Donnerstag, 23. Juli 2009

Einstiegsstopp bei Biobauern






Nur mehr bis zum Herbst kann man Biobauer werden. Dann erst wieder 2014. Das kommt der Branche nicht ungelegen.

HANS GMEINER Salzburg (SN ). In manchen Bauernstuben glühen derzeit die Rechenstifte. Es geht um den Umstieg auf Biolandwirtschaft. Die Entscheidung muss Anfang Herbst fallen. Denn ab 2010 gibt es faktisch für vier Jahre einen Einstiegsstopp, weil das Förderprogramm für den Biolandbau 2013 endet und davor eine Mindesteilnahmezeit verlangt. Erst ab 2014, mit Beginn der neuen EU-Finanzperiode, wird es wieder möglich sein, Biobauer zu werden und dafür auch Förderungen zu bekommen.
Für Alois Posch, Bioexperte im Landwirtschaftsministerium, ist das angesichts der Absatzprobleme der Landwirtschaft, die auch vor den Biobauern nicht halt machen, kein Grund zur Aufregung. „Das passt gar nicht so schlecht zusammen, weil wir ohnehin darauf achten wollen, dass Angebot und Nachfrage zusammenstimmen“, sagt er im Gespräch mit den SN.
Damit haben die Verantwortlichen in der Biolandwirtschaft derzeit ohnehin genug zu tun. „Es gibt keine Abwärtsentwicklung, aber der Markt stagniert“, sagt Posch. Das Biowunder Österreich ist damit vorerst ins Stocken geraten. „Die allgemeinen Probleme der Landwirtschaft gehen auch an Bio nicht vorbei“, sagt der Experte des Ministeriums.
Dennoch ist Österreich in Sachen Bio nach wie vor die Nummer Eins in Europa. Zwischen 1998 und 2008 wuchs die Biofläche von 290.000 auf 383.000 Hektar. Das sind 16 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche, so viel wie nirgendwo sonst in Europa.
Die Zahl der Biobetriebe hingegen pendelt seit zehn Jahren rund um 20.000. Vor allem viele Tierhalter im Westen Österreichs sind wegen der strengen Vorschriften wieder ausgestiegen. Im Osten hingegen kamen viele Getreidebauern neu dazu.
Hinter dem Biowunder steht eine gezielte Förderung. 88,5 Millionen Euro erhalten die Bauern zusätzlich zu den allgemeinen Agrarunterstützungen allein an Bioförderungen, 139 Millionen insgesamt aus den Umweltprogrammen. An knapp 15 Prozent der Bauern fließen damit 26 Prozent der Umweltmittel, die in die Landwirtschaft gehen.
Der „Grüne Bericht“ weist für Biobauern regelmäßig bessere Einkommen als für vergleichbare konventionelle Betriebe aus, dennoch ist die Entscheidung zum Umstieg für die Bauern nicht einfach. Sie verlangt immer noch eine große Portion Pioniergeist. Die Preise, die in den vergangenen Jahren den Umstieg auf Bio für viele Bauern zu einer zukunftsträchtigen Alternative machten, sind unter Druck. Und vor allem die Bauern in Westösterreich, die Biofuttermittel zukaufen müssen, klagen über zu hohe Kosten. „Wir müssen das Biowunder in Ostösterreich, wo sich die Ackerflächen zwischen 2001 und 2008 auf 157.000 Hektar verdoppelten, zahlen“, ist ein Satz, der immer noch zu hören ist.
Bio-Austria, so der Vorwurf, der immer wieder mitschwingt, habe den Markt über die Agentur für Biogetreide fest im Griff. Vielen Bio-Austria-Bauern stößt das sauer auf. Ihre Kritik: Mit einem auf die Agenturmiteigentümer aus der Futtermittelindustrie, wie den Salzburger Raiffeisenverband, maßgeschneiderten Standard würden selbst billigere österreichische Anbieter von Futtermitteln vom Markt ferngehalten.
Der raue Wind ist bei den Biobauern in den vergangenen Jahren üblich geworden. Werner Lampert überließ in Niederösterreich 270 Biobauern, die für die Hofer-Eigenmarke „Zurück zum Urspung“ Milch lieferten, ihrem Schicksal und wechselte nach Tirol. Dort wurden, mangels Alternative nicht immer ganz freiwillig, Dutzende konventionelle Bauern im Schnellverfahren zu Biolieferanten gemacht.
Sie sind nun ein Teil jener 1000 Biobauern, die heuer die Statistik als neue Biobauern auffetten werden und die vor zwei Jahren vom damaligen Landwirtschaftsminister Josef Pröll gestartete Biooffensive doch noch zu einem Erfolg machen sollen. Das Ziel, den Bioflächenanteil auf 20 Prozent zu steigern, hat man indes fallen lassen müssen. „18 Prozent sind wahrscheinlich“, sagt Posch.
Wirtschaft / 23.07.2009 / Print

Weniger Bauern? Vorstoß in eine Tabuzone





"Raiffeisenzeitung" Nr. 30+31/09 vom 23.07.2009

Das Zerren auf dem Milchmarkt legt das Dilemma der Agrarpolitik und der Bauern bloß. Da soll für eine Milchprämie reichlich Geld fließen, die nichts anderes tut, als dafür zu sorgen, dass die Bauern weiterhin zuviel produzieren können. Nicht anders ist es bei den Millionen für die Exportförderungen und bei den Einlagerungsaktionen, mit denen Brüssel die Lage auf dem Milchmarkt unter Kontrolle bringen will und alle den anderen Maßnahmen, die angekündigt und diskutiert werden.
Der Erfolg ist mehr als bescheiden. Die Preise rauschen unbeeindruckt nach unten. Nicht die Bauern liegen falsch, nein der Markt ist es, meint man vielerorts in der Verzweiflung allen Ernstes. All diese Bemühungen sind nicht nur Manifestation der Hilflosigkeit. Sie sind auch – und das vor allem – Manifestationen der Ideenlosigkeit und vor allem des politischen Kleinkrämertums und der politischen Feigheit.
Bei Milch ist es so. Aber bei Getreide, bei Fleisch und in vielen anderen Produktionssparten ist es kaum anders.
Viele Bauern leiden und verzagen. Die Wirtschaftskrise drückt, die Märkte sind schlecht und Brüssel will schon bald die Agrargelder kürzen. In dieser Situation drängt sich die Frage auf, ob jetzt nicht die Zeit für einen großen Schnitt wäre. Für einen Schnitt, der die österreichische Landwirtschaft, die in vielen Bereichen an ihrer Kleinstrukturiertheit leidet, auf ein Niveau hebt, der sie in die Lage versetzt, im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Für einen Befreiungsschlag, der die heimische Landwirtschaft stark genug macht, mit den Anforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte zurechtzukommen, der sie unabhängiger macht von öffentlichen Geldern, von politischen Konstellationen und politischen Veränderungen. Für einen Schnitt, der den Bauern wieder Kraft gibt.
Denn die haben sie derzeit oft nicht. Trotz aller Hilfen und Ausgleichszahlungen. Wie denn auch? Ein durchschnittlicher Betrieb hat kaum 20 Hektar als Wirtschaftsbasis, mit durchschnittlich zehn Kühen oder 80 Schweinen im Stall gehört er zu den Schlusslichtern in Europa. In der Milchwirtschaft, im Ackerbau, in der Schweinehaltung und in vielen anderen Sparten.Viele der Bauern leiden unter dieser Situation. Die Sorgen um die Zukunft drücken und nicht selten die Probleme mit der Hofnachfolge. Sie wissen nicht, wie sie damit zurechtkommen sollen, wenn sie hören, wie in aller Welt der Trend zu größeren Betriebseinheiten geht, wie von allen Seiten gefordert wird, dass sie noch günstiger produzieren sollen, wie sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Preise unkalkulierbar rauf- und runtersausen und dass sie um die Fördermittel bangen müssen.
„Zum Leben zu wenig, zum Sterben zuviel“ sagt man da wohl. Viele würden lieber heute als morgen aufhören, wenn sie sich’s denn nur leisten könntenDarum wäre es an der Zeit, dass die Agrarpolitik endlich über ihren Schatten springt und über ein Tabu redet – über eine Verringerung der Zahl der Bauern.Was wäre, wenn man, so die ketzerische Frage, nicht wie bisher alles daran setzt, möglichst alle Bauern weiter in der Produktion zu halten? Was wäre, wenn man mit einem Teil der Agrar-Millionen all jenen Bauern, die aus der Landwirtschaft aussteigen wollen, ein Angebot macht? Eine Abschlagszahlung auf die Hand und dafür steigen sie aus der Produktion aus, geben Kontingente zurück, räumen die Ställe aus, verpachten den Grund.
„Ein unmoralisches Angebot“ wird wohl mancher aufschreien. Aber, was spricht wirklich dagegen? Die frei werdenden Flächen und Kapazitäten würden anderen Bauern helfen, sich für die Zukunft stark genug aufzustellen. Sie könnten günstiger produzieren, ihre Maschinen besser ausnutzen, die Kosten senken. Und die Aussteiger hätten Startkapital, um außerhalb der Landwirtschaft eine neue Existenz aufzubauen.
Es gibt genug Bauern, die lieber heute als morgen die Stalltür für immer zumachen und den Pflug abstellen möchten, denen die Doppelbelastung im Nebenerwerb längst zuviel ist, die keine Perspektive für ihren Betriebe sehen und trotzdem weitermachen (müssen).Ist es da nicht, um bei der Moral zu bleiben, noch unmoralischer, solchen Bauern keine Wahlmöglichkeit anzubieten und sie statt dessen so lange werken zu lassen, bis sie wirklich nicht mehr können und ohne Perspektive aufgeben müssen?
Das Thema ist heikel, keine Frage. Aber das darf kein Grund sein, es nicht zu diskutieren. Bisher fehlte der Mut dazu.Zu verdenken ist das den Verantwortlichen freilich nicht. Denn ein Agrarpolitiker, der sagt, „wir brauchen weniger Bauern,“ hat nach gängiger Sicht der Dinge seine Daseinsberechtigung verloren. Ganz abgesehen davon, dass er für jeden politischen Gegner ein gefundenes Fressen ist.
Sofort werden Totschlagargumente in Stellung gebracht. Die Menschen, die im Stich gelassen werden, die Landschaft, die niemand pflegt, das Tal, das zuwächst, die Almen, die verwaisen.
Dabei müssen sie allesamt nicht zutreffen. Es muss ja nicht gleich das Kind mit dem Bad ausgeschüttet werden. Die Landschaften können dennoch schön und offen und die Menschen in den Regionen gehalten werden, Almen müssen nicht automatisch verwildern und Täler zuwachsen.
Was jetzt passiert, ist eigentlich schlimmer, denn jetzt wird dieser Prozess völlig ungesteuert sich selbst überlassen. Dabei wird oft nichts als Geld verschwendet, Unmut provoziert und Leid produziert.Die Entwicklung der Agrarmärkte verlangt zuerst einmal mutiges Denken und dann mutige Schritte.Von beidem ist in Österreich wenig zu spüren. Wenn diskutiert wird, dann wie eh und je über Förderungen und deren Gestaltung, kaum aber darüber, wie man der Landwirtschaft und den Bauern langfristig Stärke geben kann. Genau dafür aber ist es hoch an der Zeit. Wegen der Entwicklungen auf den Märkten und wegen der Entwicklungen auf den politischen Parketten dieser Welt.

Mittwoch, 22. Juli 2009

Bio ganz konventionell





Der Bioboom ist für die Bauern zwar immer noch eine Erfolgsstory, dass er ins Stocken geraten ist, ist aber nicht mehr zu übersehen. Die Krise zeigt der Biolandwirtschaft die Grenzen auf. Wo der Preisabstand zu konventionellen Produkten zu groß wird, geht der Konsum sofort zurück. Erst recht in schlechten Zeiten.
Nicht nur das ist ein Zeichen dafür, dass die Biolandwirtschaft in Österreich den Plafond erreicht hat - trotz hoher Extraförderungen zusätzlich zu den Mitteln, die alle Bauern bekommen. Vor zwei Jahren wurde eine Biooffensive gestartet, weil die Nachfrage nach Bioprodukten in den Himmel zu wachsen schien. Heute ist man froh, dass die damaligen Ziele nicht erreicht wurden. Die Zahl der Bauern und die Fläche nahm kaum zu.
Die Konsolidierung kann nur guttun. Rundherum haben die Mitbewerber nicht nur in Europa aufgeholt. Bio ist längst nicht mehr allein die Sache kleiner Bauern, sondern Big Business. Und die Probleme auf den Bioagrarmärkten werden denjenigen auf den konventionellen Märkten immer ähnlicher: Preisdruck und Überschüsse. Der Ruf nach Schutz vor Importen und höheren Förderungen ist nicht mehr zu überhören.
Die Biobauern und ihre Vertretung müssen nun beweisen, dass sie mit den neuen Herausforderungen zurechtkommen. Die Voraussetzungen dafür sind freilich besser als bei ihren konventionell erzeugenden Kollegen. Denn dem Biolandbau werden nach wie vor gute Aussichten bescheinigt.

Von Hans Gmeiner am 22. Jul 2009 in Wirtschaft

Samstag, 18. Juli 2009

Der eigene Herd ist wieder Goldes wert






Die Krise verändert die Konsumgewohnheiten. Man kocht daheim. Fleisch gewinnt, Milch und Bio verlieren.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Drei Mal pro Jahr lässt die AMA-Marketing das Konsumverhalten der Österreicher analysieren. Selten war die Überraschung so groß wie diesmal. „Die Krise hat das Einkaufsverhalten bei Lebensmitteln definitiv verändert“, sagt Hermine Hackl, Sprecherin der AMA-Marketing. Immer mehr Menschen kehren zum eigenen Herd zurück. Je kleiner der finanzielle Spielraum ist, desto größer ist die Tendenz, Grundnahrungsmittel zu kaufen und das Essen wieder selbst zuzubereiten. „Viele Leute können oder wollen es sich nicht mehr leisten, auswärts zu essen“, sagt Hackl. „Bevor man 50 oder mehr Euro für ein Essen im Restaurant ausgibt, kauft man sich lieber ein besseres Stück Fleisch und brät es daheim.“ Die Folge: Der Verkauf von Fleisch im Handel und in Metzgereien legt seit Monaten kräftig zu. Von Produkten, die man fürs Backen braucht, ist Ähnliches zu hören.
„Cocooning“ sagen die Trendforscher zu diesem Rückzug in die eigenen vier Wände, der auch zur starken Nachfrage bei Bau- und Gartenmärkten passt. „Bevor sie verzichten, machen sich die Leute lieber etwas selbst“, sagt Hackl.
Bei Fleisch schlägt sich dieser Trend nun auch in der Statistik nieder. Laut RollAMA verkauften Supermärkte und Metzger heuer in den ersten vier Monaten um 5,6 Prozent mehr Fleisch als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Zu besonderen Verkaufshits wurden Rind- und Kalbfleisch (plus zehn Prozent) und vorbereitete Fleischteile. Der Absatz in diesem Segment legte mengenmäßig gleich um gut 16 Prozent zu.
Insgesamt treten die Österreicher beim Lebensmitteleinkauf freilich kürzer. In den meisten Sparten liegen die verkauften Mengen unter den Werten des vergleichbaren Vorjahreszeitraumes. Der Absatz von Milch, Topfen und Joghurt ging um drei Prozent zurück, bei Milchmixgetränken gab es ein Minus von 5,7 Prozent. Nur bei Käse gab es einen leichten Zuwachs. Markante Rückgänge gab es auch bei Frischobst und Frischgemüse.
Zu den Verlierern zählt in manchen Sparten auch Bio. Der Absatz von Biomilch sackte binnen Jahresfrist um 23 Prozent ab, auch bei Butter, Fleisch, Gemüse und Kartoffeln gab es ein Minus.
Im Handel kann man mit der Entwicklung leben. „Wir sind von der Krise nicht so stark tangiert wie andere Bereiche“, betont Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. „Die Leute greifen verstärkt auf Produkte im Preiseinstiegsbereich“, sagt Rewe-Sprecherin Corinna Tinkler. Aktionen und Eigenmarken gewannen im Lebensmittelhandel in den vergangenen Monaten weiter an Bedeutung. „Unsere S-Budget-Linie geht supergut“, sagt Berkmann. Ähnliche Erfahrungen hat man bei Rewe gemacht, wo sich bei Grundnahrungsmitteln die verkauften Mengen der Rewe-Eigenmarke „clever“ teilweise sogar verdoppelt haben.
Die Landwirtschaft kommt mit den neuen Entwicklungen schwerer zurecht. Bei Fleisch hofft man weiter auf Rückenwind und darauf, dass sich die Nachfrage auch in höheren Preisen niederschlägt. „Wenn mehr daheim gekocht wird, profitieren die heimischen Bauern“, sagt Hermine Hackl. „Im Handel und bei den Fleischern liegt der Anteil von heimischem Fleisch bei 90 Prozent, in der Gastronomie hingegen nur bei geschätzten 50 Prozent.“
Die Milchbauern hingegen stehen der neuen Entwicklung immer noch hilflos gegenüber. Trotz des schrumpfenden Marktes lag die Produktion in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 2,1 Prozent höher als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Während die Milchbauern im Osten Österreichs ihre Produktion einschränkten, weiteten die Bauern in den westlichen Bundesländern die Milcherzeugung weiter aus. An der Spitze dabei ist Salzburg mit plus 1,2 Prozent.
„Die Bauern müssen reagieren“, fordert daher Adolf Marktsteiner von der Landwirtschaftskammer Österreich mit Nachdruck. Er erwartet, dass der kürzlich beschlossene schärfere Kurs gegen Bauern, die ihre Quoten überliefern, bald Früchte trägt. „Wer mehr als sechs bis zehn Prozent seiner Richtmenge überliefert, muss rückwirkend ab 1. April bis zu 19 Cent pro Kilogramm Preisabschlag in Kauf nehmen.“ Bei den 25 bis 30 Cent, die derzeit gezahlt werden, bleibt dann nicht mehr viel. Marksteiner: „Damit ist Überliefern uninteressant.“
Wirtschaft / 18.07.2009 / Print

Samstag, 4. Juli 2009

Magerkost für die Bauern





Die Landwirtschaft muss ab 2014 um Fördergelder bangen. Viele Bauern im Flachgau könnte es besonders erwischen.

HANS GMEINER Wien (SN). Die Bauern haben sich gerade an die letzte Agrarreform gewöhnt, und schon kommen die Vorbereitungen für die nächste Reform, die 2014 ansteht, wegen der langen Vorlaufzeiten in den EU-Gremien in die heiße Phase. Schon jetzt ist klar: Es wird es in Zukunft eher Magerkost geben.
„Die Bauern müssen sich darauf einstellen, dass es in der nächsten Budgetperiode weniger Geld aus Brüssel geben wird“, sagte Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich Freitag in Wien. „Ich will keine Illusionen machen, viele EU-Finanzminister sehen den Agrartopf als Sparschwein, um ihre Haushalte zu sanieren.“
Derzeit gibt die EU für die Landwirtschaft und ländliche Entwicklung insgesamt 51 Mrd. Euro jährlich (1,85 Mrd. für Österreich) aus. Das sind zwar 45 Prozent des EU-Budgets, aber nur ein Prozent aller Ausgaben der öffentlichen Haushalte in Europa.
Das Gezerre um Agrargelder ist bereits an mehreren Fronten im Gang. Staaten wie Schweden, Dänemark und Großbritannien treten für eine Kürzung der direkten Förderung aus der sogenannten ersten Säule der Agrarpolitik und für eine Umschichtung hin zu Mitteln für die ländliche Entwicklung, der zweiten Säule, ein. Die neuen Mitgliedsländer aus Osteuropa wollen nicht länger hinnehmen, dass Bauern in Ländern wie Frankreich oder Österreich bis zu 280 Euro pro Hektar aus den Brüsseler Töpfen bekommen, die Bauern in Ungarn und den anderen Ländern aber nur 85 Euro und noch weniger.
In Diskussion steht auch die Definition von benachteiligten Gebieten, für die es Sonderförderungen gibt. Während die Förderungen für die Bergbauern wenn schon nicht in der Höhe, so zumindest in der Sache selbst, außer Diskussion stehen dürfte, könnte es für Bauern in Randzonen wie dem Salzburger Flachgau zu Überraschungen kommen. Sie könnten aus der „Förderkulisse“, wie das im Agrardeutsch heißt, herausfallen und die Sonderförderungen verlieren.
Berlakovich strebt bei den Verhandlungen eine behutsame Weiterentwicklung des derzeitigen Agrarsystems an. „Die Bauern brauchen Ausgleichszahlungen“, sagt er. Allerdings sollen Themen wie Biodiversität, Klimaschutz, Versorgungssicherheit oder die Leistungen für den Tourismus eine größere Rolle spielen.
Wirtschaft / 04.07.2009 / Print
 
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