Samstag, 11. Dezember 2010

„Ich kann auch kratzbürstig sein“





Erna Feldhofer steht an der Spitze von rund 4000 „Milchrebellen“ – in einer Männerwelt.

HANS GMEINERSalzburg(SN).Die steirische Bergbäuerin Erna Feldhofer aus Birkfeld folgt dem mitunter lauten Mühlviertler Ewald Grünzweil als Chefin der IG-Milch nach. Feldhofer steht damit nun an der Spitze von rund 4000 „Milchrebellen“, die in den vergangenen Jahren mit Demonstrationen und Lieferstreiks auf die Lage der Milchbauern aufmerksam machten und mit „A faire Milch“ und der „Freien Milch Austria“ auch Alternativen aufzuzeigen versuchen. „Ich bin von Anfang an dabei“, sagt sie. „Schließlich will ich mir von den drei Kindern später nicht vorhalten lassen, nichts gegen den Niedergang der Landwirtschaft getan zu haben.“
Die 40-jährige Feldhofer, die mit ihrem Mann einen 40-Kuh-Betrieb mit 300.000 Kilogramm Jahreslieferrecht bewirtschaftet, ist in Österreichs Agrar-Mikrokosmos die einzige Frau in einer derartigen Spitzenposition. In Europa ist sie eine von zweien. „Da habe ich in Holland eine Kollegin.“
In die raue Männerwelt der IG-Milch, die sich bisher im Kampf um bessere Milchpreise für die Bauern gegenüber Molkereien, Handel und Politik zuweilen unerbittlich zeigte, bringt sie neue Töne. „Ich bin ein harmoniebedürftiger Mensch“, sagt sie. „Ein Mann tritt radikaler auf, eine Frau macht das mit anderen Worten.“ Nachsatz: „Ich kann aber auch kratzbürstig sein.“
Feldhofer will die IG-Milch im Sinne ihrer Ziele weiterführen. Man drängt auf eine Regulierung der Märkte und stemmt sich gegen eine Aufhebung der Lieferquoten.
Ein Milchlieferstreik ist für sie derzeit kein Thema. „Ich habe nicht das Gefühl, dass wir jetzt einen brauchen.“ Stattdessen will sie die Information der Mitglieder ausbauen und der Politik verstärkt auf die Finger schauen.
Dorthin freilich muss sie erst den richtigen Draht finden. Nach einigen heftigen Scharmützeln ist das Verhältnis zu den Spitzen von Bauernkammer und Bauernbund gestört. „Aber ich will wieder mit ihnen ins Gespräch kommen.“
In den Vordergrund rücken möchte sie auch die Projekte „A faire Milch“ und „Freie Milch Austria“, bei deren Gründung die IG-Milch Pate stand. Seit die „Faire Milch“, die nach wie vor zum Preis von 1,19 Euro je Liter angeboten wird, bei Spar nicht mehr zum Stammsortiment gehört, schwächelt sie.
Mit der „Freien Milch Austria“ hingegen, die ihre Milch auf dem freien Markt verkauft, ist sie zufrieden. „320 Bauern liefern jährlich 44 Mill. Kilogramm.“ Dass ausgerechnet die „Freie Milch“ um den Bauernmilchpreis ein Geheimnis macht, verteidigt sie. „Egal, ob der Preis über oder unter den Preisen der Molkereien liegt, man würde uns auf jeden Fall zerreißen.“
Nur so viel sagt sie: „Der Preis liegt im Vergleich zu den Molkereien im vorderen Drittel.“


Salzburger Nachrichten - Wirtschaft / 11.12.2010

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