Mittwoch, 16. August 2017

Federführend beim Gütesiegel



Ein Rechnungshofbericht brachte die AMA-Marketing im vergangenen Herbst in die Schlagzeilen. „Alles bereinigt“, sagt AMA-Chef Michael Blass heute. Es gilt zumindest für das, was den Rechnungshofbericht anlangt.

Hans Gmeiner

Österreichs Landwirtschaft ist stolz auf ihre Produkte. Sie erfolgreich zu vermarkten ist oft ein schwieriges Unterfangen. Die SN sprachen darüber mit Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing, für die genau das die zentrale Aufgabe ist.

SN: Beim Netzwerk Kulinarik, der gemeinsamen Gesellschaft von AMA-Marketing und Werner Lamperts Fair und Gut, die die vielfältigen agrarischen Initiativen in der Direktvermarktung und in der Gastronomie bündeln soll, ist offenbar Sand im Getriebe?

Michael Blass: Dass es rundherum und immer wieder auch zu Recht Kritik gab, ist Faktum. Manche meinen, bei einem Projekt dieser Komplexität ist die Chance zu reüssieren geringer als das Risiko zu scheitern. Es gibt aber Situationen, da muss man gerade solche Chancen ergreifen. Die AMA-Marketing handelt daher richtig, wenn sie an dem Projekt festhält. Was das Landwirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hat, ist eine sehr gute Sache für die Bauern und alle, die mit ihnen zusammenarbeiten.

Es gibt Gerüchte um einen Wechsel in der Geschäftsführung und eine Neuordnung der Gesellschaftsverhältnisse. Fakt ist: Eineinhalb Jahre nach der Gründung gibt es noch nichts Vorzeigbares, aber den Eindruck, das Projekt sei eine einzige Großbaustelle.

Großbaustelle ist ein gutes Bild. Eine Baustelle, für die wir Strategie-, Ablauf- und Finanzierungspläne entwickelt haben, aber – um beim Bild zu bleiben – die Arbeitsmaschinen sind noch nicht da. Das wäre freilich die Voraussetzung, dass man solide Strukturen errichtet. Alle haben ihr Bestes getan, um zügig in die Umsetzung zu kommen. Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo einiges darauf hindeutet, dass viel neuer Schub kommt.

Im Vorjahr sorgte ein Rechnungshofbericht für Aufsehen und rückte die AMA-Marketing in den Fokus der Politik. Der politische Einfluss wurde kritisiert, von einem Selbstbedienungsladen und von politisch motivierter Inseratenvergabe war die Rede und vielem mehr.

Diese Vorwürfe weise ich entschieden zurück. Sie sind ohne Substanz, pauschal und in keinem Fall belegbar. Was der Rechnungshof kritisierte, etwa die Vergabe von Marketingaufgaben an Agenturen außer Haus, hat Brüssel im Zuge der Notifizierung bei der AMA-Gründung untersagt. Jetzt signalisiert man, dass man auch anderes für vertretbar hält. Daher setzen wir bereits jetzt verstärkt auf Eigenleistungen.

Kritisiert wurden auch Parallelstrukturen zu Einrichtungen im Umfeld der Landwirtschaft und AMA-Marketing.

In den vergangenen Jahrzehnten entstanden Vereine, die ähnliche Ziele wie die AMA-Marketing, aber andere Finanzierungsformen hatten. Wir haben das in der Zwischenzeit bereinigt, soweit es nicht ohnehin bereits erledigt war.

Ist alles ausgeräumt, was der Rechnungshof kritisierte?

Wir haben in einem ersten Durchlauf an die 80 Prozent der Empfehlungen umgesetzt. Jetzt geht es vor allem noch um das Thema Verschriftlichung und Dokumentation, um Bürokratiethemen also. Über unsere Bitte wird sich zudem die interne AMA-Revision der Umsetzung des Rechnungshofberichts widmen. Auch eine externe Institution soll diesen Prozess begleiten.

Milchbauern aus Oberösterreich und Salzburg, die nach Bayern liefern, wollen keine Marketingbeiträge mehr für Milch zahlen, die gar nicht im Land vermarktet wird.

Zuständig für Einhebung der Marketingbeiträge ist die AMA als unsere Eigentümerin. Wenn es aber heißt, ein österreichischer Bauer, der nach Bayern liefert, hat nichts vom Marketing, das wir machen, dann sehe ich das anders. Gute Marketingmaßnahmen und eine gute Konsumenteninformation machen heute nicht an Landesgrenzen halt. Ganz abgesehen davon werden mit den Marketingbeiträgen auch Maßnahmen zu Qualitätssicherung finanziert, für die unsere Bauern Fördergelder erhalten. Davon profitieren auch jene Bauern, die nach Bayern liefern. Wir haben zwei Mal Gespräche angeboten, es gab aber keinerlei Reaktion.

Das AMA-Gütesiegel hat einen ausgezeichneten Ruf. Aber geht es nicht unter zwischen all den Siegeln, die immer noch wie wild in den Lebensmittelregalen wuchern?

Das AMA-Gütesiegel ist seit 20 Jahren auf dem Markt und hat Bekanntheits- und Vertrauenswerte, die in der Topliga sind. Bei Markenkraft und Markenstärke sind wir vergleichbar mit Marken wie Ikea oder Mercedes. Potenzial gibt es noch, wenn es darum geht, uns von Handels- und Erzeugermarken zu differenzieren. Während bei Milch und Milchprodukten praktisch überall das Gütesiegel zu finden ist, gibt es bei Fleisch und Fleischwaren noch Luft nach oben.

Seit dem Vorjahr gibt es sogar ein eigenes Tierwohl-Siegel. Es liegt aber noch hinter den Erwartungen?

Das „Modul Tierwohl“ des Gütesiegels ist noch in einer Anlaufphase. Aber wir sind bei diesem Thema schon heute stark. Hinter den Tierwohl-Programmen der Handelsketten liegen auf Lieferanten-Ebene häufig AMA-Systeme. Zudem haben wir die „Federführend“-Kampagne bei Hühnern und Puten laufen. In allen Fällen geht es darum, die Uralt-Dogmen endlich aufzubrechen, dass Fleisch ein Billigartikel ist, den man verschleudern kann.

Überfordert die Vielfalt der Kennzeichen nicht alle?

Was wir tun können, ist, in der Siegel-Familie der AMA mehr Ordnung zu schaffen. Das habe ich vor. Wir können und wollen aber das Tun der Handelskonzerne und Erzeuger nicht steuern, wir können nur versuchen, sie zu überzeugen, dass auch bei Logos weniger oft mehr ist. Sich über Siegel zu informieren ist im Übrigen auch Holschuld der Konsumenten und Konsumentinnen. Wer ein Smartphone oder Auto kauft oder ein Haus baut, informiert sich ja auch eingehend.

Letztes Thema: Der Lebensmittelhandel wird von den Bauern oft für ihre schwierige Situation verantwortlich gemacht. Das Verhältnis ist nicht einfach. Wenige große Ketten stehen Tausenden Erzeugern gegenüber. Wie ist Ihr Eindruck?

Im Handel ist inzwischen eine neue Generation von Managern an den Schaltstellen. Damit sind nicht nur neue Ideen, sondern, wie mir scheint, auch ein neues Bewusstsein für den Wert der Kooperation eingekehrt. Wir stellen bei den Handelsketten zunehmend Gesprächsbereitschaft für Themen der Bauernschaft fest. Wir sehen auch, dass der Handel in Österreich eine zentrale Institution ist, wenn’s darum geht, Lebensmittelsicherheit und Qualitätsprogramme umzusetzen.

Zur Person Michael Blass: Der Jurist war zunächst in der Wirtschaftskammer tätig, 1998 wurde er Geschäftsführer des Fachverbands der Lebensmittelindustrie. Seit Anfang 2013 ist er Geschäftsführer der AMA-Marketing.

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