
Vorige Woche sorgte Salzburg für die innenpolitische Unterhaltung. Vorgeführt wurde, das Bild drängt sich auf, wie Politikerinnen und Politiker als Löwinnen respektive Löwen wegspringen und als Bettvorleger landen. In Salzburg haben sie Namen. Karoline Edtstadler, gerade ein paar Wochen erst Landeshauptfrau, die gerne ihren Ruf als Eiserne Lady sowohl bei Bedarf optisch, immer aber auch politisch, pflegt, mit ihrer Stellvertreterin Marlene Svazek an der Seite, die als Jungstar der Freiheitlichen gerne auf scharf macht. Und da ist Sepp Schellhorn, über die Landes-und Staatsgrenzen hinaus bekannter Gastronom und Flaggschiff der Neos, der nicht nur, aber wohl auch, dank seines Mundwerks in die Politik geriet und dort alles aufzumischen versprach.
Löwen respektive Löwinnen sind sie alle drei, die sich nun als Bettvorleger entpuppten. Entzaubert mit einem Mal, eine Enttäuschung für viele und Bestätigung dafür, dass vollmundiges Auftreten und ebensolche Ankündigungen das eine sind, und die Realität, die Umsetzung und Verwirklichung dessen, mit dem man sich die Wählerstimmen holte, etwas anderes sind.Edtstadler und Svazek kündigten mit großer Lippe -Edtstadler: "Ich muss nicht geliebt werden" - als ihr erstes großes Projekt an, ausgerechnet dem Pflegepersonal den Bonus zu streichen. Ausgerechnet jener Gruppe, der zu Beginn der Corona-Zeit noch allerorten applaudiert und so viel versprochen wurde. Nach heftigen Protesten gaben die beiden Damen nach und schoben die Streichung auf. Das Feld, den Ruf als Macherinnen zu festigen, war wohl das Falsche. Jetzt haben sie den Schaden auf allen Seiten -bei den Protestierenden haben sie jedes Vertrauen verloren und bei denen, die ihre Maßnahme begrüßt haben, wohl ihr Renommee.
Von Letzterem hat wohl auch Sepp Schellhorn viel verloren. Nach großem Getöse präsentierte er sein "erstes" Entbürokratisierungspaket, eines, das er als Oppositionspolitiker wohl in der Luft zerrissen hätte. Auch er -nicht mehr der Löwe, auf den so viele setzten, sondern nunmehr ein Bettvorleger.
Aber so ist das in und mit der Politik. Das Rendezvous mit der Realität ist meist ein hartes. Ein sehr hartes. Da ist dann nichts so einfach wie man es in Interviews und an den Rednerpulten gefordert und vorgeschlagen hat. Da sind auf einmal Leute mit ganz anderen Interessen und mit ganz anderen Zielen. Da gibt es auf einmal Widerstände, die überwunden, und Menschen, die überzeugt werden wollen. Die Wirklichkeit ist vertrackter, verzwickter, vielschichtiger und sehr viel komplexer als man annehmen mag. Es sind die Mühen der Ebenen, bei denen es gilt sich zu beweisen und zu Erfolg zu kommen. Da sind legistische und bürokratische Erfordernisse und jede Menge andere Stolpersteine. Die Realität ist vielschichtig und kompliziert. Viele haben schon diese Erfahrung machen müssen. Fordern kann man schnell etwas, aber das umzusetzen ist etwas ganz anderes.
Das Schauspiel der Salzburger Politiker zeigt vieles. Nicht nur, dass Politikerinnen und Politikern immer anstünde, den Mund nicht zu voll zu nehmen und mit mehr Demut an ihr Amt heranzugehen. Es zeigt etwa auch, dass eine Steuerautonomie für Länder, wie sie so gerne gefordert wird, nicht wirklich eine so gute Idee ist, als die sie zuweilen dargestellt wird. Edtstadler und Svazek nutzten einen mehr oder weniger zufällig entstandenen neuen Budgetspielraum umgehend, um alle Sparabsichten sofort wieder zu begraben, ganz so als wollten sie etwaige Absichten konterkarieren.
Vielen Politikerinnen und Politikern geht es wie Edtstadler, Svazek und Schellhorn, die vorige Woche in der Auslage gestanden sind. Bundeskanzler Stocker geht es so, wenn von ihm Maßnahmen gefordert werden, seinem Vize Babler erst recht, trat er doch im Wahlkampf als Robin Hood auf. Und auch auf Beate Meinl-Reisinger wächst von ihren Wählerinnen und Wählern der Druck zu liefern.
Einer hat sich diesem Druck nicht ausgeliefert und, wie viele meinen, gekniffen und sich gedrückt, obwohl er es in der Hand gehabt hätte, das Land zu regieren. Herbert Kickl hat in den vergangenen Jahren die allergrößten Erwartungshaltungen aufgebaut. Dementsprechend ist für ihn die Verantwortung am größten und auch die Gefahr des Scheiterns. Noch versteht er es, davon abzulenken. Sowohl sich als auch seine Wählerinnen und Wähler. Vielleicht, weil er schon Erfahrung damit hat. Kaum je ist ein Innenminister so untergangen wie er.
