Donnerstag, 14. April 2016

Unmoralisches Doppel



In Österreich kommt die Moral gerne im Doppel daher. Typisch für die eine ist es, von anderen - zumal dann, wenn sie nicht aus der eigenen gesellschaftlichen oder politischen Gruppe sind - zumeist Verhaltens-und Denkweisen einzufordern, die man für richtig und korrekt hält. Man tut das gerne, wenn man sich einen Vorteil verspricht, respektive, wenn man die anderen in ein zumindest zweifelhaftes Licht stellen will. Man tut das gerne mit dem erhobenen Zeigefinger und ganz so, als ob man alleine alle Weisheit dieser Welt gepachtet hätte.

Die andere hingegen legt man gerne für das eigene Handeln an, die eigenen Verhaltensweisen und die eigenen Einstellungen und Einschätzungen. Zuweilen liegen die zwei Spielarten der Moral weit auseinander und machen sie im Zusammenspiel zur Doppelmoral. Nur ganz selten kommt vor, dass die zweite strenger ist, viel öfter kommt hingegen vor, dass sie um vieles lascher ist, und damit diese Doppelmoral zumeist unmoralisch macht. In Österreich liefern in diesen Tagen gerade die Sozialdemokraten, die sich gerne als besonders bemüht um Gerechtigkeit und Gleichbehandlung darstellen und die seit Jahren trachten, als Reichenjäger Profil zu finden, sehr eindrückliche Beispiele für diese in Österreich so häufig auftretende Doppelmoral. Da ist etwa der Präsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer, ein Zeit seines Lebens wackerer Gewerkschafter und als solcher zu Geld gekommen. Er ließ nicht nur mit seiner schnoddrigen Antwort, dass "ich ja von irgendetwas leben muss, wird jeder verstehen" aufhorchen, als man ihm vorhielt, dass er nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt aus dem Umfeld seiner Partei ein 13.000 Euro Monats-Salär kassiert. In einem Radiointerview legte er gar noch eins drauf. Darauf angesprochen, sagte er doch glatt "ich glaube, wir sollten diese ganze Neiddebatte jetzt endlich einmal für beendet erklären". Ganz einfach so. Und wohl, weil es ihn selbst betrifft. Man stelle sich vor, ein Kandidat einer anderen Partei hätte es sich mit dem Salär so eingerichtet und ein Kandidat einer anderen Partei hätte das mit Worten, wie Hundstorfer sie wählte, verteidigt. Wie heftig wäre man in der Löwelstraße wohl in Aufregung verfallen?

Und wie aufgeregt wäre man dort auch gewesen, hätte ein Bürgermeister anderer Couleur das Stückerl geliefert, das der Traiskirchner Bürgermeister geliefert hat. Man hätte sich in Häme und Aufgeregtheit wohl gar nicht mehr eingekriegt, wenn nicht ein roter, sondern ein schwarzer Bürgermeister zusätzlich zu seinem Bürgermeistergehalt auch noch ein Gehalt als Leiter der gemeindeeigenen Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit Geld bezogen und sich so eines Doppelbezugs von gar nicht schmalen 11.800 Euro im Monat erfreut hätte. Er wäre wohl mit dem sprichwörtlichen nassen Fetzen durch die Medien gejagt worden. Aber so? Auch wenn der Herr Babler in der Bundesparteizentrale alles andere als wohlgelitten ist, nichts als großes Schweigen und allerorten das Bemühen alles ruhig zu halten.

In dieses Spiel mit der Doppelmoral fügen sich auch die Meldungen rund um die Arbeiterkammer, dass dort die Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen in den vergangenen zehn Jahren um nicht weniger als 45 Prozent auf 403 Millionen Euro angewachsen sind. Aus den Kammerumlagen, die jedem unselbständig Beschäftigten in diesem Land abgeknöpft werden. Ohne langes Fragen und ohne dass der oder die irgend etwas mitzureden hätte. Monat für Monat werden 0,5 Prozent des Bruttoeinkommens praktischerweise gleich vom Arbeitgeber und damit mehr oder weniger klammheimlich und ohne großes Aufsehen direkt an jene Kammer überwiesen, die sich gerne als Anwalt der Schwachen in diesem Land geriert und die mit größtem Werbeaufwand weniger Steuern auf Arbeit fordert und gerechte Preise. Von den anderen klarerweise. Dass die Arbeiterkammer der Sozialdemokratie zuzurechnen und vieler ihrer politischen Positionen dort erdacht werden, fügt sich ins Bild von der Doppelmoral, die dieses Land prägt.

Man sollte, und das sei ausdrücklich festgehalten, mit dem erhobenen Zeigefinger freilich nicht nur auf die Sozialdemokraten und ihr Umfeld zeigen. Doppelmoral gibt es überall in diesem Land. In anderen Kammern, in anderen Parteien auch und in vielen Organisationen. Und in der Bevölkerung auch. Denn auch dort erhebt man gerne den Zeigefinger, um auf die anderen zu zeigen, während man für sich selbst oft gerne andere Maßstäbe anlegt.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 14. April 2016

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