
Die Diskussion
rund um die EU-Agrarreform läuft. Aber sie läuft nicht rund. Und vor allem
scheint sie an der Landwirtschaft und ihren Bedürfnissen vorbeizulaufen. Das
vor allem. Da ist viel – und zuweilen drängt sich gar der Eindruck auf vor
allem - von Umwelt und Klima die Rede. Man will den Düngereinsatz um 20 Prozent
reduzieren und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gar um 50 Prozent. Da geht
es um den Schutz von Vögel und Insekten und um die Biodiversität.
Das mag ja
alles gut und schön sein, aber um die Landwirtschaft und schon gar um die
Bauern scheint es hingegen kaum zu gehen. Um das, was sie umtreibt, um das, was
sie brauchen und schon gar nicht um das, was sie wollen. Nicht um so zentrale
wirtschaftliche Themen wie Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit, um eine
Steigerung der Wirtschaftlichkeit, um die Produktion und die Produkte, um die
Qualität und um deren Sicherung. Und schon gar nicht um so wichtige Themen wie
Forschung und Innovation. Und es geht offenbar nicht einmal um die
Versorgungssicherheit, auch wenn man sich darum zumindest in den zahllosen
Sonntagsreden viele Sorgen macht.
In all den
Papieren, die rund um die Reform der EU-Agrarpolitik präsentiert und diskutiert
werden, geht es bemerkenswert wenig darum, wie die Bauern damit zurechtkommen
sollen. Da ist viel von den Erwartungen und Wünschen der Gesellschaft die Rede,
aber wenig von jenen der Bauern. Und wenn von ihnen und ihren Bedürfnissen
geredet wird, dann sind die zumeist alleine aufs Geld reduziert. Auf die Preise
für die Produkte allenfalls, vor allem aber auf die Fördermittel, die ihnen die
öffentlichen Haushalte der EU- und der EU-Mitgliedsstaaten bereitstellen. Aber
damit hat es sich auch schon.
Die
Landwirtschaft mag darunter leiden, sie muss ich aber auch vorhalten lassen,
dafür zumindest mitverantwortlich zu sein. Zu sehr hat man in den vergangenen
Jahrezehnten auf das Geld geschaut und die Erhaltung der Förderungen als
zentrales Mittel der Agrarpolitik begriffen. Zu sehr hat sie sich auf die Rolle
als Subventionsnehmer am Tropf der öffentlichen Kassen reduzieren lassen.
Darüber hat man vergessen, über das eigene Tun zu reflektieren, darüber, was
man besser machen könnte und was anders. Statt sich weiterzuentwickeln stand in
vielen Bereichen vor allem im Mittelpunkt, das Bestehende zu erhalten.
Nun scheint
ganz Europa dabei zu sein, sich in der internationalen Landwirtschaft aus dem
Spiel zu nehmen. Man will reduzieren, man will schrumpfen, man will das Rad
zurückdrehen. Man will die Landwirtschaft, drängt sich der Eindruck auf, am
liebsten anderen überlassen. Den Chinesen, den Südamerikanern, den US-Amis. Und
die europäische Landwirtschaft hat dem nichts entgegenzusetzen, weil sie keine
Linie und keine Idee und schon gar kein Konzept hat.
Aufgabe der
österreichischen Agrarpolitik ist es, dafür zu sorgen, dass die heimische
Landwirtschaft nicht von diesem Strömungen mitgerissen wird und zumindest ihren
bisherigen Weg, der bei allen Schwächen in Europa doch zu den innovativsten zählt,
verteidigen und weitergehen kann.
Von
Verbesserungen ist ohnehin keine Rede. Schon gar nicht von Verbesserungen für
die Bauern.
Gmeiner meint - Blick ins Land, 4. September 2020
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