Freitag, 1. Januar 2010
Die Landwirtschaft braucht bessere Argumente
Im Handel tobt seit Wochen eine Preisschlacht wie noch nie. „Hammerpreise“, „Dauertiefstpreise“, „Superschnäppchen“. Österreichisches Weizenmehl gibt es um 29 Cent, ein Kilo Wiener Zucker um 75 Cent, Käse im Doppelpack und zum halben Preis und Fleisch zu „Wahnsinnspreisen“. Und dazu boomen die Billig-Eigenmarken der Handelsketten so sehr, dass selbst für Diskonter die Luft dünn wird.
Für die Lebensmittelhersteller und für die Landwirtschaft ist sie es schon längst. Niemand hätte geglaubt, dass so ungeniert weiter an der Preisspirale gedreht wird.
Der Druck ist enorm. Viele Verarbeiter klagen und wollen am liebsten keine Zahlen mehr über ihre wirtschaftliche Entwicklung weitergeben. Zumal dann wenn die nicht schlecht ist – „weil dann halten uns die Einkäufer bei den Preisverhandlungen die Zeitungsausschnitte vor die Nase“.
Da ist man lieber ruhig.
Das ist inzwischen offenbar auch die Landwirtschaft. Gab es seinerzeit noch Demonstrationen vor Supermärkten und heftige Scharmützel mit dem Handel, so herrscht seit geraumer Zeit nur mehr Schweigen - als schiene man mit dem Latein am Ende.
Klartext mag derzeit niemand reden. Nicht zuletzt wohl auch, weil die Landwirtschaft im Beziehungsgeflecht mit Handel, Verarbeitern aber auch Konsumenten immer schwächer wird. Vertun will man es sich da mit niemandem, will doch diese Handelskette als Gütesiegel-Nutzer gewonnen werden, geht doch dort ein ganzer Bauernverband eine Partnerschaft mit einem Diskonter ein und da will man nirgends anecken, weil man auf Projekte hofft. Allenfalls gibt es Gespräche auf höchster Ebene in dieser Vorstandetage, Meinungsaustausch in jener. Aber praktisch immer ohne greifbare Ergebnisse.
Nur keine Wellen. Das alltägliche Spiel im Geschäftsleben eben.
Das scheint alles zu sein.
Die Frage ist nur, ob die Landwirtschaft respektive die Bauernvertretung dieses Spiel gut spielt.
Wohl eher nicht. Die Gegenseite scheint besser zu sein. Die Supermarktketten nutzen nach Bedarf das Image österreichischer Produkte und gerieren sich als Partner der heimischen Bauern, wenn es ihnen hineinpasst. Und sonst halt nicht. Da sind Produkte von anderswo genauso recht, wenn nur der Preis stimmt.
Und immer mehr Konsumenten ist das nur recht.
Die Landwirtschaft muss zuschauen. Ihre Hinweise auf Arbeitsplätze, Landschaftserhaltung, Verantwortung oder darauf, dass nur mehr 13 Prozent der Haushaltsausgaben auf Lebensmittel entfallen, verfangen längst nicht mehr.
Dass es so ist, hat auch damit zu tun, dass man in Produktion und Vermarktung zu lange auf überholten Standpunkten beharrte und die eigene Stellung auf den Märkten und bei den Konsumenten falsch einschätzte - weil man keine anderen Chance sah, oft aber auch aus reinem Bestemm. „Mia san mia“.
Kein Wunder ist etwa, dass sich Handelsriesen unter dem Mäntelchen der Vertragslandwirtschaft ihre eigenen Bauern zurechtschneiderten - abseits der gewohnten und von der Bauernvertretung beeinflussbaren Strukturen.
Sogar im eigenen Umfeld tut sich die Landwirtschaft schwer, Gehör zu finden. Viele Genossenschaften haben sich längst von den Bedürfnissen der heimischen Landwirtschaft abgekoppelt. „Wir müssen ja etwas verdienen“.
Nun, da haben sie wohl recht - aber die Bauern sollten das auch.
Dafür freilich müssen sie sich neue Strategien und bessere Argumente einfallen lassen, um mit den Kräften auf den Märkten zurecht und dabei nicht zu kurz zu kommen.
Blick ins Land 1/2010 v. 1. Jänner 2010
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