Mittwoch, 29. Dezember 2010

Opfer eigener Tüchtigkeit





Die Landwirtschaft zählt zu den Branchen mit den höchsten Produktivitätszuwächsen. Angesichts günstiger Lebensmittel freut das die Konsumenten, die Bauern freilich haben nichts davon. Sie sind Opfer ihrer eigenen Tüchtigkeit. Immer höhere Produktionsleistungen und immer niedrigere Preise halten sie in einer Abwärtsspirale fest.
Ihr zu entrinnen ist schwierig. Produktionsbeschränkungen, wie sie bei Milch gefordert werden, sind wenig realistisch. Die Erzeugung von Bioenergie und Industrierohstoffen aus Getreide oder Holz reicht gerade aus, die Preise nicht noch weiter abrutschen zu lassen. Und die Nischen, in denen sich die Bauern mit besonderer Qualität, mit Betonung von Regionalität und besonders umweltfreundlicher Produktion auf den Märkten abheben wollen, bleiben eben nur Nischen für wenige. Selbst bei Bioprodukten herrscht Preisdruck.

Den Schlüssel dafür, die Bauern aus dem Teufelskreis herauszubringen und den zuweilen mit Krokodilstränen beweinten Strukturwandel zu stoppen, haben andere in der Hand – Handel und Konsumenten. Die aber wollen meist nicht Preise zahlen, die die Bauern bräuchten – was sie aber nicht hindert, sich über Turbokühe zu mokieren.

Salzburger Nachrichten - Wirtschaft 29. 12. 2010

Bauern gefangen in der Abwärtsspirale




Die Leistungssteigerungen sind enorm. Die Bauern rationalisieren sich damit selbst weg.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Die Zahl der Milchbauern hat sich in Österreich in den vergangenen 20 Jahren von rund 90.000 auf gut 38.000 verringert, die Zahl der Schweinehalter ging gleich um 100.000
auf ebenfalls 38.000 zurück und die Zahl der Bauern insgesamt schrumpfte von 270.000 auf weniger als 150.000. Und dennoch fehlt es an nichts. Österreichs Bauern produzieren mehr als je zuvor.
Dahinter stehen trotz der in Österreich vergleichsweise moderaten Produktionsweisen enorme Leistungssteigerungen auf den Feldern und in den Ställen. Weil die aber von den niedrigen Preisen und höheren Kosten kompensiert werden, haben die Bauern kaum etwas davon. Damit aber geraten die Bauern immer tiefer in eine Abwärtsspirale. Angesichts des Drucks auf den Märkten und zumeist fehlender attraktiver Alternativen bleibt den Bauern gar nichts anderes übrig, als möglichst kostengünstig zu produzieren und jeden sich bietenden Fortschritt zu nutzen. Damit aber wird der Fortschritt für sie selbst zur Bedrohung. Denn die Bauern rationalisieren sich regelrecht selbst weg. Für viele wird die Luft
trotz der Leistungssteigerungen zu dünn und sie müssen aufgeben.

„Vor zwanzig Jahren lag ein guter Stallschnitt bei 5000 Litern Milch pro Kuh und Jahr“, sagt Lukas Kalcher von der Arbeitsgemeinschaft der Rinderzüchter. „Heute gelten 7500 bis 8000 Liter und noch mehr als gut.“ Das bestätigen auch die Zahlen aus dem Grünen Bericht des Landwirtschaftsministeriums. Für das Jahr 1990 wird dort für eine durchschnittliche Kuh aus einem heimischen Stall eine Jahreslieferleistung von 3791 Kilogramm genannt. 2009 war diese Zahl um 60 Prozent höher: 6068 Liter lieferte da eine Kuh im Durchschnitt.

Nicht ganz so groß, aber immer noch beträchtlich ist der Fortschritt in der Fleischerzeugung. Vor 30 Jahren wurde Landwirtschaftsschülern wie Hans Schlederer, heute Geschäftsführer der österreichischen Schweinebörse, das 200-Tage-Mastschwein als das große Ziel hingestellt. „Heute ist ein Mastschwein nach 180 Lebenstagen schlachtreif.“ Eine Zuchtsau bringt heute im Schnitt 22 Ferkel pro Jahr auf die Welt, vor 20 Jahren waren es noch 15.

Auch im Getreidebau lagen die Zuwachsraten in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei den traditionellen Früchten wie Weizen, Gerste oder Roggen zwischen 15 und 30 Prozent. Dort bestimmt aber zunehmend das wirtschaftliche Interesse an Früchten den Zuchtfortschritt. „Wo Geld investiert wird, gibt es die größten Sprünge“, sagt Karl Fischer, Chef der Saatbau Linz. Derzeit sind das Raps, Mais und Soja.

Die Leistungssteigerungen haben viele Ursachen. „Bei den Schweinen sind in erster Linie die verbesserte Tiergenetik und die Fortschritte in der Fütterung dafür verantwortlich“, sagt Schlederer. Eine wichtige Rolle spielen in allen Bereichen die verfeinerte und wesentlich präzisere Produktionstechnik, verbesserte Hygiene und die Ausbildung der Landwirte. In allen Sparten rückten auch Zuchtziele wie Tier- und Pflanzengesundheit und Schädlingsresistenz in den Vordergrund. Und auch die Qualität. „Die hat sich in den vergangenen Jahren stark verbessert“, betont Schlederer.

Zu Ende ist die Entwicklung noch lang nicht. Wohin die Reise geht, zeigt die beste Kuh Österreichs. „Beauty“ heißt sie, steht auf einem Hof in Ardagger (NÖ) und lieferte 2010 knapp 19.000 Kilogramm Milch. An guten Tagen kommen da schon einmal 80 Liter Milch aus dem Euter.

Salzburger Nachrichten Wirtschaft 29.12. 2010

Montag, 20. Dezember 2010

„Existenz der bäuerlichen Kultur auf dem Spiel“





Landwirtschaft gilt als Zukunftsbranche, dennoch wissen die Bauern nicht, wie weiter. Drei Bücher zeigen Hintergründe.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Den Bauern geht es kaum wo auf der Welt gut. Und das, obwohl viel Geld in die Landwirtschaft gesteckt wird und obwohl die Produktion von Getreide, Milch und Fleisch als eine der attraktivsten Zukunftsbranchen gilt.

Rund um den Globus leiden Bauern unter zu niedrigen Preisen, unter Billigimporten und hohem Marktdruck. Angehalten zu billiger Produktion, bei der oft ökologische und gesellschaftspolitische Folgen keine Rolle spielen, machen sie sich auf den internationalen Märkten gegen ihren Willen gegenseitig das Leben schwer. Längst ist Bauernsterben ein Begriff, den man überall kennt. Binnen weniger Jahrzehnte sind in Jahrhunderten gewachsene Strukturen unter extremen Druck geraten und vielerorts zerborsten.

Warum das so ist, versteht längst niemand mehr. Die Bauern tun sich schwer, in diesem Umfeld, mit seinen ständig neuen Ansprüchen und Anforderungen, mit seinen politischen Volten und in rascher Folge wechselnden Vorgaben, zurechtzukommen. „Es geht der Landwirtschaft nicht mal besser, mal schlechter, wie es das immer tat“, schreibt der Allgäuer Milchbauer Romuald Schaber in seinem Buch „Blutmilch“. „Heute steht die Existenz der bäuerlichen Kultur ganz und gar auf dem Spiel.“

Schaber ist Gründer und Präsident des European Milkboard (EMB), jener rund 100.000 Milchbauern aus ganz Europa, die Brüssel immer wieder mit ihren Demos in Atem halten und auf ihre Lage aufmerksam machen. Er ist ein Bauer, wie er im Buche steht. Mit 40 Kühen zählt er nicht gerade zu den Kleinlandwirten. Klar, uneitel und unprätentiös legt er aus der Sicht eines Milchbauern die Dinge dar und damit Zusammenhänge offen, die für Außenstehende nur mehr selten erkennbar sind – die Verbundenheit mit Tradition und Natur, die Probleme mit der politischen Bauernvertretung und mit Konzernen.

Schabers Buch ist nicht das einzige, das dieser Tage erschienen ist und Orientierung zum schlagzeilenträchtigen und zuweilen heiß diskutierten Thema Landwirtschaft bietet. Der steirische Bauer Toni Hubmann („Toni’s Freilandeier“) zeichnet nach, wie er es schaffte, mit gutem Marketing und besonderem Augenmerk auf Tierschutz zumindest für einige Hundert kleine Bauern eine Produktionsnische zu erschließen. Was er dabei mit Konkurrenz, Handel, Politik und Verwaltung in Österreichs agrarischem Mikrokosmos erlebte, erklärt manche Entwicklungen. Mittlerweile ist der Agrarexperte als Berater für die SPÖ tätig. Hubmann fordert: „Wer die Bauern stärken will, der muss die Vielfalt stärken.“

Genau dazu können auch die Konsumenten wesentlich beitragen, befindet der Wiener Wirtschaftsjournalist Paul Trummer. Anhand der Zutaten für eine Salami-Pizza bietet er Einblicke in die Zusammenhänge der internationalen Landwirtschaft. Er besuchte Fabriken und Bauern, sprach mit Politikern und Wirtschaftskapitänen in aller Welt. Sein Fazit: „Überraschend viele Probleme sind nicht von Wetter und Boden abhängig, sondern von der Politik.“ Und: „Bei der Produktion dominiert heute oft das Streben nach geringsten Kosten, denn wir Konsumenten wollen vor allem eines: billig einkaufen. Dass wir damit eine Spirale in Gang setzen, die oftmals auf Kosten von Mensch und Natur weltweit geht, ist uns kaum bewusst.“

Romuald Schaber: „Blutmilch – Wie die Bauern ums Überleben kämpfen“, Pattloch, München Toni Hubmann: „Wie wir uns über gute Lebensmittel freuen können, Bauernhöfe keine Fabriken werden und was sich dafür ändern muss“, Echomedia, Wien Paul Trummer: „Pizza globale – Ein Lieblingsessen erklärt die Weltwirtschaft“, Econ, Berlin

Samstag, 18. Dezember 2010

Bauern stecken trotz Plus weiter in der Krise





HANS GMEINER Salzburg (SN). Nach zwei Jahren mit kräftigen Einkommensrückgängen, die im Vorjahr sogar an die 30-Prozent-Marke heranreichten, können die Bauern heuer zwar wieder nicht auf-, zumindest aber durchatmen. Nach einer Schätzung der Statistik Austria legten heuer die Einkommen um 12,4 Prozent zu.

Verantwortlich dafür waren vor allem die höheren Preise bei Ackerfrüchten und Milch. In diesen Sparten hatten die Bauern in den vergangenen Jahren am stärksten unter dem Preisverfall zu leiden. Entsprechend stark wirkte sich heuer die Trendumkehr an der Preisfront aus. Je nach Getreideart gab es ein Plus von bis zu 70 Prozent. Der Milchpreis legte um mehr als zehn Prozent zu.

Die Ackerbauern konnten die höheren Preise heuer freilich nicht voll nutzen. Eine schlechte Getreideernte bei den wichtigsten Früchten bremste die Hoffnungen auf eine raschere Erholung der Einkommen. Insgesamt lag die Getreide- und Maisernte mit 4,5 Mill. Tonnen um 6,5 Prozent unter dem Niveau des vorangegangenen Jahres. Dieser Rückgang konnte durch höhere Raps- und Sojaernten (plus 7,2 Prozent) nicht ausgeglichen werden.

Nur träumen von Zuwächsen konnten im Vorjahr die Fleischerzeuger. Dort blieb das Preisniveau gedrückt. Die Schwei-ne- und Rindermäster zählen daher heuer nicht zu den Gewinnern.

Der für heuer erwartete Anstieg der Einkommen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Landwirtschaft nach wie vor die Krise der vergangenen drei Jahre nicht überwunden hat. Das Einkommen 2009 ist das viertschlechteste der vergangenen zehn Jahre und real nicht höher, als es bereits 2001 war. Der Wermutstropfen für die österreichischen Bauern: In vielen anderen EU-Staaten sind die Einkommen dem Vernehmen nach heuer wesentlich stärker gestiegen.

Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (ÖVP) zeigt sich angesichts der Vorausschätzung von Statistik Austria erleichtert und reklamiert einen Teil der Einkommenswende für die Politik. „Durch Maßnahmen wie Intervention, Lagerhaltung und Exporterstattung hat sich der Markt stabilisiert.“


Salzburger Nachrichten Wirtschaft 18.12.2010

Samstag, 11. Dezember 2010

„Ich kann auch kratzbürstig sein“





Erna Feldhofer steht an der Spitze von rund 4000 „Milchrebellen“ – in einer Männerwelt.

HANS GMEINERSalzburg(SN).Die steirische Bergbäuerin Erna Feldhofer aus Birkfeld folgt dem mitunter lauten Mühlviertler Ewald Grünzweil als Chefin der IG-Milch nach. Feldhofer steht damit nun an der Spitze von rund 4000 „Milchrebellen“, die in den vergangenen Jahren mit Demonstrationen und Lieferstreiks auf die Lage der Milchbauern aufmerksam machten und mit „A faire Milch“ und der „Freien Milch Austria“ auch Alternativen aufzuzeigen versuchen. „Ich bin von Anfang an dabei“, sagt sie. „Schließlich will ich mir von den drei Kindern später nicht vorhalten lassen, nichts gegen den Niedergang der Landwirtschaft getan zu haben.“
Die 40-jährige Feldhofer, die mit ihrem Mann einen 40-Kuh-Betrieb mit 300.000 Kilogramm Jahreslieferrecht bewirtschaftet, ist in Österreichs Agrar-Mikrokosmos die einzige Frau in einer derartigen Spitzenposition. In Europa ist sie eine von zweien. „Da habe ich in Holland eine Kollegin.“
In die raue Männerwelt der IG-Milch, die sich bisher im Kampf um bessere Milchpreise für die Bauern gegenüber Molkereien, Handel und Politik zuweilen unerbittlich zeigte, bringt sie neue Töne. „Ich bin ein harmoniebedürftiger Mensch“, sagt sie. „Ein Mann tritt radikaler auf, eine Frau macht das mit anderen Worten.“ Nachsatz: „Ich kann aber auch kratzbürstig sein.“
Feldhofer will die IG-Milch im Sinne ihrer Ziele weiterführen. Man drängt auf eine Regulierung der Märkte und stemmt sich gegen eine Aufhebung der Lieferquoten.
Ein Milchlieferstreik ist für sie derzeit kein Thema. „Ich habe nicht das Gefühl, dass wir jetzt einen brauchen.“ Stattdessen will sie die Information der Mitglieder ausbauen und der Politik verstärkt auf die Finger schauen.
Dorthin freilich muss sie erst den richtigen Draht finden. Nach einigen heftigen Scharmützeln ist das Verhältnis zu den Spitzen von Bauernkammer und Bauernbund gestört. „Aber ich will wieder mit ihnen ins Gespräch kommen.“
In den Vordergrund rücken möchte sie auch die Projekte „A faire Milch“ und „Freie Milch Austria“, bei deren Gründung die IG-Milch Pate stand. Seit die „Faire Milch“, die nach wie vor zum Preis von 1,19 Euro je Liter angeboten wird, bei Spar nicht mehr zum Stammsortiment gehört, schwächelt sie.
Mit der „Freien Milch Austria“ hingegen, die ihre Milch auf dem freien Markt verkauft, ist sie zufrieden. „320 Bauern liefern jährlich 44 Mill. Kilogramm.“ Dass ausgerechnet die „Freie Milch“ um den Bauernmilchpreis ein Geheimnis macht, verteidigt sie. „Egal, ob der Preis über oder unter den Preisen der Molkereien liegt, man würde uns auf jeden Fall zerreißen.“
Nur so viel sagt sie: „Der Preis liegt im Vergleich zu den Molkereien im vorderen Drittel.“


Salzburger Nachrichten - Wirtschaft / 11.12.2010

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Zündstoff für die Stammtische





Agrarkommissar Ciolos stellt die Bauern mit seinen Reformvorschlägen zur Agrarpolitik vor heikle Probleme. Im Mittelpunkt: Die Angleichung der Prämien.

HANS GMEINER Salzburg (SN). Erleichtert zeigten sich die heimischen Agrarier nach der ersten Analyse der Vorschläge zur EU-Agrarreform. Zündstoff gibt es dennoch genug. Im Mittelpunkt stehen dabei die Beseitigung von Unterschieden bei den Prämienansprüchen der Bauern, die künftige Ausgestaltung der Agrar-Umweltprogramme und die Festlegung der benachteiligten Gebiete, für die es Sonderförderungen gibt – ganz abgesehen davon, dass aus derzeitiger Sicht völlig offen ist, wie viel Geld es in Zukunft für die EU-Agrarpolitik und einzelne Maßnahmen gibt.

Bei den Betriebsprämien stehen gleich von zwei Seiten Veränderungen ins Haus. Zum einen will der Agrarkommissar die Prämien EU-weit angleichen. Dabei haben Österreichs Bauern relativ gute Karten, weil ihre Hektarprämien im Gesamtschnitt innerhalb der EU nur im Mittelfeld liegen. Zum anderen steht aber auch in Österreich selbst eine Angleichung an. Und die ist heikel. Die Verteilung der sogenannten einheitlichen Betriebsprämie, die von Brüssel bezahlt wird, erfolgt in Österreich nach dem historischen Modell und orientiert sich noch an den Produktionsverhältnissen zu Beginn des Jahrzehnts. Daraus entwickelten sich Ungleichheiten. Der Bogen reicht von durchschnittlich 137 Euro pro Hektar im Bezirk St. Johann im Pongau bis zu 325 Euro pro Hektar in Ackerbaugebieten oder gar 366 im Bezirk Schwaz in Tirol mit seiner intensiven Milchproduktion.

De facto freilich sind die Unterschiede nicht so gravierend. Durch die Gelder, die die heimischen Bauern aus der freiwilligen Teilnahme an Umweltprogrammen lukrieren, und durch die Bergbauernförderung werden die Förderungen für die einzelnen Bauern stark angeglichen, bleibt es bei Hektar als Maßstab. Beispiele im Grünen Bericht zeigen, dass die öffentlichen Mittel, die Bauern pro Hektar insgesamt bekommen, in allen Betriebszweigen, Betriebsgrößen und Produktionsgebieten in der Größenordnung zwischen 500 und 700 Euro pro Hektar liegen. Einzig die Biobauern liegen deutlich darüber.

Dennoch sind die politischen Grabenkämpfe längst in Gang. Die ÖVP-Bauernvertreter lehnen eine einheitliche Prämie für ganz Österreich ab und wollen allenfalls eine Annäherung. Die SPÖ etwa pocht massiv auf Umverteilung und will die Zahl der Arbeitskräfte auf einem Hof als Kriterium für die Prämien einfügen.

Bei der Neugestaltung wird es Sieger und Verlierer geben. Die Tendenz ist absehbar: Das Geld wird eher in Richtung Grünlandgebiete fließen. Einbußen haben vor allem Ackerbauern zu erwarten, oder Landwirte, die vom historischen Modell besonders profitierten, wie etwa Stiermäster.

Vor diesem Hintergrund kommt der künftigen Gestaltung der rein österreichischen Umweltprogramme ein besonderer Stellenwert zu. Was Ciolos vorstellte, macht die heimischen Bauern skeptisch. Maßnahmen wie die Einhaltung bestimmter Fruchtfolgen oder Begrünung der Äcker im Winter, mit denen die Bauern bisher ihr Einkommen auffetten konnten, sollen künftig Bestandteil der Brüsseler Betriebsprämie werden. Wie und mit welchen Maßnahmen trotzdem auch in Zukunft die Umweltgelder für Österreichs Bauern gesichert werden können, ist noch völlig unklar.

Unklar ist auch, was in Zukunft als Bergbauerngebiet oder benachteiligtes Gebiet gilt. Käme das, was sich der Agrarkommissar wünscht, müssten vor allem viele Bauern in Übergangszonen um ihre Zusatzförderungen fürchten. Die heimischen Agrarier beruhigen aber einstweilen: „Das ist noch nicht gegessen.“


Salzburger Nachrichten - Wirtschaft 01.12.2010
 
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