Hans Zeger, der sich als
nimmermüder Chef der Arge Daten in diesem Land um zumindest ein Mindestmaß an
Datenschutz bemüht, ist eine schöne Wortkreation zu verdanken. "Die Bauern
sind wegen der Förderungen die bestüberwachte Bevölkerungsgruppe", sagte
er im Zuge der Diskussion über die Datensammelwut, die vom Weißen Haus, über
die Geschäfte mit all ihren Kundenkarten bis in die österreichischen
Arztordinationen grassiert und die Bürger verschreckt. Überwacht "bis zum
letzten Hendlfurz" fügte der dann noch dran.
Schöner, origineller und vor allem
treffender kann man nicht formulieren, woran Österreich Bauern seit Jahr und Tag
zu tragen haben. Wie keine andere Bevölkerungsgruppe müssen sie sie nicht nur
ihre Brieftaschen, sondern auch ihre Ställe und Felder durchleuchten lassen.
Alles will man offenbar von ihnen wissen weil man ihnen offenbar alles zutraut
und ihnen nicht vertrauen mag. In den vergangenen Jahren ist rund um die
einfache und schlichte Erzeugung von Agrarprodukten eine kafkaeske Welt
aufgebaut worden, die ihresgleichen sucht.
Dabei waren es selten die
Bauernvertreter oder die so gerne gescholtene AMA, die sich all die Quälereien
einfallen ließen. Verlangt wurden sie von der nicht-bäuerliche Bevölkerung und
ihren politischen Vertretern. Andernfalls, so ihre Drohung, wollen die die
öffentlichen Kassen für die Bauern nicht öffnen.
Man verlangte Transparenz, man drängte
auf Nachvollziehbarkeit, man wollte wissen, wer was mit welchem Geld macht. Bis
hin zur Transparenzdatenbank, in der alle Bauern, vom ganz kleinen Bergbauern
bis hin zum Prinzen Charles, der Gesellschaft als Nehmer vorgeführt wurden.
Dabei hat man keinerlei Scheu unterschiedliche Maßstäbe anzulegen. Man denke
nur an das Scheitern einer Datenbank, in der alle Zuwendungen für jeden
einzelnen Österreicher einsehbar gemacht werden sollten.
Der Fortschritt, den die
Bloßstellung der Landwirtschaft alias Transparenz und Nachvollziehbarkeit
bis zum, um bei Hans Zeger zu bleiben, "letzten Hendlfurz" brachte,
ist gering, die Verwicklungen hingegen werden immer größer. Die Streitereien um
die Vermessung der Almflächen sind nur ein Beispiel dafür. Und auch die immer
neuen Lebensmittelskandale. Je mehr Daten gesammelt werden, je größer die
Bürokratie ist, desto größer und monströser sind die Folgen, wenn etwas schief
läuft.
Die Frage nach dem Sinn all dieses
Tuns wird nur mehr pro Forma gestellt. Längst scheint man jede Hoffnung auf
Verbesserung fahren gelassen zu haben. Jede Ankündigung von
Entbürokratisierung, jedes Versprechen der Vereinfachung, scheint unabänderlich
in immer neue Kaskaden an Vorschriften zu münden.
Die EU-Agrarreform wird das
nächste Beispiel dafür. Obwohl der Abbau von Bürokratie eines der obersten Ziel
war, gilt inzwischen als sicher, dass ebendiese noch mehr wird.
Für die Landwirtschaft scheint es
kein Entrinnen zu geben. Im Gegenteil - es wird wohl noch schlimmer werden.
Auswege aus diesem Dilemma sind schwer zu finden. Den einen, den es gibt, traut
sich kaum ein Landwirt zu machen - den Verzicht auf all die Ausgleichszahlungen
und Förderungen. Nur dieser würde unabhängig machen und den Bauern jene
Freiheit bringen, die sie so gerne für sich in Anspruch nähmen. Weil das
angesichts der Preise für Agrargüter aber alles andere als einfach ist, bleibt
wohl nichts, als auch fürderhin Überwachung und Kontrolle in Kauf zu nehmen -
bis zum letzten Hendlfurz.
Gmeiner meint - Blick ins Land, 5. September 2013
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