Freitag, 2. Mai 2008

Ein Christbaum am 7. Jänner





Ein abgeräumter Christbaum am 7. Jänner nimmt sich prächtig aus dagegen, wie die Landwirtschaft mit ihren Biotreibstoffen dasteht. Armselig ist da, mit Verlaub, gar kein Ausdruck. 20 Jahre Hoffnung, Versprechen, Erwartungen, Pläne, Projekte. Und dann das. "Biosprit ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit." Schlagzeilen über Schlagzeilen, das Image demoliert, die Glaubwürdigkeit verspielt, die Aussichten düster.

Und die Landwirtschaft hat nichts zu sagen. Kaum mehr als ein dünnes Heftchen mit Argumenten kam von der Landwirtschaftskammer Österreich. Landwirtschaftsminister Josef Pröll fiel nicht mehr ein, als auf die Aufhebung der Flächenstilllegung zu verweisen und Kritiker als Steigbügelhalter der Ölindustrie anzuschwärzen. Und richtig hilflos Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch und Oberösterreichs Agrarlandesrat Josef Stockinger: Arbeitsplätze im ländlichen Raum beschwor der eine, "Bauern brauchen grüne Energie", meinte der andere. Als ob das in dieser Diskussion außerhalb der Landwirtschaft irgendwen interessieren würde.

Die Agrarier hatten und haben den immer neuen Studien nichts entgegenzusetzen. Nichts zu Lachgas, nichts zu Versorgung und Importen, kaum etwas zur Energiebilanz. Und schon gar nichts zum Totschlagargument "Biosprit bedeutet für Millionen Menschen Hunger". Eine mehrere Jahre alte Studie des Umweltbundesamtes und eine Analyse von Joanneum Research in Graz, der zufolge Bioethanol pro gefahrenen Pkw-Kilometer 30 bis 40 Prozent CO2 einspart - das ist alles. Und dann noch der Verweis darauf, dass in Europa bisher ohnehin nur 1,5 Prozent der Fläche für die Erzeugung von Biotreibstoffen verwendet werden - so, als ob das das Thema wäre, wo schon jetzt weltweit zumindest 4,5 Prozent der Ackerflächen dafür verwendet werden und Europa bereits derzeit einen Gutteil des Pflanzensprits importiert.

Für die Landwirtschaft rächt es sich, dass man in Sachen Bio-Treibstoffe immer schon schlampig mit Fakten war, zuweilen unsauber und herablassend argumentierte und Einwände nicht ernst nahm.

Aber nicht nur die Landwirtschaft machte Fehler. Hersteller wie Agrana, BDI, Biodiesel Vienna, Enns, Krems und wie sie alle heißen, haben die Bauern mit dem Desaster alleine gelassen und ihre Verantwortung erst gar nicht wahrgenommen. Von dort kam keine Rückendeckung. Gar nicht zu reden von der OMV. Just am Höhepunkt der Kritik an Biotreibstoffen schaltete der Ölkonzern Inserate, die Holz als Treibstofflieferant der Zukunft preisen. Und der Innovationsmanager des Konzerns ist zwar Vorstand der "Arge flüssige Biokraftstoffe" in der Wirtschaftskammer, gefällt sich aber, in Interviews Biodiesel als eine "Verschmutzung" und die österreichische Landwirtschaft als "nicht geeignet" für eine Bioethanolproduktion zu bezeichnen. Dabei wären es wohl genau diese Unternehmen, die am ehesten harte Fakten für die Diskussion liefern können. Aber ihr Herz schlägt wohl längst eher für die Konsumenten, die wie sie auf sinkende Agrarpreise hoffen. Einzig von Agrana-Chef Johann Marihart ist ab und zu etwas zu hören. Und der Anlagenhersteller BDI raffte sich zu einem offenen Brief an Sozialminister Erwin Buchinger auf.

Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Von Schulterschluss, gemeinsamer Strategie gar, ist nichts zu erkennen. Aber vielleicht gibt es tatsächlich nichts gegen die Kritik zu sagen.

Dann bleibt wohl der Christbaum am 7. Jänner prächtiger.

Blick ins Land" Nr. 05/08 vom 02.05.2008

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