Montag, 5. Oktober 2015

Durchtauchen? Keine Agrarpolitik ist auch keine Lösung



Die Vollmundigkeit verwunderte. "Wir reden sicher in der Größenordnung von 100 Mill. Euro, die da notwendig sind für Österreich", diktierte Landwirtschaftsminister Rupprechter Ende August den Journalisten in die Notizblöcke. Und, ganz so, als sei schon fast alles im Sack, fügte er nach einem Treffen mit Agrarkommissar Hogan, bei dem es um Hilfen die die Milch- und Schweinbauern ging, an: "Der Kommissar war sehr offen unseren Vorstellungen gegenüber".

Was den heimischen Bauern Hoffnungen machen und dem Minister Ruhm bringen sollte, geriet zum Desaster. Aus den 100 Millionen wurden nachgerade mickrige sieben Millionen. Da war dann auch der Mann, dem bei seiner Bestellung  zum Minister zu Gute gehalten wurde, besonders gute Drähte nach Brüssel zu haben, mit seinem Latein am Ende. Als Krisenkonzept gab er dann die Devise aus, die so auch von jedem anderen x-beliebigen Agrarpolitiker aus einem x-beliebigen Dorf ausgegeben hätte werden können. "Wir müssen dieses aktuelle Preistal durchtauchen".

Rupprechters Hilfe-Flop ist symptomatisch für die vergangenen Wochen und Monate. Man hat den Bauern kaum etwas zu bieten, schon gar nicht neue Ideen. Wie schon seit Jahren betet man auch diesmal gebetsmühlenartig die gleichen Argumente herunter. Man geißelt den Handel als unanständigen Preisdrücker, man appelliert an die Konsumenten, man redet diffus von der Wertigkeit der Lebensmittel und von der Qualität und man klagt darüber, dass sogar Katzenfutter teurer ist, als das Schnitzel im Supermarktregal - ganz so, als wollte man die eigene Unfähigkeit, das zu ändern, damit auch noch dokumentieren.

Geholfen hat das schon bisher nichts, und auch diesmal brachten die Vorhaltungen genau nichts. Das ist symptomatisch für die heimische Agrarpolitik. Man bleibt auf den eingefahrene Geleisen, und erweisen sie auch als noch so wenig zielführend, man hat keine neuen Ideen und man bringt keine wirkungsvollen Initiativen auf den Weg.

Dabei ginge es auch anders. Auch in Österreich. Hier gibt es auch mitten in der Krise Erfolgsgeschichten in der Landwirtschaft. Gemeinsam ist ihnen freilich, dass sie sich zumeist gegen den agrarpolitischen Mainstream durchsetzen mussten. Über Bio etwa lächelt man immer noch und über Erfolgsprojekte wie die Heumilch mag man auch nicht recht reden.

Dass es anders geht, zeigen auch andere EU-Länder. In Belgien etwa haben sich schon Ende August Bauern, Handel und Nahrungsmittelindustrie nach wochenlangen Verhandlungen auf Extra-Hilfen für Milch- und Schweinefleischerzeuger geeinigt. Für Milch sollen 2,7 Cent mehr fließen. Für Milchbauern sollen über dieses auf sechs Monate limitierte Programm insgesamt 46 Mill. Euro zusammenkommen und für die Schweinfleischerzeuger 30 Mill.

Verständlich, dass die Verbitterung in der heimischen Landwirtschaft wächst. Zuzuschreiben haben sich die Agrarpolitiker und die Interessensvertreter das zu einem guten Teil auch selbst. Sie sind Opfer ihrer eigenen Muskelspiele, mit denen sie so gerne den Eindruck erwecken, schier alles regeln zu können und genau zu wissen, wo die Schuldigen sitzen und was die zu tun hätten. Nun können sie - wieder einmal - ihre Versprechen nicht einlösen und müssen die Erwartungen der Bauern enttäuschen.

Denen bleibt angesichts der Umstände in der Tat nichts anderes, als das Preistief tatsächlich durchzutauchen. Wünschen kann man ihnen nur, dass sie dafür genug Luft haben.
 
Gmeiner meint - Blick ins Land 5. Oktober 2015

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