Montag, 24. August 2015

Agrarpolitik hat Bauern in der Krise wenig zu bieten



Österreichs Landwirtschaft steckt in einer Krise. Die Agrarpolitik ist überfordert. Außer Ankündigungen bietet sie den Bauern wenig.

Die Bauernmilchpreise sind derzeit um rund ein Viertel niedriger als vor einem Jahr. Und das seit Monaten. Auch die Preise für Schweinefleisch befinden sich im Sturzflug – seit einem Jahr, seit Putin Russlands Grenzen für Nahrungsmittelimporte dichtgemacht hat. Was die Ackerbauern für ihre Produkte bekommen, ist weit von dem entfernt, was ihnen noch vor einigen Jahren prognostiziert wurde. Und vielerorts sorgt die Dürre für zusätzliche Probleme.Die Bauern versuchen nach Kräften, damit zurechtzukommen. Die Agrarpolitik ist ihnen dabei wenig Hilfe. Außer, dass man ab und zu „Alarm“ schreit und auch einmal mit Demonstrationen droht, hat man den Bauern wenig Greifbares zu bieten.

Was bleibt, ist der Eindruck, mit der Situation überfordert zu sein. Monate sind ein zu kurzes Maß, um die Zeit zu bemessen, die es dauert, bis ein Problem überhaupt erkannt und – was noch wichtiger ist – auch als solches akzeptiert wird. Bis zu Vorschlägen oder Lösungsansätzen vergeht noch einmal viel zu viel Zeit, in der die Bauern auf sich allein gestellt sind und zuschauen müssen, wie es mit ihnen bergab geht. Als die Milchpreise längst im Keller waren, kündigte die heimische Agrarspitze vor der Sommerpause eine Marketingoffensive für den Herbst an – und verabschiedete sich dann in den Urlaub. Als Russland keine Milch, keinen Käse und kein Fleisch mehr importierte, reiste man flugs publikumswirksam nach China und präsentierte den dortigen Markt als die Zukunft. Bis heute hat sich nichts getan, weil es die nötigen Zulassungen immer noch nicht gibt.

Die breite Öffentlichkeit bekommt davon kaum etwas mit. Dort pflegt man ein Bild der Landwirtschaft, das wenig mit der Wirklichkeit zu tun hat. Diesem Bild gerecht zu werden ist viel zu oft Strategie der Agrarpolitik. Die Bauern hingegen haben das Gefühl, dass die Agrarpolitik ihren Bedürfnissen eher entgegensteht, ihnen die Arbeit durch Auflagen und Bürokratie unnötig erschwert und sie so in ihrer Konkurrenzfähigkeit schwächt.

Auf diese Weise ist die Landwirtschaft dabei, die Kontrolle über ihren ureigensten Bereich zu verlieren. Immer mehr wird von außen bestimmt, was die Bauern zu tun oder zu lassen haben. Der Lebensmittelhandel, NGOs und manche Medien, die Landwirtschaft als Marketinginstrument entdeckt haben, haben der Agrarpolitik in vielen Bereichen das Heft aus der Hand genommen. Der Markt, zumal jener, auf dem sich die Bauern mit ihren Produkten behaupten müssen, ist ihnen egal.

Salzburger Nachrichten - Leitartikel, Seite 1, 24. August 2015

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