Samstag, 20. Februar 2016

Bei Bio mischen die Großen mit



Die Biolandwirtschaft kommt in der Realität an. Um nicht unter die Räder zu kommen, setzen die Bauern auf die Konsumenten.

Hans Gmeiner

Salzburg. Das Geschäft mit Bio brummt. Mit der beschaulichen Welt, die viele Konsumenten mit Bio nach wie vor verbinden, hat das kaum mehr zu tun. Auf der Biofach in Nürnberg, der weltgrößten Biolebensmittelmesse, war das eindrücklich wie noch nie zu sehen. In der Vermarktung und Produktpräsentation herrscht längst eine Professionalität, die jener herkömmlicher Produkte um nichts nachsteht.

Auch in der Art der Produkte und Produktzubereitung unterscheidet man sich nicht mehr. Convenience-Produkte, die komplett zubereitet vor dem Servieren nur mehr erhitzt werden müssen, gelten genauso als zukunftsträchtiger Markt wie Energydrinks. Sie werden den Konsumenten unter Namen wie „Veganpowergy – die gute Kraft“ angepriesen. Schließlich gilt vegan, also die Erzeugung ohne Verwendung eines tierischen Produktes und ein Megatrend bei Lebensmitteln, als das Sahnehäubchen auf Bioprodukten, auf das man nicht verzichten mag.

Die Umsätze wachsen rasant. Auch wenn der inzwischen auf fast 100 Mrd. Euro angewachsene Bioweltmarkt gerade ein Prozent der weltweiten Lebensmittelproduktion ausmacht, ist das Interesse großer Unternehmen und Konzerne nicht mehr zu übersehen. Immer öfter mischen sie im Geschäft mit, um sich ihren Teil vom Kuchen zu sichern. Bio-Linien neben den konventionellen Produkten sind Standard geworden. Gleiches gilt für die großen Player auf den konventionellen Agrarmärkten wie Brasilien, Argentinien, die USA oder Kanada. Bio ist für sie längst kein Fremdwort mehr.

In Österreich sind es Unternehmen wie die Agrana, die mit Biozucker und Biostärke bereits gut im Geschäft ist. Die Raiffeisen Ware Austria, die Lagerhausorganisation, ist inzwischen wichtigster Vermarkter von Biogetreide im Land. Und die Vereinigte Fettwarenindustrie aus Wels, die bisher ihre Öle meist im Billigsegment anbot, steigt in die Produktion von Biospeiseöl ein. In Ennsdorf (NÖ) will man dafür heuer um zwölf Mill. Euro eine Ölpresse mit einer jährlichen Verarbeitungskapazität von 30.000 Tonnen Raps- und Sonnenblumenkernen bauen.

Ein Zeichen dafür, dass Bio in der Normalität angekommen ist, ist auch die Differenzierung der Vermarktungsschienen im Handel. Dort wird die Partnerschaft von Rewe, wo man bisher ausschließlich auf die Eigenmarke Ja!Natürlich setzte, mit dem deutschen Biobranchenriesen Alnatura als Signal in Richtung Diskont gewertet.

Die Biolandwirtschaft sehen viele Beobachter inzwischen den gleichen Mechanismen des Marktdrucks ausgesetzt wie die konventionelle Landwirtschaft. Dort versucht man diese Entwicklungen gelassen zu sehen. Franz Waldenberger, Oberösterreich-Chef von Bio Austria, sieht Industrieunternehmen durchaus als Partner. „Biozucker etwa würde ohne Agrana nicht funktionieren“, sagt er. „Wir brauchen solche Partner, wenn wir alle Bereiche durchdringen wollen.“

Die Zukunftschancen hält er, aber auch konventionelle Agrarpolitiker wie der oberösterreichische Landesrat Max Hiegelsberger für absolut intakt. „Bio bietet auch kleinen Betrieben Chancen.“ Nicht zuletzt wegen eines Atouts, das Waldenberger und seine Kollegen für sich in Anspruch nehmen: „Der Konsument steht auf unserer Seite.“

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 20. Februar 2016

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