer sehr viel eher, warum etwas nicht gehen kann, als warum etwas gehen soll. Man baut viel lieber Hindernisse auf, als sie zu beseitigen. Und man muss hierzulande in einem politischen Umfeld leben, das sich selbst durch allzu exzessive Ausgaben seiner Möglichkeiten beraubt und jeden Spielraum verspielt hat, so sie denn überhaupt Mut und Ideen hätte, diesen zu nutzen.

Letzteres wird ohnehin gerne in Zweifel gezogen. Und diese Zweifel werden immer wieder bestätigt. Das Schicksal der GmbH-Light, eine der eher seltenen guten Ideen, ist so ein Beispiel dafür. Diese Gesellschaftsform, die Mitte vergangenen Jahres eingeführt wurde, um jungen Unternehmen auf die Sprünge zu helfen, wird nun schon wieder eingemottet. Ein anderes Beispiel dafür ist die Abschaffung des Gewinnfreibetrags ab 30.000 Euro.

Aber das ist offenbar Österreich.

Da bleibt man lieber beim Raunzen. Darauf versteht man sich ohnehin nicht erst seit Qualtinger besser. Das "Geht nicht","Hamma nicht", "Brauchma nicht" haben hierzulande allzu viele im Blut. Es ist zur Hochkultur geworden und schallt von überall allen entgegen, die etwas Neues schaffen wollen, die neue Wege gehen wollen. Da suhlt man allemal lieber in der Angst um den Euro und der Furcht vor einer Wirtschaftskrise, da verteufelt man das gemeinsame Europa und steigert sich mit großer Verve hinein in eine nebulose Angst vor Immigranten.

Optimismus hat es da schwer. Und damit auch die Aussichten, die Stimmung auf den internationalen Märkten zu nutzen.

In Bankerkreisen kursiert, wann immer die Rede auf das vergangene Jahr kommt, der Satz: "Das Teuerste im Vorjahr war die Angst vor einem Rückschlag." Was man sagen will: Weil man sich in Angst erging, weil man zauderte, weil man sich fürchtete, statt zu agieren und die Möglichkeiten und die Entwicklung zu nutzen, hat man an den Börsen Riesengewinne liegen gelassen.

Parallelen zur Entwicklung des ganzen Landes drängen sich auf. Die Ängste und Sorgen, die mitunter vielmehr beschäftigungstherapeutischen Charakter als nachvollziehbare Gründe haben, verstellen viel zu oft den Blick auf die Wirklichkeit und die Möglichkeiten, die sie bietet. Chancen bleiben ungenutzt, Zeit wird verschwendet und Geld gleich mit dazu.

Es sind alle in diesem Land gefordert, sich aufzuraffen. Die ganz oben, die ganz unten und die dazwischen auch. Die gute alte Zeit hat's nie gegeben, und früher waren die Gefahren noch viel größer und sehr viel realer. Es ging uns kaum je so gut wie jetzt. Aber die Gesellschaft hat, alimentiert vom Anfang bis zum Ende, verlernt damit umzugehen und davon zu profitieren.

Sie sollte alle Kraft darein setzen, es wieder zu lernen. So, wie die Prognosen derzeit liegen, waren die Voraussetzungen selten so gut dafür. Dass das erstmals seit langem auch die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher so sieht, sollte Mut machen - jenen, die es noch nicht so sehen, und der Politik. Sie ist gefordert, den Mutigen und Zuversichtlichen den nötigen Spielraum zu verschaffen.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 23. Jänner 2014

Dienstag, 21. Januar 2014

Abkommen mit USA macht Bauern Sorgen



„Nicht alles, was in den USA erlaubt ist, ist in Europa erwünscht“, sagen die Bauern und warnen vor Qualitätsdumping.

HANS GMEINER Wien (SN). In der Landwirtschaft, aber auch bei den Konsumenten geht ein neues Gespenst um. TTIP ist das Kürzel dafür. Die Buchstaben stehen für „Transatlantic Trade and Investment Partnership“, für das geplante Freihandels- und Investitionsabkommen, an dem die USA und Europa seit dem Vorjahr arbeiten. Das Abkommen soll der Wirtschaft dies- und jenseits des Atlantiks einen kräftigen Schub und Millionen neue Arbeitsplätze bringen, verspricht die Politik. Von einem zusätzlichen jährlichen Wirtschaftswachstum von bis zu einem Prozent ist die Rede, das TTIP durch Zollerleichterungen und Anerkennung von Produktionsstandards allein der europäischen Wirtschaft bringen könnte.

Die Verhandlungen sind freilich von zunehmendem Widerstand sowohl in den USA als auch in Europa gekennzeichnet und vom NSA-Skandal überschattet.

Vor allem in der europäischen Landwirtschaft, die freilich nur ein Teil des Abkommens ist, will man sich nicht blenden lassen. Das ist der Tenor bei Veranstaltungen in ganz Europa, in denen sich die Agrarier, wie am Montag bei der Wintertagung des Ökosozialen Forums in Wien, mit dem Abkommen auseinandersetzen.

Man fürchtet, zu den Verlierern zu gehören, weil das Abkommen Produkten wie in Chlor konserviertem Geflügel, Hormonfleisch und GVO-Erzeugnissen Tür und Tor öffnen könnte. „Wir stehen für eine offene Marktwirtschaft, allerdings ist nicht alles, was in den USA erlaubt ist, in Europa erwünscht“, formulierte Montag der niederösterreichische Agrarlandesrat Stephan Pernkopf als Präsident des Ökosozialen Forums die Bedenken der europäischen Bauern und auch jene der Konsumenten. „Das Freihandelsabkommen darf kein Freibrief werden für Konsumentenverunsicherung und Qualitätsdumping.“

Das macht auch der EU-Abgeordneten Elisabeth Köstinger (ÖVP) Sorgen. „Da steht das Vorsorgeprinzip Europas, das Produkte erst nach eingehenden Kontrollen auf den Markt lässt, gegen den risikobasierten Ansatz der USA, die erst im Nachhinein reagieren, wenn Schäden schon passiert sind.“ In der Kritik sind sich die heimischen Politiker weitgehend einig mit Nichtregierungsorganisationen wie Attac. Die befürchten, dass das Abkommen der US-Agrarindustrie in Europa alle Schleusen öffnet, und kritisieren die mangelnde Transparenz der Verhandlungen.

Aller Kritik und Sorge zum Trotz ließ Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter keinen Zweifel daran, dass er das geplante Abkommen für sinnvoll hält. „Handel ist keine Einbahnstraße“, sagte er am Montag. Die Landwirtschaft sei aber ein besonders sensibler Bereich. „Wenn wir von den Produkten weiterhin hohe Standards verlangen, dann müssen wir damit sorgsam umgehen“, sagte der Minister. Als möglichen Weg schlug er die Erstellung einer Liste mit Produkten vor, für die Ausnahmen gelten, „darauf kann Rindfleisch und anderes sein“.

Beim EU-Chefverhandler für TTIP, Ignacio Garcia Bercero, der bei der Wintertagung die Position der EU darlegte, fand Rupprechter mit dem Vorschlag offene Ohren. Er will diese Liste allerdings kurz halten. Zu viele Ausnahmen würden das Abkommen konterkarieren. Der EU-Vertreter versuchte nach Kräften, die Ängste zu zerstreuen. „Die EU wird die bestehende Gesetzgebung nicht gefährden“, betonte er.

Das liegt auch in der Hand des Europäischen Parlaments und der EU-Mitgliedsstaaten. Sie müssen dem Abkommen zustimmen. Das wird aber noch dauern. Weil die EU-Wahlen anstehen und eine neue Kommission kommt, wird heuer kein Abschluss erwartet.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 21. Jänner 2014

Sonntag, 19. Januar 2014

Personalrochade an der Spitze der Bauernschaft



Berlin (SN-gm). Offiziell ist nun der Wechsel an der Spitze der Landwirtschaftskammer Österreich. Der niederösterreichische Kammerpräsident und ÖVP-Nationalratsabgeordnete Hermann Schultes (60) wird den Steirer Gerhard Wlodkowski (65) mit Ende Februar ablösen. Wlodkowski war 21 Jahre Chef der Kammer in Graz und zuletzt sechs Jahre Präsident der Österreich-Kammer. Schultes kam als Gründer des „Distelvereins“ vor Jahrzehnten als Agrarrebell in die Politik. Dass der Niederösterreicher, der sich als wortgewaltiger Sprecher der Landwirtschaft Ostösterreichs profilierte, aufrückt, wurde erst möglich, weil mit Andrä Rupprechter ein Tiroler Landwirtschaftsminister wurde und der Oberösterreicher Jakob Auer weitere vier Jahre Bauernbundpräsident bleiben dürfte.

Salzburger Nachrichten, Wirtschaft 19. Jänner 2014

Politik mit Bienen: Honig zum Frühstück



Landwirtschaftsminister will ein süßes Frühstück an den Schulen
 
berlin (SN-gm). Auf allen Ebenen versucht die Landwirtschaft auf der derzeit laufenden „Grünen Woche“ in Berlin, ihre Produkte noch besser zu vermarkten. In den Hallen auf dem Messegelände rund um den Funkturm präsentieren Lebensmittelhersteller und Bauernverbände aus der ganzen Welt Tausenden Besuchern die neuesten Produkte und Ideen. In den Konferenzräumen nebenan stellen Agrarpolitiker aus allen Ländern und Institutionen ihre Pläne vor, wie sie den Absatz landwirtschaftlicher Produkte vorantreiben wollen. So kündigte etwa EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos ein mit 200 Mill. Euro dotiertes Programm an, mit dem die weltweite Vermarktung europäischer Agrarprodukte unterstützt werden soll.

Auch Österreichs Agrarier wollen sich da nicht untätig zeigen. Bauernbundpräsident Jakob Auer will Produzenten, Verarbeiter und Vermarkter zu einem „Milch-Dialog“ rufen. Ziel sei es, die Folgen der anstehenden Liberalisierung des Milchmarkts zu bewältigen und sich daraus ergebende Chancen möglichst gut zu nutzen. Auch auf die Bienen und die Imker, die sich um sie kümmern, vergisst man nicht. Schließlich hatten die Bienen doch Ex-Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich schwer unter Druck gebracht. Nachfolger Andrä Rupprechter will mit finanzieller Hilfe aus Brüssel ein „Honigfrühstück“ an den Schulen einrichten. Vorbild ist die Schulmilchaktion. Schon vor einer Woche kündigte er ein Förderungsprogramm für Imker mit fünf Mill. Euro an.
 
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 18. Jänner 2014

Agrarexporte eilen von Rekord zu Rekord



Das Ziel heißt zehn Prozent Anteil an Gesamtexporten. Dafür muss aber mehr getan werden

HANS GMEINER Berlin (SN). Bei der „Grünen Woche“, der weltgrößten Messe für Ernährung und Landwirtschaft, präsentierte die AMA-Marketing gestern, Donnerstag, wie fast immer in den vergangenen Jahren, einen Exportrekord bei Agrarprodukten. Die Ausfuhren legten ersten Schätzungen zufolge 2013 gegenüber 2012 um weitere 4,5 Prozent auf rund 9,5 Mrd. Euro zu. Dem neuen Chef der AMA-Marketing, Michael Blass, ist das aber zu wenig. „Nach den Wirtschaftskrisenjahren ab 2008 ist jetzt der richtige Zeitpunkt, das Drehmoment, den das Exportgeschäft bietet, auf die Straße zu bringen.“

Blass will die Erfolgsstory der heimischen Lebensmittelausfuhren, die sich seit dem EU-Beitritt verfünffacht haben, fortsetzen. „Es gibt noch viel Luft nach oben“, sagt er. „Mittelfristig wollen wir den Anteil der Agrarexporte an den Gesamtexporten von derzeit acht auf zehn Prozent erhöhen.“

Im Zentrum seiner Pläne steht die Wiederbelebung der vom seinerzeitigen Landwirtschaftsminister Josef Pröll konzipierten „Exportinitiative 1-24“. „Das war eine der intelligentesten und smartesten Initiativen mit einer enormen Hebelwirkung.“ Mit der Politik als Türöffner und begleitet von AMA-Marketing und Wirtschaftskammer eroberte man mit geringem Kostenaufwand und effizienten Warenpräsentationen in wenigen Jahren Märkte wie Ungarn, Polen oder Russland. Vor zwei Jahren schlief die Initiative nach knapp zwanzig Auslandspräsentationen ein.

Nun setzt Blass auf den neuen Wind im Landwirtschaftsministerium. „Minister Rupprechter war seinerzeit als Sektionschef verantwortlich für die Umsetzung des Konzepts“, hofft er auf Verständnis und Unterstützung vom neuen Landwirtschaftsminister.

Blass sieht nicht nur in den osteuropäischen Ländern noch enorme Möglichkeiten für die heimischen Lebensmittelerzeuger. Auch die Türkei, asiatische Länder und Nordafrika nennt er als Ziele. Der neue Exportrekord bringt die Lebensmittelwirtschaft auch dem Ziel näher, die Handelsbilanz auszugleichen. Weil die Importe nur um 1,7 Prozent auf 10,5 Mrd. Euro wachsen dürften, wird sich das Defizit auf rund 800 Mill. Euro verringern.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 17. Jänner 2014

Donnerstag, 16. Januar 2014

48.000 Sparmöglichkeiten



Superflott hat die neue Regierung die ersten Steuererhöhungen beschlossen. Tabaksteuer, Sektsteuer, Nova. Da hatte noch nicht einmal jeder Minister seinen Sessel oder, wie die Familienministerin Sophie Karmasin, das richtige Türschild. Dass dort immer noch der Name Fekter prangte, tat dem Tempo keinen Abbruch. Die Regierung, respektive der Staatshaushalt, braucht Geld. Dringend, wie wir wissen. Und da sind neue Steuern, Wahlversprechen hin oder her, die einfachste Möglichkeit zu ein paar Cent zu kommen. Mehr sind die 780 Millionen Euro im Anblick des Gesamtbedarfs nicht. Und die knapp 500 Millionen Euro, die alle Ministerien vor allem bei Ermessenausgaben sparen wollen, auch nicht. Das sind gerade einmal 0,3 Prozent der Staatsausgaben, haben die Experten der wirtschaftsliberalen Agenda Austria errechnet.

Die notwendige Eile und die Chuzpe, ein zentrales Wahlversprechen im Nu über Bord zu werfen, hat auch damit zu tun, dass in keinem anderen Land Europas so viel Geld für Förderungen aufgewendet wird wie bei uns. Dass Österreich den in dieser Disziplin durchaus als fragwürdig einzustufenden Titel Europameister trägt, ist nun sogar amtlich. "Die Geldleistungen aller Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) zur Förderung von Unternehmen und Privatpersonen machten 2012 in Österreich insgesamt 80 Mrd. € oder 25,7 % des BIP aus", hält die Parlamentskorrespondenz penibel in einer Aussendung fest. "In Europa ist das ein Spitzenwert", fügt man an und nennt gleich auch die Vergleichszahlen. Demnach werden im europäischen Schnitt nur 19,4 Prozent des BIP für Förderungen verwendet, liegt der Durchschnitt im Euro-Raum bei 20,4 Prozent. Von Deutschland mit 18,4 Prozent ist man hierzulande himmelweit entfernt und selbst von Frankreich mit seinen 22,2 Prozent auch noch ein großes Stück.

Aber das passt zu einem Land, in dem sich Politik über das Ausschütten von Geldmitteln für die jeweilige Klientel definiert, in dem Anspruchsdenken mit der Muttermilch eingesaugt wird und in dem man nirgendwo daran denkt, einen eigenen Handgriff zu machen, ohne zuerst die Zusicherung von Fördergeldern in der Tasche zu haben. Das gilt für die Blasmusik genauso, wie für die Kulturinitiative, den Käufer eines Elektrofahrrades, den kleinen Bauern und den großen Konzern. Alle wollen nehmen. Und keiner will davon lassen. Und die meisten kriegen auch. 48.000 Förderungen gibt es in Österreich, hat der neue Finanzminister Spindelegger in einem seiner zahllosen Antrittsinterviews gesagt. Vom Bund, von den Ländern, von den Gemeinden.

48.000 Förderungen, das ist nicht wenig. 48.000 Förderungen, die von tausenden Beamten ausgetüftelt wurden, 48.000 Förderungen, die von tausenden anderen Beamten verwaltet werden müssen, 48.000 Förderungen, die von weiteren tausenden Beamten berechnet werden müssen, 48.000 Förderungen, die von abermals tausenden Beamten kontrolliert werden müssen. Und weil man längst den Überblick über all die 48.000 Förderungen verloren hat, arbeiten weitere tausende Beamte seit Jahren an etwas, was als Transparenzdatenbank Durchblick bringen soll.

So betrachtet ist es allein von da her müßig, sich über den heimischen Verwaltungsapparat und die Kosten, die er verschlingt, zu wundern. Und müßig, sich zu wundern ist auch, dass man längst den Überblick über all die Förderungen verloren hat. Kreuz und quer geht es längst, Doppel-und Dreifachförderungen sind gang und gäbe. Und ob die Förderungen dort ankommen, wo sie hin sollen, ist in vielen Fällen längst genauso anzweifeln, wie ihr Nutzen oft in Frage zu stellen ist. Viel zu oft gelangt das Geld nicht bei denen, die es wirklich brauchen, sondern zu denen, die am lautesten schreien und die sich am besten drauf verstehen, sich im Dschungel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zurecht zu finden.

"Das österreichische Fördersystem ist intransparent und nicht effizient genug", wird von Experten kritisiert. "Aufgebläht" gilt es dem Wirtschaftsforschungsinstitut und "intransparent". Und schlampig verwaltet noch dazu. "Allein durch wirksamere Kontrolle könnte eine Milliarde Euro eingespart werden", mutmaßen die Wirtschaftsforscher.

Aber das bräuchte dann wohl wieder tausende Beamte. Möglicherweise.

Es besteht freilich der Verdacht, dass die leichter aufzubringen wären, als endlich den Dschungel zu lichten - was dann freilich kontraproduktiv wäre und Österreichs zweifelhaften europäischen Spitzenplatz einzementieren würde.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 16. Jänner 2014

Dienstag, 14. Januar 2014

Rupprechter ganz pragmatisch



Klare Absage an Sonderwünsche – Neues Modell der Almvermessung ab 2015

Hans Gmeiner Wien (SN). „Das Regierungsabkommen ist umzusetzen.“ Das ist die Leitlinie, an der Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter seine Arbeit orientiert. Das freilich bedeutet eine klare Absage an eine Reihe von Wünschen von bäuerlichen Gruppierungen, die in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder lanciert wurden. So denkt Rupprechter nicht daran, auch in Zukunft die Höhe der Mutterkuhprämie wie bisher von der Zahl der gehaltenen Tiere abhängig zu machen. „Die Entkoppelung der Ausgleichzahlungen von der Produktion ist politisch vereinbart und daran wird nicht gerüttelt“, sagt er.

Mit der gleichen Begründung zerstreut er auch allfällige Hoffnungen, dass künftig die Flächenprämien für extensives Grünland wie Almen gleich hoch sein werden wie jene für intensiv bewirtschaftetes Grünland oder Ackerland. „Diese Prämie wird, wie politisch akkordiert, nur 25 Prozent davon ausmachen.“

Beide Punkte sind zentrale Themen bei der Umsetzung der EU-Agrarreform in Österreich. Dritter wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist die Ausarbeitung der Maßnahmen im Bereich der Ländlichen Entwicklung. Dazu gehören die Umweltprogramme genauso wie die Ausgleichszahlungen für Bergbauern und die Investitionsförderung. „Die Arbeiten laufen auch Hochtouren“, sagt der Landwirtschaftsminister. Spätestens im März will er die konkreten Vorschläge präsentieren und sie dann in Brüssel zu Genehmigung vorlegen. Bei der Gestaltung dieser Programme gehe es auch darum, Härten, die sich durch die bis 2019 geplante Angleichung der Hektarprämien ergeben, abzufedern. „Die Bauern in Westösterreich und in den Extensivgebieten profitieren davon“, sagt er, „aber wir werden die Verlierer nicht alleinlassen“.

Wie mit dem Regierungsabkommen hält er es auch mit den jüngsten Sparvorgaben aus dem Finanzministerium, die in seinen beiden Ressorts Einsparungen in der Höhe von 45 Mill. Euro vorsehen. Zu mehr Details, als dass er zwei Sektionen in seinem Haus auflösen will, will er sich nicht äußern. „Aber es ist klar, dass wir alle den Gürtel enger schnallen müssen“, sagt er.

In der Alm-Causa hält er an seinem Ziel fest, die Probleme „bis zur Ausaperung im Frühjahr“ gelöst zu haben. „Nicht alle, aber den Großteil“, fügt er hinzu, „ich bin ja nicht der Wunderwuzzi“. Mit konkreten Schuldzuweisungen hält sich Rupprechter zurück. „Aber da hat ein jeder der Beteiligten seinen Beitrag geleistet“, sagt er. Es sei ja nicht zu erklären, dass bei der Vermessung verschiedene Behörden unterschiedliche Ansätze gewählt haben. Klarheit sollen die Almbauern jedenfalls im Jahr 2015 haben. „Dann wird es ein neues Modell geben“, kündigt der neue Minister an.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 14. Jänner 2014

Donnerstag, 9. Januar 2014

Schlammbad Europa



Einen ersten Vorgeschmack gibt es schon auf das, was da schon wieder, kaum erholt von den Nationalratswahlen und all den Ränken darum, auf uns zukommt. In den vergangenen Wochen versuchte man nach Kräften mit der Öffnung des Arbeitsmarktes für Bulgaren und Rumänen politische Stimmung zu machen. Ende Mai stehen ja die Europa-Wahlen an, und da will man sich nichts vergeben. Das Schlammbad ist angerichtet. Schon jetzt kann man sicher sein, dass auch diese Wahlen, wiewohl, offiziell von den Parteien als untergeordnet eingestuft, zu einer Schlammschlacht werden.

Innenpolitisch sind die Wahlen zum Europäischen Parlament die erste Prüfung für die neue große Koalition und damit Anlass für heftige Auseinandersetzungen. Viele Wählerinnen und Wähler werden wohl die Gelegenheit nutzen, zu zeigen, was sie von der Arbeit Faymanns und Spindeleggers und ihrem Koalitionspakt halten. Und es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten um vorauszusagen, was wohl nicht wenige Wählerinnen und Wähler daran denken, die Mai-Wahlen zu nutzen, um den ausgefüllten Wahlzettel zu einem Denkzettel zu machen.

Auf europäischer Ebene bieten die Schuldenkrise, die Sorgen um den ohnehin wenig geliebten Euro und dem zögerlichen Vorankommen einer selbstständigen europäischen Politik, so man sie denn überhaupt für nötig hält, und zuweilen drollige bürokratische Vorschriften reichlich Angriffspunkte. Und dass mit Strasser und Ranner die Tätigkeit von zwei Europa-Politikern sogar gerichtsanhängig wurde, hob das Ansehen der europäischen Politik in Österreich auch nicht gerade.

Dass in Österreich die Zustimmung zum gemeinsamen Europa, zumal zu jenem in Form der Europäischen Union, ohnehin auf einer sehr fragilen Basis steht, tut wohl sein Übriges dazu, dass der Europa-Wahlkampf nicht eben erfreulich zu werden verspricht. Die Zustimmung zur EU geht seit Jahren zurück.

Europa steht nicht hoch im Kurs in diesen Land. Das Europa-Parlament und die Kommission werden als unpersönliche Bürokatie- und Abstimmungsmaschinen empfunden, die wenig mit der Realität des heimischen Alltags zu tun haben und die gemeinsame Ergebnisse allenfalls bei der Bemessung der Spülkästen in Toiletten vorweisen können, auf dem politischen Parkett aber denkbar schlechte Figur machen. Der Missmut ist nachvollziehbar. Die Bemühungen, das gemeinsame Europa voranzubringen, sind überschaubar und allzu oft erfolglos - in Österreich, in Brüssel und im Rest Europas auch.

Die europäische Integration kommt nur langsam voran. Dort wo gemeinsames Handeln und gemeinsame Politik notwendig und erwünscht sind, bleibt man schnell stecken. Je größer die Krise ist, desto stärker zeigen sich die Defizite. Ausgerechnet viele der Maßnahmen wie die Stärkung des Europäischen Parlaments, die mehr Demokratie und Transparenz bringen sollten, erwiesen sich oft als zu schwerfällig, um in der Krise zu reagieren.

Den handelnden Politikern blieb nichts anderes, als kurze Wege zu suchen, um die immer wieder aufdräuenden Katastrophen zu verhindern. Die ursprünglichen Absichten kehrten sich dadurch genau ins Gegenteil. Unter dem Druck der Zeit und der Fakten entscheiden heute viel zu oft ein paar wenige Politiker ohne viel demokratische Legitimation den Kurs Europas. Das zu ändern ist eine der wichtigen Aufgaben künftiger europäischer Politik. Und es ist nicht die einzige. Europa braucht wohl mehr Flexibilität um zu wachsen und sich zu festigen. Die Länder brauchen Freiräume, alleine, um auf Widerstände ihrer Bürger besser reagieren zu können.

Die Europäische Union muss sich bewegen und ihre Bürger zurückgewinnen. Vor allem gilt es, die Bürger in den alten EU-Ländern zurückzugewinnen. In den neuen Ländern von Polen bis Bulgarien, von Tschechien bis Lettland, ist das anders. Dort lebt Europa und die europäische Idee, dort ist die Stimmung so, wie man sie für ganz Europa wünschen würde. Und das nicht allein, weil Brüssel diese Länder mit viel Geld in die Gegenwart holte, sondern auch, weil man die Chancen sieht und spürt, die das gemeinsame Europa bieten kann.

In den alten EU-Ländern hingegen tut man das oft nicht mehr. Dass man dort auch vom Aufschwung der neuen Länder profitiert, gilt nicht viel. Auch nicht in Österreich, das vom Beitritt der neuen Länder profitierte wie kaum ein anderes Land.

Dabei kann Österreich darauf, genau betrachtet, nicht verzichten. Und auch nicht Europa.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 9. Jänner 2014

Donnerstag, 2. Januar 2014

Zwischen Weihrauch und Speed


 

Ein neuer Landwirtschaftsminister kam übers Land. Der Schwur auf das heilige Herz Jesu Christi, die forsche Ankündigung einzig vor dem Herrgott Angst zu haben, die nicht enden wollende Betonung des Tirolerischen und seiner Werte und die Interpretation des Wortes Schützenhilfe für die Bauern in dessen ureigenster Bedeutung - als Hilfe unter Beiziehung der Schützen.

Um Andrä Rupprechter, den neuen Landwirtschaftsminister gab es in den vergangenen Wochen kein Herumkommen. Ein Mann in allen Gassen und Schlagzeilen, ein Mann, der Staunen machte und verstörte, mitunter ein Mann zum Fremdschämen. Ein Minister wie auf Droge, einer zwischen Weihrauch und Speed. Zuweilen wie fremdgesteuert und abgehoben und von einem Selbstbewusstsein, das im vermeintlichen Streben nach Sympathie keine Plattheit ausließ und sei sie auch noch so peinlich - vom ungefragten Bekenntnis Rosenkranz zu beten und gerne in Kirchen Einkehr zu halten, bis zu einem koketten "Ich bin ein Grüner der ersten Stunde und war Aubesetzer". Selbst die Mutter zu verkaufen, hatte er keine Scheu: "Sie beichtete, weil sie Kreisky wählte", ließ er die Gazetten wissen.

Das Staunen wurde langsam zu Entsetzen. "Wahnsinn, ich habe die Nase derartig voll von Politikern wie Rupprechter. Hauptmerkmale nach Eigendefinition: katholisch, Tiroler", twitterte einer von denen, denen das schon nach ein paar Tagen zuviel wurde.

"Der Kdolsky der neuen Regierung", ätzten Kommentatoren. "Der Herz-Jesu-Schrittmacher", hieß es. Ratlosigkeit machte sich breit. "Warum macht der Mann das?", begann man selbst in Kreisen zu rätseln, die Rupprechter lange kennen.  Dort hatte man anderes von ihm erwartet. "Schwur hin oder her - Rupprechter ist als echter Fachmann mit langer EU-Erfahrung die beste Neuerung dieser Regierung", wurde da ebenfalls auf Twitter formuliert.

Das freilich muss Rupprechter erst beweisen. Die Aussagen zur Agrarpolitik und zum Regierungsprogramm waren bisher mager. Der Protestbrief an die ungarische Regierung wegen der drohenden Enteignung österreichischer Grundbesitzer, seine erste Amtshandlung im eigentlichen Sinn, steht eher im Geruch eine Gefälligkeit für eine kleine Lobby zu sein. Und dass die flugs einberufene Almen-Task-Force mehr ist als ein neuer Namen für die Soko-Alm, muss sich auch erst zeigen. 

Dass Rupprechter mehr und neues kann, zeigte allenfalls sein Plan, künftig den jeweiligen Vorsitzenden der Agrarlandesräte nach Brüssel mitzunehmen. Nicht umsonst machte er wohl in Brüssel eine staunenswerte Karriere. Er hat zweifelsfrei das Zeug zu einem guten Landwirtschaftsminister und ist für die neue Aufgabe bestens prädestiniert. Daher haben Österreichs Bauern ein Recht darauf, von seinem Können, seinem Wissen und seinen Beziehungen zu profitieren. Seine Gott- und Tirolgefälligkeit hingegen wird ihnen wenig weiterhelfen. Vor allem dann nicht, wenn sie, wie in den vergangenen Wochen, als nichts, denn als eitle Selbstgefälligkeit daherkommt.

Die haben dann nämlich nicht nur jene Leute im heimischen Agrar-Apparat zu fürchten, mit denen Rupprechter noch alte Rechnungen offen hat. Sie waren seinerzeit erleichtert, als der nicht überall beliebte Sektionschef das ihm zu eng gewordene Österreich in Richtung Brüssel verließ und sind nun alles andere als froh, dass er als mächtiger Landwirtschaftminister wiederkehrt. Zu fürchten hätten diese Selbstgefälligkeit wohl auch die Bauern und mit ihnen die österreichische Landwirtschaft, könnte sie doch im Handumdrehen die politische Durchsetzungskraft des Ministers torpedieren.

Gmeiner meint - Blick ins Land, 2. Jänner 2014

Die Landwirtschaft zwischen zwei Welten



 Bio hält sich für den einzigen Weg in die Agrarzukunft. Dabei ist in diesem Bereich nicht alles so golden, wie es glänzen soll. Und in der konventionellen Landwirtschaft ist nicht alles so schlecht wie oft dargestellt.

Hans Gmeiner Salzburg (SN). Die heimische Biolandwirtschaft tritt sehr selbstbewusst auf. „Leitbild für eine neue Agrarkultur kann nur eine biologische Landwirtschaft sein“, sagt Rudi Vierbauch, Obmann von Bio Austria, gern. Die allgemeinen Folgekosten seien geringer und bio sei in Bereichen wie Bodenerosion, Artenvielfalt oder Nachhaltigkeit der konventionellen Landwirtschaft überlegen. Dabei liegen die Fakten gar nicht so klar. Längst hat bio vielfach mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie die konventionelle Landwirtschaft. Umgekehrt ist diese, zumal in Österreich, bei Weitem nicht so schlecht und verantwortungslos, wie sie gern dargestellt wird.

„Biolandbau steht unter ökonomischem Druck und geht in eine ähnliche Richtung wie der konventionelle Landbau“, sagt Michael Groier von der Bundesanstalt für Bergbauernfragen. Der Co-Autor der Studie „Wie weit darf bio gehen?“ sorgt sich um die Zukunft des Biolandbaus. Er verfolgt mit Kopfschütteln, wie Handelsketten den Biobauern ihre Strategien aufdrücken und sie immer weiter von einstigen Idealen wegbringen. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird das Profil bald völlig abgeschliffen sein und der Konsument kaum mehr höhere Preise für Bioprodukte zahlen wollen.“ Zu ähnlich seien sich Bio- und konventionelle Landwirtschaft bereits oft.

In der Grünlandwirtschaft etwa gebe es hinsichtlich Intensität und Schutz der Artenvielfalt nur mehr relativ geringe Unterschiede, sagt er. Längst gebe es auch Biomilcherzeuger, die auf einen Stalldurchschnitt von 9000 Kilogramm Milch pro Kuh und Jahr stolz sind, der selbst von konventionellen Milcherzeugern selten erreicht wird. Auch im Biogemüsebau werde sehr intensiv gearbeitet.

Wie bei den Biobauern nicht alles Gold ist, was gern glänzend dargestellt wird, ist umgekehrt im traditionellen Landbau nicht alles so schlecht, wie mitunter glauben gemacht wird. Viele Vorhaltungen lösen sich bei näherer Betrachtung in Luft auf. „Bei den Humusgehalten etwa liegt die konventionelle Landwirtschaft zu 90 Prozent im grünen Bereich“, sagt Experte Christian Krumphuber von der LK Oberösterreich. „Maßnahmen wie die Winterbegrünungen im Rahmen der Umweltprogramme haben in den vergangenen 20 Jahren die Humusgehalte tendenziell erhöht.“ Nicht gelten lässt er Vorwürfe, konventionelle Landwirtschaft begünstige die Bodenerosion. „Dass bio da besser dasteht, hat vor allem damit zu tun, dass es kaum Biomais und Biozuckerrüben gibt“. Keinen Zusammenhang sieht er zwischen Biolandbau und Wasserpufferkapazität von Böden, auch der Verbrauch von Düngemitteln sei klar gesunken. Die Risikodiskussion beim Thema Pflanzenschutz sei überzogen. „Da geht es nur um Emotionen.“ Wissenschaftlich seien die meisten Vorwürfe nicht haltbar, der konventionelle Landbau müsse sich nicht verstecken.

Selbst Rudi Vierbauch will den konventionellen Landbau nicht pauschal verurteilen. „Es gibt eine große Bandbreite, aber je intensiver er betrieben wird, desto größer sind die negativen Effekte.“ Martina Hörmer, bei Rewe zugleich für konventionelle Eigenmarken und die Biomarke ja!natürlich zuständig, sieht das pragmatisch. „Hinter bio steht die Grundidee eines Kreislaufs des Respekts, hinter konventioneller Landwirtschaft dagegen ein egozentrischer Ansatz, bei dem es um Verfügbarkeit, geringe Kosten und Wohlstand für möglichst viele geht.“ Aber auch da sei die Qualität sehr gut.

Entscheiden muss der Konsument. Der tut sich schwer – zumal, wenn wenig Geld im Börsel ist. Laut Untersuchung der steirischen Arbeiterkammer ist ein Biowarenkorb um gut 70 Prozent teurer als ein vergleichbarer mit konventionell erzeugten Produkten.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 2. Jänner 2014
 
UA-12584698-1