"Soziale Mobilität in Österreich ist vergleichsweise gering", heißt es regelmäßig. Auch "Einkommen, Beruf und Bildung werden maßgeblich vom sozialen Status der Eltern bestimmt". Oder "In welche Familie man hineingeboren wird, prägt in großem Ausmaß die künftigen Lebensund Einkommenschancen". Kurzum, sozialer Aufstieg erweist sich als schwieriges, wenn nicht unmögliches Unterfangen - wie eine Leiter ohne Sprossen. Man kennt diese Sätze. Sie gehören zum Standardrepertoire gesellschaftlicher Betrachtungen in Österreich. Sie sind kaum zu leugnen und wohl eine der ewigen Herausforderungen in diesem Land. Frauen sind besonders betroffen, Migranten auch. Man erlebt es immer wieder, man hört davon. Und man muss ernst nehmen, wenn Österreich in einschlägigen Vergleichen mit anderen Ländern schlecht abschneidet.
Zur Wirklichkeit passen diese Sätze, Einschätzungen und Untersuchungsergebnisse freilich nicht immer. Schon gar nicht in der Totalität, in der sie gerne daherkommen. Es gibt vielleicht diese gläserne Decke, von der so oft die Rede ist, wirklich. Aber sie ist durchaus durchlässig. "In Österreich lebt der 'American Dream'", betitelte unlängst "Die Presse" eine Meldung über eine Studie von Wissenschaftlern der Uni Wien und der Linzer JKU zum Thema soziale Mobilität. Der wirtschaftliche Erfolg eines Kindes wird ihr zufolge, anders als Bildung, nur minimal vom Elternhaus beeinflusst. "Die Ergebnisse sind bemerkenswert", wird einer der Studienautoren zitiert.Und sie sind es tatsächlich. Denn dieser Studie zufolge ist der Zusammenhang zwischen dem Einkommen der Eltern und dem der Kinder in Österreich im internationalen Vergleich außergewöhnlich niedrig. Deutlich niedriger jedenfalls als im gerne als Vorbild zitierten Dänemark und deutlich besser als in den USA, wo über Generationen der "American Dream" Vorbild und Ziel von Millionen Auswanderern war.
Kurzum -die soziale Mobilität in Österreich ist viel stärker ausgeprägt als bisher angenommen. Da ist Österreich also durchaus etwas gelungen.
Beispiele dafür gibt es reichlich. Didi Mateschitz gehört dazu oder auch Sigi Wolf und viele andere auch. In den vergangenen Jahren zeigten viele, was man in Österreich aus sich machen kann -mit dem nötigen Ehrgeiz, dem nötigen Eifer, dem nötigen Rückhalt, guten Ideen und klaren Zielen. Und natürlich mit viel Glück, muss man hinzufügen, denn das braucht es wohl immer, gleich aus welchem Elternhaus man kommt.
In Führungspositionen in Konzernen und Unternehmen findet man heute überwiegend Menschen, die nicht mit goldenen Löffeln gefüttert wurden, sondern häufig Leute, die aus einfachen Verhältnissen stammen, deren Eltern Lehrer waren, Angestellte, Beamte, Handwerker auch und nicht selten Arbeiter. Sehr oft auch waren sie einfache Bauern. Heute sind deren Nachkommen Anwälte, Notare und Richter oder Spitzenbeamte, leiten Abteilungen in Behörden und Unternehmungen, haben Firmen oder sitzen in den Chefetagen von Konzernen oder an den Schalthebeln der großen Politik.
Mitunter ist es beeindruckend, wozu es diese Leute gebracht haben. Auch wenn sie zuweilen scheitern, wie Stefan Pierer, oder auf Abwege geraten, wie Rene Benko. Aber all diese Karrieren, die Erfolgreichen wie die Gescheiterten, sind in Österreich möglich. Auch wenn die Eltern am Fließband standen, in Schulklassen oder in Ställen und auf Feldern.
Das ist nicht geringzuschätzen. Denn umgekehrt zeigt sich immer wieder, dass es mit einer vollen Hose gar nicht so leicht ist zu "stinken", wie der Volksmund gerne meint. Legion sind die vorgeblich höheren Söhne und Töchter, die es wirtschaftlich zu nichts gebracht haben, die sich schwertun in der Arbeitswelt und die sich selbst kaum erhalten können.
In allen Fällen ist meist auch der Einfluss, das Vorbild der Eltern, nicht zu übersehen. Im Positiven wie im Negativen. Ein wenig beachteter Grund dafür, dass man bei uns fehlende soziale Durchlässigkeit beklagt, liegt wohl auch darin, dass nicht wenige Eltern, auch solche, denen es leicht fallen würde, gar nicht wollen, dass sich ihre Kinder um das bemühen, was als sozialer Aufstieg gilt. Während die einen gar nicht wollen, dass das Kind etwas studiert, denken die anderen gar nicht daran, dass etwas anderes als Studieren eine Möglichkeit sein könnte.
Sie sollten vielleicht ihre Meinung ändern. Denn auch, wenn man es oft nicht glauben mag - Österreich ist allem zum Trotz ein Land der Möglichkeiten.
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