Freitag, 30. Januar 2015

Exporterfolge auf dünnem Eis





Bei der "Grünen Woche" in Berlin feierte die Agrarpolitik einen neuerlichen Exportrekord ab. Agrarprodukte und Lebensmittel im Wert von fast zehn Milliarden Euro exportiert das kleine Österreich inzwischen jährlich in alle Welt. Vor dem EU-Beitritt waren es gerade einmal 1,8 Mrd. Euro. Die Agrarexporte zählen damit ohne Zweifel zu einer der Erfolgsstories der heimischen Wirtschaft.

Allerdings ist das Eis, auf dem man sich bewegt sehr dünn. Die internationalen Märkte sind immer heftiger umkämpft. Überall sucht man Ersatz für das verlorene Russlandgeschäft. Die Handels-Ströme ordnen sich in vielen Bereichen völlig neu. Der Preisdruck ist gewaltig. Und auf die Produkte aus dem kleinen Österreich wartet niemand. Das zeigte sich im Vorjahr in wichtigen Export-Ländern wie Ungarn, Tschechien und Slowenien, wo es deutliche Rückschläge gab, weil dort den Leuten das Geld ausgeht.

Vorbei sind die Zeiten, als Österreich mit dem Verweis auf umweltfreundliche Produktion und besondere Qualitäten auf den internationalen Märkten spielend Meter machen konnte, weil sich das im Verein mit Dirndl, Trachtenhut und schneebedeckte Berggipfeln quasi von alleine verkaufte. Der Wind ist rau geworden und der Druck groß, etwas neues zu finden.

Österreich hebt sich kaum mehr ab auf den Märkten. Und genau das ist das Problem. Allerorten herrscht Routine. Die Exportinitiativen sind eingeschlafen. Die Werbelinien und Marketingkonzepte, auf die man im Exportgeschäft setzt, sind zwanzig Jahre alt. Das zeigte sich in Berlin ganz eindrücklich. So wie Österreich wirbt inzwischen jedes Land. Die Argumente gleichen sich überall aufs Haar - von "Unsere Milch", "Genussregion" und "So schmeckt unser Land" bis hin  zur nachhaltigen Produktion, auf die man überall hinweist. In Schleswig-Holstein genauso wie in Niedersachsen und Brandenburg, wo die deutschen Großbetriebe daheim sind, und auch im beschaulicheren Bayern. Aber nicht nur die deutschen machen es so. Auch die Franzosen, die Italiener, die Dänen, die Holländer, die Briten, die Skandinavier und wen es da noch aller gibt. Alle sind auf ihre Agrarprodukte zumindest genauso stolz wie wir und überzeugt davon, dass sie es sind, die die besten Sachen liefern.

Alarmierend auch, dass es Österreich in den vergangenen Jahren kaum gelungen ist, die Wertschöpfung der Exporte zu steigern. Der Erlös pro Tonne Ware, der als Indikator dafür gilt, pendelt seit Jahren bei 1,1 Euro pro Kilogramm und liegt damit deutlich unter dem, was die Importe pro Tonne erlösen. Der Feinkostladen Europas, als der man sich hierzulande so gerne feiert, müsste, möchte man meinen, eigentlich andere Zahlen liefern.

Daher darf man sich von den Zuwachsraten der vergangenen Jahre nicht blenden lassen. Österreich ist gefordert, sein Profil nachzuschärfen und ordentlich Gas zu geben. Möglichkeiten gibt es. Die bisher nicht vermarktete GVO-freie Fütterung des Milchviehs zählt dazu, oder auch die stärkere Nutzung geschützter Herkunftsbezeichnungen.

Die russische Importsperre scheint die Verantwortlichen zumindest aufgerüttelt zu haben. Engagement im Ausland und Bemühungen um neue Märkte sind in der Agrarpolitik mit einem Mal wieder ein großes Thema.  Es gibt wieder Initiativen, aber freilich noch kaum zählbare Erfolge. Denn die Politik kann nicht mehr als Türöffner sein. Um der Wirtschaft schnell zu helfen, ist sie zu langsam. 

Die hilft sich längst selbst. Ein Beispiel dafür: Die Schweinefleisch-Exporte nach Japan verdoppelten sich im Vorjahr auf 68 Mill. Euro. Und das ganz ohne Politikerbesuch im Land der aufgehenden Sonne.
 
Gmeiner meint - Blick ins Land Februar 2015, 29.1. 2015

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