Der deutsche Bioverband Naturland, in der Szene ein internationaler „Multi“, greift nach Österreichs Biolandbau. Bio Austria wehrt sich nach Kräften.
Hans GmeinerSalzburg. Nachdem sich der Markt nach den Rückgängen der vergangenen Jahre wieder gefangen hat und die Absatzzahlen zulegen, herrscht neuerlich Aufregung in der heimischen Bioszene. Seit vergangenem Herbst wirbt der deutsche Biobauernverband Naturland, erst jüngst im Zusammenhang mit einem Verdacht auf einen Bioetikettenschwindel in die Schlagzeilen geraten, unter Österreichs Biobauern um Mitglieder. Nach den Milchlieferanten geht es jetzt vor allem um Erzeuger von Biogetreide.
Es gebe zahlreiche Anfragen, sagt der für Österreich zuständige Josef Brunnbauer von Naturland. Zwei Versprechen stehen dabei im Zentrum: Man biete als Partner von Rewe und Aldi Zutritt zu einem nicht unbedeutenden Teil des deutschen Markts. Und: Naturland sei ein Verband „in dem noch Bäuerinnen und Bauern selbst Richtlinien machen und bestimmen, was hochwertiges Bio ist, und nicht der Handel“. Damit nicht genug, will man die Biobauern auch politisch vertreten. „Wir wollen uns politisch einbringen“, bestätigt Brunnbauer und verweist auf einen „Austausch mit allen relevanten Akteuren“ vom Agrarministerium über die Landwirtschaftskammern bis hin zum Bauernbund, mit dem man sich „schon jetzt“ abstimme. Ob die Bemühungen Erfolg haben, ist offen. Es gibt auch heftigen Gegenwind.
So warnt Franz Waldenberger, Bauernkammerpräsident in Oberösterreich, davor, dass Biorichtlinien für Österreich künftig in Deutschland gemacht werden. „Bei Naturland dürften primär Geschäftsinteressen und nicht jene der heimischen Bauern im Mittelpunkt stehen“, mutmaßt er. Immerhin gilt Naturland, das nach eigenen Angaben weltweit mit 128.000 Bauern und 1500 Handelsunternehmen und Verarbeitern zusammenarbeitet, international als einer der größten Biozertifizierer.
Die heimischen Bauern zeigen sich zurückhaltend. Seit ein Gutteil der Lieferanten der SalzburgMilch und von Woerle und im Vorjahr einige Lieferanten der Berglandmilch zu Naturland wechselten, weil die Molkereien das verlangten, um deutsche Kunden nicht zu verlieren, ist die Zahl der Naturland-Mitglieder in Österreich stabil bei rund 2300. Gut die Hälfte entfällt auf Salzburg. Dass diese Zahl derzeit nicht mehr wächst, hat auch damit zu tun, dass in Deutschland der Biomarkt wieder boomt und der Handel auf spezifische Verbandszertifizierungen wie von Naturland weniger Wert legt, wenn man Bioware denn nur bekommt. Das bestätigen auch Barbara Riegler und Susanne Maier, Obfrau von Bio Austria, dem größten heimischen Biobauernverband, die eine und Geschäftsführerin die andere. „Das hat Druck rausgenommen.“
Riegler und Maier üben sich daher in Gelassenheit, obwohl nicht wenige die Naturland-Aktivitäten in Österreich als Angriff auf Bio Austria sehen. Dem Verband gehören mehr als die Hälfte der 25.000 Biobauern an. „Wir sind ja kein Bio-Entwicklungsland, das auf die Deutschen gewartet hat“, sagen Riegler und Maier. Vielmehr komme Naturland aus einem Land, in dem es „viel mehr Handlungsbedarf als bei uns“ gäbe. Denn während in Österreich 25 Prozent der Höfe und 30 Prozent der Flächen biologisch bewirtschaftet würden, seien es in Deutschland keine zehn Prozent. Zudem habe Bio Austria in Österreich 13.000 bäuerliche Mitgliedsbetriebe und Naturland in Deutschland keine 5000, deutlich weniger als Bioland, der größte deutsche Biobauernverband. Man biete zudem umfassende, auch fachliche Beratung und arbeite zu deutlich niedrigeren Kosten. „Und da kommt jetzt ein Neuer daher, der glaubt, er müsse alles revolutionieren.“ Sie fürchten vor allem um die österreichische Bioqualität, denn die Naturland-Zertifizierung gelte international und mache damit Bioware austauschbar. „Herkunft und Regionalität spielen da keine Rolle.“
Bei Bio Austria spricht man von einer „Konkurrenzsituation“. In Salzburg ist sie am augenscheinlichsten. Dort steht der Landesverband von Bio Austria längst auch unter wirtschaftlichem Druck. Als Bedrohung wollen Riegler und Maier die Naturland-Pläne dennoch nicht sehen. Auch nicht, dass zwischen Hofer und der Naturland Zeichen GmbH Gespräche wegen einer Naturland-Zertifizierung laufen. Sie verweisen darauf, dass die Kosten für die Bauern bei Naturland deutlich höher sind als bei Bio Austria und zitieren nicht ohne Häme aus einem Naturland-Papier den Satz „Die Naturland-zertifizierten Molkereien in Österreich zahlen ihren Lieferanten spezielle Zuschläge, um die Mehrkosten der Naturland-Zertifizierung auszugleichen“, was im Klartext nichts anderes heiße, als dass der höhere Preis nicht in den Taschen der Bauern, sondern in jenen von Naturland lande. Abgesehen davon, dass ein Großteil der Naturland-Milch auf dem heimischen Markt bleibe und dafür oft weniger gezahlt werde.
Trotz der angespannten Situation ist die Gesprächsbasis zwischen Bio Austria und Naturland noch intakt. Man wolle „konstruktiv“ zusammenarbeiten, sagt Brunnbauer. Mit dem Wunsch nach gegenseitiger Anerkennung der Richtlinien, die Bürokratie und Kosten ersparen würde, beißt Bio Austria aber trotz gegensätzlicher Absichtserklärungen von Naturland auf Granit. Einigung gibt es keine. Auf mehr als Doppelmitgliedschaften konnte man sich bisher nicht verständigen. „Naturland gibt mit einer Zertifizierung ein Qualitätsversprechen, das auch viele zusätzliche Tierwohlkontrollen, Sozialstandards und ein starkes System der Qualitätssicherung umfasst“, sagt Brunnbauer.
Bei Bio Austria hält man das für überheblich. „So geht man nicht miteinander um“, sagt Riegler. „Im Prinzip haben wir bis auf wenige Ausnahmen komplett ähnliche Richtlinien.“ Genau das versucht Bio Austria nun deutlicher darzustellen. Gemeinsam mit den großen deutschen Verbänden wie Bioland, Biokreis oder Demeter arbeitet man an einer Allianz zur gegenseitigen Anerkennung der Richtlinien.
Es gebe zahlreiche Anfragen, sagt der für Österreich zuständige Josef Brunnbauer von Naturland. Zwei Versprechen stehen dabei im Zentrum: Man biete als Partner von Rewe und Aldi Zutritt zu einem nicht unbedeutenden Teil des deutschen Markts. Und: Naturland sei ein Verband „in dem noch Bäuerinnen und Bauern selbst Richtlinien machen und bestimmen, was hochwertiges Bio ist, und nicht der Handel“. Damit nicht genug, will man die Biobauern auch politisch vertreten. „Wir wollen uns politisch einbringen“, bestätigt Brunnbauer und verweist auf einen „Austausch mit allen relevanten Akteuren“ vom Agrarministerium über die Landwirtschaftskammern bis hin zum Bauernbund, mit dem man sich „schon jetzt“ abstimme. Ob die Bemühungen Erfolg haben, ist offen. Es gibt auch heftigen Gegenwind.
So warnt Franz Waldenberger, Bauernkammerpräsident in Oberösterreich, davor, dass Biorichtlinien für Österreich künftig in Deutschland gemacht werden. „Bei Naturland dürften primär Geschäftsinteressen und nicht jene der heimischen Bauern im Mittelpunkt stehen“, mutmaßt er. Immerhin gilt Naturland, das nach eigenen Angaben weltweit mit 128.000 Bauern und 1500 Handelsunternehmen und Verarbeitern zusammenarbeitet, international als einer der größten Biozertifizierer.
Die heimischen Bauern zeigen sich zurückhaltend. Seit ein Gutteil der Lieferanten der SalzburgMilch und von Woerle und im Vorjahr einige Lieferanten der Berglandmilch zu Naturland wechselten, weil die Molkereien das verlangten, um deutsche Kunden nicht zu verlieren, ist die Zahl der Naturland-Mitglieder in Österreich stabil bei rund 2300. Gut die Hälfte entfällt auf Salzburg. Dass diese Zahl derzeit nicht mehr wächst, hat auch damit zu tun, dass in Deutschland der Biomarkt wieder boomt und der Handel auf spezifische Verbandszertifizierungen wie von Naturland weniger Wert legt, wenn man Bioware denn nur bekommt. Das bestätigen auch Barbara Riegler und Susanne Maier, Obfrau von Bio Austria, dem größten heimischen Biobauernverband, die eine und Geschäftsführerin die andere. „Das hat Druck rausgenommen.“
Riegler und Maier üben sich daher in Gelassenheit, obwohl nicht wenige die Naturland-Aktivitäten in Österreich als Angriff auf Bio Austria sehen. Dem Verband gehören mehr als die Hälfte der 25.000 Biobauern an. „Wir sind ja kein Bio-Entwicklungsland, das auf die Deutschen gewartet hat“, sagen Riegler und Maier. Vielmehr komme Naturland aus einem Land, in dem es „viel mehr Handlungsbedarf als bei uns“ gäbe. Denn während in Österreich 25 Prozent der Höfe und 30 Prozent der Flächen biologisch bewirtschaftet würden, seien es in Deutschland keine zehn Prozent. Zudem habe Bio Austria in Österreich 13.000 bäuerliche Mitgliedsbetriebe und Naturland in Deutschland keine 5000, deutlich weniger als Bioland, der größte deutsche Biobauernverband. Man biete zudem umfassende, auch fachliche Beratung und arbeite zu deutlich niedrigeren Kosten. „Und da kommt jetzt ein Neuer daher, der glaubt, er müsse alles revolutionieren.“ Sie fürchten vor allem um die österreichische Bioqualität, denn die Naturland-Zertifizierung gelte international und mache damit Bioware austauschbar. „Herkunft und Regionalität spielen da keine Rolle.“
Bei Bio Austria spricht man von einer „Konkurrenzsituation“. In Salzburg ist sie am augenscheinlichsten. Dort steht der Landesverband von Bio Austria längst auch unter wirtschaftlichem Druck. Als Bedrohung wollen Riegler und Maier die Naturland-Pläne dennoch nicht sehen. Auch nicht, dass zwischen Hofer und der Naturland Zeichen GmbH Gespräche wegen einer Naturland-Zertifizierung laufen. Sie verweisen darauf, dass die Kosten für die Bauern bei Naturland deutlich höher sind als bei Bio Austria und zitieren nicht ohne Häme aus einem Naturland-Papier den Satz „Die Naturland-zertifizierten Molkereien in Österreich zahlen ihren Lieferanten spezielle Zuschläge, um die Mehrkosten der Naturland-Zertifizierung auszugleichen“, was im Klartext nichts anderes heiße, als dass der höhere Preis nicht in den Taschen der Bauern, sondern in jenen von Naturland lande. Abgesehen davon, dass ein Großteil der Naturland-Milch auf dem heimischen Markt bleibe und dafür oft weniger gezahlt werde.
Trotz der angespannten Situation ist die Gesprächsbasis zwischen Bio Austria und Naturland noch intakt. Man wolle „konstruktiv“ zusammenarbeiten, sagt Brunnbauer. Mit dem Wunsch nach gegenseitiger Anerkennung der Richtlinien, die Bürokratie und Kosten ersparen würde, beißt Bio Austria aber trotz gegensätzlicher Absichtserklärungen von Naturland auf Granit. Einigung gibt es keine. Auf mehr als Doppelmitgliedschaften konnte man sich bisher nicht verständigen. „Naturland gibt mit einer Zertifizierung ein Qualitätsversprechen, das auch viele zusätzliche Tierwohlkontrollen, Sozialstandards und ein starkes System der Qualitätssicherung umfasst“, sagt Brunnbauer.
Bei Bio Austria hält man das für überheblich. „So geht man nicht miteinander um“, sagt Riegler. „Im Prinzip haben wir bis auf wenige Ausnahmen komplett ähnliche Richtlinien.“ Genau das versucht Bio Austria nun deutlicher darzustellen. Gemeinsam mit den großen deutschen Verbänden wie Bioland, Biokreis oder Demeter arbeitet man an einer Allianz zur gegenseitigen Anerkennung der Richtlinien.
Salzburger Nachrichten - Wirtschaft, 14. Juni 2025
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