Donnerstag, 11. Oktober 2018

Richtiges mit Bosheit gemacht



Türkis-Blau hat die Wahlen vor einem Jahr nicht ohne Grund gewonnen. Die Stimmung im Land war danach, sie hatten ein Programm, das die Menschen ansprach und man versprach all die Probleme, die von Rot-Schwarz durch die Jahre gewälzt wurden, anzugreifen und zu einer Lösung zu bringen.

Und man tut das durchaus auch. Nicht überall, wo man es sich wünschen würde zwar, und oft auch dort, wo man eigentlich keinen Bedarf sah als den, einer kleinen Gruppe aus der Wählerklientel gerecht zu werden. Aber man versucht zu handeln. Meist aufs erste Hinschauen nachvollziehbar, verständlich, gut, höchst an der Zeit und durchaus vernünftig. Vieles von dem wünschten sich viele in diesem Land schon lange. Vieles wurde lange gefordert. Und wegen vielem wählten viele Türkis und Blau. Dennoch ist einiges aber noch nicht viel besser

geworden. Viel eher entsteht immer öfter der Eindruck, dass man manches Richtige durchaus hätte besser machen können und dass man oft gar das Richtige nachgerade gerne mit Bosheit macht. Statt in der gebotenen Sachlichkeit, der gebotenen Rücksicht und im gebotenen Respekt vorzugehen und die Dinge zu diskutieren, geht es viel zu oft um das Begleichen offener Rechnungen aus der Vergangenheit und um nichts denn Machtdemonstration. Da wird viel zu oft einfach drübergefahren. Da düpiert man schier lustvoll die Oppositionsparteien und Sozialpartner durch überfallsartige Ankündigungen und Beschlüsse, durch verkürzte Begutachtungsfristen und vielem anderen, was die Trickkiste sonst noch hergibt. Da fehlt es oft an Respekt vor dem Gegenüber und an der Gesprächsbereitschaft. Und da riskiert man allemal lieber eine Spaltung der Gesellschaft, als auch andere Meinungen zu berücksichtigen.

Typisch dafür war erst jüngst die Ankündigung, die Auflagen für die Anerkennung von NGOs vor allem in behördlichen Verfahren erhöhen zu wollen. Das ist durchaus legitim und auch nachvollziehbar. Das nicht, weil das Einmischen der NGOs in allen möglichen und unmöglichen gesellschaftspolitischen Bereichen als lästig empfunden wird, sondern weil diesen Organisationen meist die Legitimation fehlt. Es ist schwer abzuschätzen, wie groß sie sind, wie sie sich finanzieren und welche Interessen dahinterstehen und warum sie etwa in der Standortpolitik, aber auch Bereichen wie der Agrarpolitik einen derart großen Stellenwert in Anspruch nehmen können. Nicht nachvollziehbar ist, wie die Regierung sie an die Leine nehmen will und wie es kommuniziert wurde. Da schwingt Geringschätzung und pure Bosheit mit. Wie sonst kann einem einfallen, dass man Listen von den Namen der Mitglieder verlangt.

Es ist nicht das einzige Beispiel. In diese Kategorie fällt auch die Zusammenlegung der Sozialversicherungen. Auch dort lässt sich der Eindruck nicht verdrängen, dass es nicht in erster Linie um die Sache ging, sondern doch sehr viel eher darum, dem politischen Gegner nicht nur eins auszuwischen, sondern in seinem Innersten zu schwächen. In diese Kategorie fällt auch die Untersuchung des BVT, die vielleicht notwendig war, aber nie und nimmer derart stümperhaft und peinlich durchgeführt hätte werden dürfen und viele Verstörte, die damit gar nicht zu tun haben.

In diese Kategorie fallen aber auch der Umgang mit Migranten, die geplante Neuregelung der Mindestsicherung oder auch das Thema Kindergeld für nicht-österreichische Arbeitnehmer. Da mag es überall dringlichen Handlungsbedarf gegeben haben. Bei all den Maßnahmen, die man setzte, lässt sich aber beim Beobachter nicht das Gefühl verdrängen, dass es dabei weniger um die Sache ging, sondern dass andere Motive das Handeln leiteten.

Zu deutlich ist oft die Haltung hinter den Maßnahmen zu spüren. Und die ist nicht immer getragen davon, etwas zu verbessern oder zu sparen, sondern da sind viel zu oft nachgerade menschenverachtende Haltungen zu spüren, machttrunkenes Drüberfahren und selbstherrliches Gehabe, das man nicht für möglich gehalten hätte.

Man kann das für unausweichlich erachten im politischen Getriebe. Eine gewisse Härte ist wohl notwendig und es müssen nicht alle applaudieren. "Wo gehobelt wird, da fallen Späne" werden manche wohl denken.

Man sollte freilich überlegen, ihnen beizupflichten . Denn allein an der Macht zu sein, ohne handlungsfähige Opposition, ist kein Freibrief, sondern auch eine Verpflichtung -vor allem die, das Richtige nicht falsch zu machen und schon gar nicht der Bosheit freien Lauf zu lassen.


Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 11. Oktober 2018

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