Freitag, 19. August 2016

Perpetuum mobile



Jeder träumt wohl davon. Wenn das Geld nicht reicht, geht man einfach zum Chef und lässt sich mehr auszahlen. Und wenn es rundherum zum Sparen ist, genehmigt man sich selbst eine Ausnahme.

Dieser Traum ist nicht nur ein Traum in diesem Land. Er wird in der Realität auch gelebt. Vornehmlich freilich vom Staat selbst, der seinen Bürgern trotz zahlloser gegenteiliger Beteuerungen ungeniert in die Taschen greift, von den Ländern auch, die es sich nach ihren Begehrlichkeiten zu richten wissen und natürlich auch von den Kommunen.

Gelebt wird dieser Traum in diesem Land auch von den politischen Parteien und von den Kammern - um das eigene Leben und Überleben zu sichern, greift man in die öffentlichen Kassen oder in die Taschen der Mitglieder um sich die Bedürfnisse, respektive das, was man dafür hält und woran man sich gewöhnt hat, zu befriedigen.

Die Fortschritte im Kampf gegen diese Unkultur sind bescheiden. Erst jüngst gab es in Oberösterreich ein heftiges Scharmützel um die Parteienfinanzierung, die dem staunenden Publikum vor Augen führte, wie schal Politikerversprechen vom Sparen klingen können, zumal, wenn es um die eigenen Parteien geht. Mitten in der Spardiskussion rund um das Landesbudget, die auch bundesweit wegen des Vorstoßes zur Kürzung der Mindestsicherung für Aufsehen sorgte, wurde ruchbar, dass man dabei einen Posten auszunehmen gedenkt - die Parteienförderung.

Das wäre mit einigem guten Willen und angesichts der Sorgen, die man sich um das Land machen muss, noch nachvollziehbar. Starke Parteien sind zweifellos wichtig, zumal in Zeiten wie diesen. Stutzig machte dabei allerdings zweierlei. Zum einen zählt die Förderung, die in Oberösterreich Jahr für Jahr an alle im Landtag vertretenen Parteien ausbezahlt wird, mit rund 20 Millionen Euro ohnehin zu den höchsten in Österreich. Zum anderen verblüfft die Chuzpe, mit der die führenden Politiker des Landes ob der Enns ihr Verhalten rechtfertigen. "Man muss die Parteien ordentlich dotieren, um nicht von Spenden, Mäzenen und Sponsoren abhängig zu sein", hieß es da. Oder -mit einem treuherzigen Augenaufschlag - "bei uns ist Politik nicht kaufbar, das ist etwas sehr Wertvolles". Die Grünen, wie immer ganz überzeugt von sich, ließen wissen, die Höhe sei gerechtfertigt, "denn in unseren Organisationen wird wirklich gut gearbeitet".

Den Vogel aber schoss der Landeshauptmann-Stellvertreter ab, der just jener Partei angehört, die hinter jedem Grashalm Abzocke, Betrug und Bereicherung vermutet. Wenn es darum geht, die Taschen der eigenen Partei zu füllen, hat er offenbar keinerlei Hemmungen. Mit breiter Brust diktierte er in die Mikrofone, es stimme, "dass wir eine sehr hohe Parteienförderung haben". Und er gestattete auch gleich dem p.t. Steuerzahlervolk, dass man das "auch kritisieren dürfe". Aber, er möchte halt kein System wie in Amerika.

Man staunt baff über die Dreistigkeit, mit der man da argumentiert, wenn es um die eigene Brieftasche geht. Wie die Chuzpe verbrämt wird, ohne den geringsten Anflug eines schlechten Gewissens. Davon, dass man sparen könnte, redet gleich niemand, als ob die Wählerschaft gar nicht genug kriegen könnte vom Tun der Parteien. Dieses Verhalten, dass da in Oberösterreich exemplarisch an den Tag gelegt wurde, fügt sich freilich in die Entwicklung der vergangenen Jahre. Die Parteien spüren sich -nicht nur in Oberösterreich - selbst immer weniger.

Das mit dem Spüren und das mit der Chuzpe gilt fast gleich auch für eine andere große Gruppe im politisch-wirtschaftlichen Leben Österreichs, die Kammern. Auch sie haben sich ein System eingerichtet, das der Perfektionierung des Perpetuum mobiles gleicht. Zum einen sind die Mitglieder als Zwangsmitglieder nolens volens zur Abführung von Mitgliedsbeiträgen verpflichtet. Zum anderen hat man durch die prozentuelle Bindung der Beträge an die Entwicklung der Gehälter und der Einkommen den Geldfluss noch geschickter als die Politik abgesichert. Man muss erst gar nicht nachverhandeln oder sich gar einer Wahl stellen, der Rubel respektive der Euro rollt automatisch.

Achja, die Parteien und die Kammern haben ja große Pläne und sind wichtig. Aber darf das der Grund sein all die Träume zu leben, während den eigentlichen Zahlern nicht zuletzt oft deswegen nur die Träume bleiben? Denn die hätten auch oft Pläne, die für sie wichtig sind.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 18. August 2016

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