Montag, 11. Juli 2011

Biogetreide: Karten neu gemischt





Das Chaos der vergangenen Jahre auf dem Markt für Biogetreide hinterließ Opfer - nicht nur Bauern zählen dazu. Auch Werner Lampert geriet mit "zurück zum Ursprung" in die Bredouille.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Auf dem heimischen Biogetreidemarkt geht es wieder einmal rund. Nach dem endgültigen Straucheln der Agentur für Biogetreide, dem einstmals größten Vermarkter in Österreich, der vor einem Monat Konkurs anmeldete, zog nun kurz vor der Ernte auch die Bio-Qualitätsgetreide (BQG) die Notbremse. Diese Gesellschaft, die mehrheitlich den Bio-Austria-Landesverbänden Niederösterreich und Burgenland gehört, war in die Geschäfte der Agentur für Biogetreide eingetreten. Ohne Erfolg. Die BQG wird heuer kein Getreide mehr übernehmen, sondern sich aus dem Geschäft zurückziehen.

Damit werden die Karten auf dem rund 200.000 Tonnen großen Markt unmittelbar vor der heurigen Ernte neu gemischt. Neuer großer Player neben der Crop Control, einer Tochter der saatbaulinz, und dem burgenländischen Händler Pinczker, ist die Raiffeisen Ware Austria (RWA). Die neu gegründete Tochtergesellschaft Biogetreide Austria (BGA) kauft über die Lagerhäuser heuer erstmals Biogetreide auf. Diese drei Unternehmen werden sich, so rechnet man in der Branche, rund 75 Prozent des Markts teilen.

Die Agentur für Biogetreide und die BQG hinterließen einen Scherbenhaufen. Nicht nur, dass sich viele Bauern kurzfristig neue Abnehmer suchen müssen, sie müssen sich auch noch mit mageren Preisen für die vorjährige Ernte zufrieden geben. Bei Biobrotgetreide kamen die BQG-Lieferanten nach einer späten Nachzahlung letztendlich auf einen Preis von rund 220 Euro pro Tonne. Das war nicht mehr, als auch für konventionell erzeugte Ware gezahlt wurde.

Aber nicht nur Bauern zahlten drauf. So ist dem Vernehmen nach etwa auch bei Werner Lampert und seinem "zurück zum Ursprung"-Programm für den Discounter Hofer Feuer am Dach. "Nach dem Rückzug der BQG, die ihm bisher über die BQG-Mutter Agricultura, eine PR-Gesellschaft, das Getreide lieferte, steht er nun ohne Vertragsbauern und ohne Versorgungsstrukturen für das kommende Jahr da", heißt es in der Branche.

Genau das aber war bisher eine der zentralen Säulen des "zurück zum Ursprung"-Konzepts. Dort stehen die Bauern als Persönlichkeiten, die Vertrauen schaffen sollen, im Mittelpunkt. Lamperts ganzer Stolz war bisher, dass die Herkunft des Getreides bei jedem einzelnen Stück Gebäck bis hin zu den Adressen samt Fotos der Bauern, die das Getreide dafür lieferten, per Internetcode nachvollziehbar gemacht wurde.

Die Branche schaut Lampert, der für die "Salzburger Nachrichten" nicht erreichbar war, genau auf die Finger. "Nun muss er in kurzer Zeit alles neu organisieren", heißt es mit einem Anflug von Schadenfreude. "Jetzt braucht er neue Vertragsbauern, muss die aufwendigen und personenorientierten Marketingmaßnahmen neu aufstellen und entsprechende neue Versorgungsstrukturen aufbauen", heißt es in der Branche. "Wir sind gespannt, wie er das hinbringt."

Laut Branchenkennern geht es dabei um ein jährliches Volumen von rund 8000 Tonnen Biobrotgetreide und 6000 Tonnen Biofuttergetreide.

Dem Vernehmen nach hat Lampert in den vergangenen Wochen nicht weniger als fünf Unternehmen mit der Aufbringung von Biogetreide für das kommende Jahr beauftragt. Dazu gehören die Raiffeisen Ware Austria genauso wie der Futtermittelhersteller Vitakorn, bisher Gesellschafter der Agentur für Biogetreide, oder die Mauthner-Gruppe, einer der größten privaten Landesproduktenhändler Österreichs.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 11. Juli 2011

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