Donnerstag, 14. August 2025

Trugbilder allerorten

Es ist Sommer. Es ist Urlaubszeit. Es ist Österreichs Zeit. Eigentlich. Aber das Glück hält sich in Grenzen. Das Wetter im Juli vergällte vielen die Freude über die Zeit, die vielen als die schönste im Jahr gilt. Den Urlaubern vor allem, aber auch denen, die davon leben. "Wechselhaft" fällt die Bilanz der ersten Halbzeit dieses Sommers auch für den Tourismus aus. Man hoffe nun auf einen Goldenen Herbst, heißt es und würde es großes Glück nennen, wenn man das Vorjahresergebnis halten könnte.

Das alles verwundert nicht nur wegen des Wetters nicht. Die Preise in der Hotellerie und Gastronomie sind in den vergangenen Jahren in die Höhe geschossen. Man kennt die Diskussion - die Kosten sind es, die davonlaufen. Für die Löhne, für die Lebensmittel, für die Energie.

Wiewohl - ist das immer die passende Erklärung? Wer aus Italien heimkommt, wird nicht müde die Geschichten von den Cappuccini und Espressi zu erzählen, die nur einen Bruchteil von dem kosten, was man hierzulande auf den Tisch legen muss dafür. Man schwärmt von den günstigen Mahlzeiten und den leistbaren Hotelzimmern. Und man wundert sich. Die sind doch auch bei der EU, warum geht dort, was bei uns nicht geht, fragt man sich, zunehmend mit mürrischem Unterton.

Es ist aber nicht alleine das. Auch hierzulande sind die Preisunterschiede oft extrem groß. So groß, dass den potenziellen Gästen oft die Lust vergeht. Zum einen, weil sie nicht nachvollziehen können, warum das so ist. Und zum anderen, weil sie sich nicht selten über den Tisch gezogen fühlen. Neulich machte im Freundeskreis das Foto einer Speisekarte aus dem Mühlviertel die Runde. "Wiener Schnitzel vom Schwein mit Pommes oder Reis und Kartoffeln - € 8,90" und viele ähnlich günstige Angebote waren da aufgeführt. Wirtshauspreise wie früher. "Sachen gibts" stand unter dem Bild und "Sehr gut war's".

Wie geht das und warum geht das? Es soll hier nicht um die gehen, die Tolles anbieten und großartige Arbeit leisten. Es soll vielmehr um die Trittbrettfahrer gehen, die, die es sich einfach machen und die wenig Skrupel haben, den Gästen einfach das Geld aus den Taschen zu ziehen. Von denen mag keiner reden, obwohl es immer noch viel zu viele davon gibt und die auch dem Ruf des Urlaubslandes Österreich schaden.

Der Groll und die Unzufriedenheit verwundern dann nicht, wenn man ein teures Schnitzel auf dem Teller liegen hat, dessen Panier in der Marinade des Salats schwimmt, der am selben Teller von einem mürrischen Kellner auf den Tisch geklatscht wurde - und für das man weit mehr als das Doppelte des Preises für das Schnitzel im Mühlviertel bezahlen soll.

Denn die Gastronomie -und auch die Hotellerie -haben nicht nur ein Problem mit den Kosten und den Preisen. Sie haben oft auch eines mit der Qualität und mit der Freundlichkeit, die entweder nicht vorhanden oder oft nur picksüß und gespielt ist. Was man hierzulande aufgetischt bekommt, entspricht viel zu oft immer noch nicht den heutigen Standards. Und schon gar nicht dem, was man verspricht. Nicht beim Essen. Und auch nicht bei den Zimmern. "Ostblockcharme" bescheinigte kürzlich der Chefredakteur eines Wochenmagazins einer Hotel-Unterkunft am Attersee und befand es, gnädiger als von ihm gewohnt, als "fast schon wieder cool um 220 Euro das Doppelzimmer". Es ist, jeder weiß es, wohl nur eines von ganz vielen Zimmer, die es in dieser Art, dieser Zumutung und dieser Anmaßung immer noch gibt in Österreich.

Gastronomie und Hotellerie sind freilich nicht die einzigen Bereiche, wo Österreich aufpassen muss, nicht Fehleinschätzungen und Selbstbetrug aufzusitzen. Der Bogen reicht von mauen Freizeitangeboten in den Urlaubsregionen bis zur schlechten Ausschilderung von Wander-und Radwegen.

Und dann ist da noch das Thema, das man oft schon gar nicht wahrhaben will. "Warum ist Österreich so schiach?" fragte kürzlich sogar die noble "Presse" ganz derb und traf damit einen Punkt, den viele in diesem Land gar nicht sehen wollen. Österreich hat fraglos wunderbare Landschaften und schöne Orte und Städte. Aber die Hässlichkeiten, die man diesen Landschaften und Orten antut, sind immer öfter kaum mehr zu übersehen. Da bleibt oft nur mehr wenig zu erkennen von den Bilderbuchbildern aus den Hochglanzmagazinen und Instagrampostings, wenn man vor Ort ist. Viele zu oft sind da nur geschundene Landschaften, Ortschaften und Städte, die ihr Herz und ihre Herzlichkeit längst verloren haben - und zum Trugbild geworden sind.

Meine Meinung - Raiffeisenzeitung, 14. August 2025

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