Donnerstag, 17. Oktober 2019

Reden macht keinen Fortschritt



Vor allem, weil die Voestalpine einen Hochofen wegen Wartungsarbeiten stillgelegt hatte, sind in Österreich im Vorjahr die CO2 Emissionen gegenüber dem vorangegangenen Jahr um 3,8 Prozent zurückgegangen. Nach Jahren wieder einmal. Das kann einen freuen, der sich Sorgen um das Klima macht und um die Klimapolitik. Das kann aber freilich auch nachdenklich machen. Denn da ist jeder zu verstehen, bei dem sich das Gefühl aufdrängt, dass die Relationen ganz andere sind, wenn es um echte Einsparungen geht und um Klimaschonung geht. Wenn allein ein Hochofen, den die Voestalpine abschaltet, gleich fast vier Prozent Emissionen spart, können einem die Zweifel kommen, ob all das Sinn macht, was man selbst versucht dazu beizutragen, dass die Erde nicht überhitzt. Zumal dann, wenn man in einem so kleinen Land wie Österreich lebt.

Da drängen sich Zweifel auf, dass jeder Mensch, wie gerne suggeriert wird, es in der Hand hat, das Klima zu retten und jeder das Seine dazu beitragen kann und soll. Da kann man schon das Gefühl bekommen, dass man am Schmäh gehalten wird. Nicht nur, wenn es um Klima und die Treibhausgase geht, sondern generell, wenn es um die Umwelt geht. Man denke nur an das Strohhalmverbot oder an das Verbot der Plastiksackerl, die hierzulande und nicht nur hierzulande, gerne als umweltpolitische Meilensteine verkauft werden.

Da lässt einen das Gefühl nicht los, dass man missbraucht wird und dass am falschen Ende angefangen wird, die Welt zu retten. Dass viele nur ihre Verantwortung abwälzen und dass viele damit das Reden vom Klimaschutz zum Geschäftsmodell gemacht haben.

So viele, die vorgeben das Klima zu schützen, tun es nicht, und so viel, was vermeintlich dem Klimaschutz dienen soll, tut es auch nicht. Gar nicht. Die Reisebranche, die Autokonzerne, die Lebensmittelketten, und nicht nur sie, bieten dafür wie immer zahllose Beispiele. Alle machen auf umweltfreundlich und werden in der Werbung nicht müde, sich als besonders bemüht um das Klima auszuloben.

Aber eine Woche Vollpension in fernen Strandhotels ist immer noch oft viel billiger zu haben als ein paar Tage in einer heimischen Therme. Und auch wenn man sich gar nicht einkriegt beim Eigenlob in Sachen Umwelt Klima und Regionalität, hat man keine Skrupel, mitten in der heimischen Obstsaison Äpfel, die aus Südafrika und Südamerika herbeigeflogen werden, zu Aktionspreisen zu verkaufen. Und auch nicht damit, mit vielen Werbemillionen hinauszuposaunen, dass man auf Plastiksackerl verzichtet, aber gleichzeitig einen Teufel gegen die in Cellophan und Styropor verpackte Ware tut, die in den Regalen ausliegt. Die darf der Konsument respektive die Konsumentin im Jutesackerl heimtragen, auf dem sich die Handelskette in fetten Lettern auch noch meist selbst lobt.

Da ist nichts von der Macht der Konsumenten zu merken und schon gar nichts davon, dass die Unternehmen ihre Möglichkeiten nutzen, wenn sie ihre Verantwortung und das, wovon sie sonst so gerne reden, nur ernst nehmen würden. Da ist viel eher davon zu merken, dass eine erfolgreiche Umweltpolitik vielleicht doch ganz woanders ansetzen müsste. Mit Freiwilligkeit ist da nicht viel auszurichten, nicht damit, dass man sich die Verantwortung gegenseitig zuschiebt und auch nicht mit Maßnahmen, die nicht mehr als Symbolcharakter haben.

Dieser Weg ist gescheitert. Über Umwelt und Klima redet man inzwischen seit zumindest drei Jahrzehnten. Dennoch gibt es nur wenige Fortschritte. Die Sorgen werden immer lauter und die Forderungen immer schriller. Und das völlig zurecht.

Es gälte viel mehr an die Wurzeln der Ursachen zu gehen und an die großen Themen. Wie etwa die Besteuerung von Kerosion und die billigen Transportkosten. Oder Klimazölle, wie sie die Bauern neuerdings fordern. Dazu müssten auch Tabus angegriffen und über Dinge geredet werden, über die zu reden man sich verweigert. Gerade in Europa und gerade auch in Österreich. Dazu gehört etwa auch die Rolle, die Atomenergie spielen könnte oder die Gentechnik. Denn sie könnten, bei allen Gefahren die ihnen innewohnen mögen, sehr viel zur Lösung der Klimaprobleme beitragen.

Das kann nur über die Politik gehen, über internationale Politik. Nur sie kann die Weichen stellen, wie es notwendig wäre.

Aber darüber zu reden ist unpopulär.


Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 17. Oktober 2019

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