Donnerstag, 17. September 2020

Koste es was es wolle - Rechnung folgt




"Österreichs Handwerker fordern rasche Hilfen vom Staat", war in diesen Tagen in einer Zeitung zu lesen. Und es sind nicht nur die Handwerker, die das fordern. Industrieunternehmen tun das auch, Verkehrsbetriebe, Eventveranstalter, Sportvereine, die Bauern und die Arbeitnehmer in all diesen Betrieben und Einrichtungen, die Schulen und die Universitäten, alle. "Der Staat muss es richten" schallt es aus allen Ecken. Selten hat man sich so auf den Staat verlassen müssen wie in den vergangenen Monaten. Und selten auch konnte man so froh sein, in einem funktionierenden Staatwesen zu leben.

Das "Koste es, was es wolle", mit dem der Kanzler zu Beginn der Pandemie ein nicht versiegendes Füllhorn in Aussicht stellte, schuf Vertrauen, aber auch Erwartungen und Begehrlichkeiten. Dankbar ließen wir uns in den Schoß des Staates fallen, der Sicherheit versprach. Selbst die liberalsten Wirtschaftsliberalen hatten kein Problem damit, den Staat in die Pflicht zu nehmen und wollten auch nicht auf die angebotenen Förderungen aller Art verzichten. Und wenn sie es schon nicht zugeben wollten, dass das gut ist, eine Erklärung dafür hatten sie immer.

Die wirkliche Tragweite des Satzes "Koste es, was es wolle", an den wir uns seit dem Frühjahr klammern und mit dem wir uns beruhigen, ist indes noch kaum erkennbar. Nur langsam rücken Fragen in den Vordergrund, wie es wohl weitergehen wird. Und man fragt auch immer lauter, was das alles für künftige Budgets und was für die künftige Steuerpolitik heißt.

Dass all die Versprechen, die uns am Beginn der Pandemie Zuversicht gaben, ehrlich gemeint waren und auch die Zusicherungen, sei nicht bestritten. Schnell aber zeigte sich, dass "Koste es, was es wolle" sehr viel schwieriger zu erfüllen ist, als man wahrhaben wollte. Und dafür muss man nicht einer von den vielen Selbstständigen sein, für die angekündigte Hilfen nichts denn zuweilen böse Überraschungen waren, weil sie die Erwartungen und vor allem auch die Notwendigkeiten nicht erfüllen konnten.

Immer näher rückt etwa der 31. Dezember dieses Jahres, bis zu dem Milliarden an Steuerabgaben und Sozialversicherungsbeiträge gestundet wurden, um die Wirtschaft vor einer Insolvenzwelle zu retten. Am 1. Jänner 2021 wären all diese Gelder fällig und eine Pleitewelle wohl unausweichlich -wenn man nicht rechtzeitig gegensteuert. Das wird man wohl tun. Längst wird intensiv darüber verhandelt, was man denn machen kann. So geht man etwa davon aus, dass der Staat die Haftung für die ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge übernehmen wird. Stimmen die kolportierten Zahlen, geht es dabei allein bei der österreichischen Gesundheitskasse um rund 2,4 Milliarden Euro. Dazu kommen ein paar hundert Millionen bei der Sozialversicherung der Selbstständigen.

Diese Summen sind keine Peanuts, sie sind aber dennoch nur ein Teil des Corona-Paketes, das die Regierung im Frühjahr dieses Jahres mit der Devise "Koste es, was es wolle" schnürte. 50 Milliarden schwer ist dieses Paket mittlerweile. Und das kann nicht ohne Folgen bleiben, auch wenn das immer noch gerne verdrängt wird. Nicht für die öffentlichen Budgets des Landes und erst recht nicht für die Steuerzahler. Denn schließlich sind und bleiben es sie, die all das zahlen müssen, was der Staat jetzt so großzügig verteilt und wohl auch verteilen muss, um Land und Leute durch die Krise zu bringen.

Das freilich birgt jede Menge an Konfliktpotenzial. Nicht nur wegen der Unübersichtlichkeit unseres Steuersystems. Österreich ist schon jetzt Hochsteuerland. Und die Steuerlast ist sehr ungleich verteilt. Rund 2,5 Millionen der fast neun Millionen Österreicherinnen und Österreicher zahlen überhaupt keine Steuern. Und 70 Prozent der Haushalte bekommen mehr an Geld in Form von Sozialleistungen, Zuschüssen und Ausgleichszahlungen zurück, als sie in das System hineinzahlen.

Wer also soll das bezahlen? "Wie solidarisch sind wir dann?" fragen längst Leute wie der Linzer Professor Friedrich Schneider. Und: "Wird nicht die Meinung vorherrschen, der jeweils andere soll zahlen?"

Vorgezeichnet ist nichts, und entschieden ist auch nichts. Nur, dass die Regierung gefordert ist zu zeigen, was sie wirklich kann. Und dass wohl noch sehr viel auf uns zukommt, was uns nicht schmecken wird.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 17. September 2020

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