Montag, 1. März 2010

Vorsicht! Österreich!





"Bitte achten Sie verstärkt auf die Herkunft der Ware." Ausgerechnet in einer Aussendung nach dem Auffliegen des Quargel-Skandals rief der Bauernbundpräsident die Konsumenten auf, beim Einkauf genauer hinzuschauen.

Sicher gut gemeint, man kennt diese Aufforderung seit langem. Und die Konsumenten befolgen sie auch. Genau darum haben sie wohl zum "Hartberger Bauernquargel" gegriffen. Hartberg, das freundliche Städtchen in der Steiermark! Bauern! Mehr Österreich kann ja gar nicht sein.

Und dann ist da deutscher Topfen drin, nichts als deutscher Topfen.

Groß ist seither die Aufregung im Land und ellenlang sind die Pressetexte und Beteuerungen. Man kennt das. Da war doch erst im vergangenen Sommer die Geschichte mit dem Analogkäse, dann die mit dem steirischen Kernöl aus chinesischen Kürbiskernen. Und jetzt der Quargel. Was in den vergangenen Wochen abging, ist nichts anders als der vorläufige Höhepunkt einer Geschichte der Schlampereien, des Augenzwinkerns und des Wegschauens, die man in Österreich offenbar nicht und nicht in den Griff kriegt. Offenbar nicht kriegen mag, möchte man fast hinzufügen.

Man kennt doch die ganzen Geschichten, man weiß doch, wo es hapert, wo getrickst wird und wo die Optik schief ist. Ungeniert wird nach wie vor mit der Auszeichnung und der Präsentation der Herkunft Schindluder getrieben. Von den Herstellern genauso wie vom Handel und von der Gastronomie. Rotweißrote Fähnchen da, rotweißrote Striche oder ein Bild von einem imposanten Bergmassiv dort. Oder urige Holzvertäfelungen und trachtige Vorhänge in den Gaststuben, in denen die Kellnerinnen im Dirndl servieren. Der Einfallsreichtum ist schier grenzenlos.

Mit allen Mitteln wird beim Konsumenten der Eindruck erweckt, Heimisches im Einkaufskorb und auf dem Teller zu haben, auch wenn' s oft nicht einmal teilweise stimmt. Dass Österreichs berühmtester Speck aus dem Fleisch vorwiegend holländischer Schweine erzeugt wird, passt da ins Bild. Wir haben uns daran gewöhnt. Und niemand tut wirklich etwas dagegen. Dem regelmäßigen Getöse haftet bereits Routine an, den meterlangen Aussendungen ebenso und den wortreichen Forderungen auch. Seit Jahren. Besser ist nichts geworden.

Offenbar gelingt es nicht, den Konsumenten die Sicherheit zu geben, dass wirklich Österreich drin ist, wo Österreich drauf steht. Die bei solchen Gelegenheiten immer wieder getrommelte Empfehlung, zu Produkten mit dem AMA-Gütesiegel zu greifen, weil man nur da wirklich Sicherheit habe, Österreichisches in der Hand zu haben, ist, genau betrachtet, ein Armutszeugnis. Das AMA-Gütesiegel hat bei Frischfleisch einen Marktanteil von nur 30 bis 40 Prozent. Bei manchen Milchprodukten sind es gerade einmal 60. Und bei Produkten wie Wurst weniger als zehn. Im Umkehrschluss heißt das aber doch nichts anderes, als dass man sich bei 60 bis 70 Prozent des Fleisches, bei bis zu 40 Prozent der Milchprodukte und bei 90 Prozent der Wurstprodukte, die in Österreich im Handel verkauft werden, nicht wirklich sicher sein kann, ob die Herkunftsangaben tatsächlich stimmen. Und da ist die Gastronomie noch gar nicht dabei.

Das kann doch nicht sein. Wirklich nicht. Auch wenn die Thematik noch so vielschichtig sein mag -es ist Zeit, die Glacéhandschuhe, mit denen man das Thema bisher angefasst hat, auszuziehen und ordentlich in diesen Sumpf zu greifen.


Blick ins Land - Ausgabe 3/10 - 1.März 2010

1 Kommentar:

  1. Ich bin bei Ihnen Herr Gmeiner! Es ist auch für uns, als absolute "geschützte Herkunft Fan`s" total uneinsichtig weswegen für wahnwitzig viele Kontrollinstanzen abermillionen Euros verbraten werden ohne daß deren Arbeitsauftrag wahrgenommen wird. Hier handelt es sich um gröbste Fahrlässigkeit hinsichtlich Umgang mit öffentlichen Mitteln, und um vorsätzliche Vergeudung vorhandener Chancen. Die verantwortlichen Menschen müssen in die Verpflichtung genommen werden oder -
    mangels fachlicher Kompetenz den "geschützten Arbeitsplatz" wechseln. Dann bitte an eine Stelle, wo kein Schaden verursacht werden kann! Alfred G.Ploder, www.ploder-rosenberg.at

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