Samstag, 8. August 2009

Nutzt's nix, so schad'ts nix!?





In Salzburg gibt sich der Agrarlandesrat gerne als Überbleibsel der Fußball-EM. Er gefällt sich als Schiedsrichter und zeigt Handelskonzernen und Molkereien gerne und medienwirksam die "Rote Karte", weil sie seiner Meinung nach Milch zu Dumpingpreisen verschleudern und den Bauern zu wenig zahlen. "Der verwechselt Äpfel mit Birnen", lässt man ihn dort wissen und setzt die Billig-Aktionen fort. Der sonst so seriöse Bauernpräsident Gerhard Wlodkowski besorgt sich eine blaue Arbeitsbluse und lässt sich mit einem Ferkel im Arm fotografieren. "Landwirtschaftskammerpräsident Gerhard Wlodkowski kämpft dafür, dass diese wichtige Sparte in der Steiermark erhalten bleibt", heißt es im beigefügten Text. Was er mit "kämpfen" meint, bleibt sein Geheimnis. Das Bild muss genügen. Und der Landwirtschaftsminister und eine ganze Reihe von Agrar-Landesräten haben sich mit dem Thema Genuss ein Perpetuum mo?bile geschaffen, das ihre persönliche Präsenz in der Öffentlichkeit - sonst aber gar nichts - garantiert. Manche von ihnen halten das für Politik.

Das sind nur einige wenige Beispiele für etwas, was in anderen Bereichen Menschen in die Politikverdrossenheit treibt, sich aber auch in der Landwirtschaft zusehends in die politische Arbeit mischt: Immer öfter zählen nur mehr die schnelle Schlagzeile, das einprägsame Bild, der rasche "Sager". Hauptsache in der Zeitung, Hauptsache im Fernsehen. Und am besten nicht nur in der agrarischen Öffentlichkeit. Was das bringt "Nutzt's nix, so schad'ts nix", heißt es dann. Man kennt das Grinsen, wenn man Verantwortliche darauf anspricht, das Schulterzucken. "Ist ja gut rübergekommen."

Zuweilen hat es den Anschein, als seien die Bauern in die Fänge von Populisten geraten. Schlimm genug. Was aber noch schlimmer ist: Dass man es in die Zeitung oder ins Fernsehen schafft oder dass es gelungen ist, ein Bild unterzubringen, wird immer öfter mit Politik verwechselt, mit Politik für die Bauern - zu allem Überdruss auch noch mit der Betonung auf "für".

Dieser Verwechslung scheinen auch viele andere, die vorgeben, in der Landwirtschaft etwas bewegen zu wollen, aufzusitzen. Die IG-Milch und ihr Milchlieferboykott sind ein Beispiel dafür - fette Schlagzeilen, jede Menge Fernsehminuten, und die Bauernmilchpreise sind trotzdem gesunken. Um keinen Deut anders und schon gar nicht besser sind die Zurufe von Parteien zu werten, in denen Landwirtschaft und die Bauern kaum eine Rolle spielen, außer jener, den "Schwarzen" ans Zeug zu flicken. Nach Belieben werden von dort aus zuweilen Themen in der Öffentlichkeit lanciert, die wenig mit den Bedürfnissen der Landwirtschaft, oft aber viel mehr mit den Absichten der Parteien zu tun haben, sich in der Öffentlichkeit zu positionieren und - siehe oben - in die Medien zu kommen.

Politik ist anders. Und sie muss anders sein. Die Bauern leiden unter den steigenden Kosten, viele Produktionssparten kämpfen nach wie vor mit schlechten Preisen. Der Welthandel gab sich neue Regeln und sorgt dafür, dass sich die Landwirtschaft international neu aufstellt. Damit müssen die österreichischen Bauern zurechtkommen. Da sind nette Bilder mit Ferkeln und Genuss-Aktionen zu wenig. Und auch "Rote Karten". In einem Kommentar bringt eine Kollegin auf den Punkt, was solche Aktionen in den allermeisten Fällen bleiben: "Ohne Erfolg." Vor allem für die Bauern. Die brauchen Politik mit Ergebnissen. Mit guten Ergebnissen, versteht sich.

"Blick ins Land" Nr. 08/08 vom 08.08.2008

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